lieh von einem anderen gefressen wird, sie glauben ferner, dass die Tigermutter zweimal
im Jahre Junge wirft, dann aber ein ganzes Jahr ledig bleibt.
Die Verehrung des Tigers bei den B irar-T ungu sen , auf Furcht gegründet, bildet
einen Cnltuszweig ihrer Religion, die ein inniges Gemisch von Schamanenthum und Buddhalehre
ist, in welcher einzelne Spuren einer, wie es scheint, mythologischen Lehre (der
D shahdan-G ott) und von Naturdienst (Tiger, Pandion) sich finden lassen. Hierüber
wird im allgemeinen Theile meiner Reise das Weitere gesagt werden.
XI. Felis Irbis Müll.
Bei den B ira r-T u n g u s e n : Migdu, wobei zu bemerken, dass die Leute die Bezeichnungen für
F. Lynx und F. Irbis bisweilen verwechseln, so nannten die B ira r-T u n g u s e n oberhalb des
B u reja-G eb irg es den Luchs bei seinem wirklichen Namen Tibtigi, während die meisten
m einer Bekannten tim U-Flusse ihn m it Migdu bezeichneten.
Bei den D a u re n am oberen S u n g a ri: Merdä.
Bei den M a n d s h u : Bau.
Diese Art ist selbst in denjenigen Gegenden, wo F. Tigris schon häufig vorkommt,
sehr selten. Ueber das Vorkommen derselben im östlichen Sajan, den Baikal-Gebirgen
und in T ran sbaikalien hat sich während meiner Reise nichts ermitteln lassen. Ebenso
konnte bei möglichst beschleunigter, zweimaliger Durchreise des obem Amurlaufes nichts
mit Sicherheit über das Vorkommen dieser Katzenart in Erfahrung gebracht werden. Erst
hei den B irar-T ungusen , mit denen ich häufig in Berührung kam und auf die Länge der
Zeit mit Manchen unter ihnen recht befreundet wurde, gewannen die Erkundigungen an
solcher Gewissheit, dass ich F. Irbis als ein sehr seltenes Thier der Fauna des B ureja-
Gebirges zuzählen darf, dessen Spur denn auch einmal von uns im Januar 1858 im obern
Ditschun-Thale gekreuzt wurde. Der Irbis scheint demnach in W estsibirien in grösserer
Häufigkeit weiter nordwärts verbreitet zu sein, da nach Dr. L essing’s mündlichen Mittheilungen,
er sich einzeln sogar in den Umgegenden von K rasnojarsk zeigen und im südlichen
A ltai nicht gar selten sein soll. Die B irar-T ungusen weisen ihm die hochgrasigen,
prairienartigen Flächen am S ungari als eine Gegend an, in der er gerne lebt. Die D auren
am obern Sungarilaufe gaben ihn mir als dort nicht selten an. Es war ferner den B irar-
Tungusen bekannt , dass F. Irbis gerne auf Bäume klettert und von ihnen aus die Beute
überfällt, wie es der Luchs auch thut. Sie gaben aber sogleich zum Unterschiede vom letztem
den langen Schwanz des Irbis an und wussten manches Beispiel seiner List zu erzählen.
Sie fürchten ihn bei weitem nicht so wie den Tiger und wissen, dass mehrere gute Hunde
den Irbis auf einen Baum stellen.
XX. Felis Manul Pall.
Bei den m o n g o lisc h e n Völkerstämmen: Manul.
Bei den Grenzkosaken T r a n s b a ik a lie n s : Stepnaja-Koschka (d. i. Steppenkatze).
Bei den B ira r-T u n g n s e n , welche ihn durch ihre Verbindungen mit den D a u re n am obern
S u n g a ri und D a la i- n o r kennen: Maid. #
In dem Manul haben wir unter den Katzen, was ihre Verbreitung anbelangt, eine
entsprechende Form zum Canis Corsac des Hundegeschlechtes. Der gebirgige Nordrand
H ochasiens setzt, durch seine Höhe weniger, als, wie es scheint durch die Wälder, die
beide Thiere möglichst meiden, ihnen eine scharf geschnittene Grenze gegen Norden. Auf
das Genauere des Vorkommens von Felis Manul komme ich weiter unten zurück, nachdem
das einzige Fell eines jungen Thieres, welches ich von meinen Reisen heimbrachte, besprochen
ist.
Dieses Fell stammt aus dem Lande der D arch aten (obeite Jen iseij von den Südabhängen.
des östlichen Sajan-Gebirges. Im Vergleiche zu alten Thieren des academischen
Museums, die aus dem A ltai stammen, finde ich das meinige, welches ihnen an Körpergrösse
gleichkommt durchweg viel dunkler. Namentlich spricht sich dies auf der ganzen
untern Seite und dem Kopfe aus. Dieser letztere ist oben dunkelgrau mit reichlicher, weis-
ser, feiner Stichelung. Das Wollhaar ist hier licht schwarz. Die bei dem alten Thiere sehr
scharf ausgeprägte schwarze Fleckung-schwindet bei meinem jungen Thiere fast ganz, an
einzelnen Stellen^’ wo die weissen Spitzen der Deckhaare entweder ganz fehlen, oder auf
ein Minimum zurückgeführt sind, sieht man eine Andeutung jener Fleckung. Die inneren,
verlängerten Ohrenhaare weiss, die äussere Seite des kurzen, gerundeten Ohres grau-gelblich,
mit durchweg weisser Haarspitzung. Die seitlichen, schwarzen Längshänder, unter den
Augen beginnend, verschwinden im Rauchgrau der Halsseiten, aus dem sich einzelne lange,
weisse Deckhaare heben. Nur über den Augen bemerkt man zum Innenwinkel derselben
vortretend einen hellgrauen Flecken. Dunkler und in’s Gelbe ziehend sind Nasenrücken
und die Oberlippe, deren Rand matt helllehmfarben ist. Die Schnurrborsten, deren längste
angedrückt die Ohrenspitzen erreichen, sind weiss, mit bisweilen schwarzer Basis. Die
Unterlippe ist schmutzig gelbweis. Die ganze obere Körperseite, deren Wollhaar am Grunde
grau, im oberen Theile helllehmgelb ist, erhält theils durch die breiten, weissen Spitzen
der Deckhaare, theils auch durch die Ringelbinden gleicher Farbe, die vor den dann
schwarzen Spitzen stehen, einen silbergrauen, gleichmässigen Anflug. Seitlich der Rückenlinie
sind einige Querbinden, die über die Weichen abwärts sich erstrecken, nur wenig
scharf angedeutet, indem hier das Wollhaar dunkelgrau und das verlängerte Deckhaar
schwarz wird. Der Schwanz, dessen Länge ich an diesem Thiere nur mit 160 Mmtr. (bis
zu den äussersten Haarspitzen) messe, zeigt in fast gleichen Intervallen auf gelbgrauem
Grunde die sechs schwarzen Ringelbinden, schmäler und in der Farbe matter, als bei alten
Thieren. Die Schwanzspitze aber ist nicht, wie bei dem alten Manul, schwarz, sondern
gelbgrau.
Das Wollhaar dieses Thieres an der unteren Körperseite ist durchweg schiefergrau,
die verlängerten Deckhaare schmutzig weisslich. Bis auf das grössere Dunkel, durch welches
diese Manulkatze im Allgemeinen von den aus dem A ltai stammenden alten Thieren
abweicht, finde ich über die Färbung der Extremitäten nichts zu sagen.
Im Gegensätze zum Luchse, den wir als Bewohner der dichtesten Coniferen-Hoch