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 zum Südwestwinkel  des Baikalsee’s,  um  die  im Kamara-Gebirge  gelegene  höchste Erhebung, 
   den  sogenannten(K am ardahan,  zu  besteigen  und  somit  einen  dritten,  wichtigen  
 Punkt  an  der  sibirisch-chinesischen  Grenze  für  pflanzengeographische  Vergleiche  zu  
 gewinnen.  Am  23.  Abends  kehrte  ich  vom  E am ardaban  nach  gelungener  Besteigung  
 zurück, blieb im Dorfe K ultuk zur Nacht und nahm  am folgenden Tage  noch  die  interessanten  
 Localitäten im Sljüdenka-  und Pachabicha-Thale in Augenschein, woselbst sich  
 Maroxit und Baikalit findet. 
 Am  25.  August  erreichte  ich  wiederum  T unkinsk  und  betrieb  die  Ausarbeitung  
 meines letzten Jahresberichts,  sowie die Erkundigungen über den Kossogolsee,  das D ar-  
 chatenland  und  über  andere  Gebiete der  östlichen  Quellströme  des  Jenisei-.  Bis  gegen  
 das Ende des September hatte ich diese Arbeiten vollendet und konnte  daher Hrn. v. May -  
 dell’s Wunsch, mit mir eine letzte Excursion im Sajan zu machen, nachkommen;  da Herr  
 v. M aydell,  welcher  sich  Herrn  Schmidt anschliessen  und  mit  ihm gemeinschaftlich  im  
 Aufträge der Geographischen Gesellschaft den Amur und die Insel Sachalin in geognosti-  
 scher Hinsicht erforschen sollte,  sich  daher  gerne  erst  mit  der Art und Weise  sibirischer  
 Reisen bekannt machen wollte.  Leider wurde ihm dieser erste Versuch so nachtheilig,  dass  
 er  dabei  auf einem Auge erblindete  und  seine  weitere Thätigkeit  als Reisender  einstellen  
 musste. Wir fanden im Gebirge bereits tiefen Schnee,  schwer passirbare Pässe und kehrten,  
 beunruhigt  durch Herrn v. M aydells  Gesundheitszustand,  vom N orün-choroiskischen  
 Posten  am  12.  October zurück,  worauf er am  17.  nach Irk u tsk  abreiste. Am 26.  October  
 verliess ich Tunkinsk mit meinenCollectionen gleichfalls, kam am 28. in Irk u tsk  an und  
 packte  nun Alles  hier  Gestapelte,  um  mit  dem  ersten Winterwege  sammt  meinen Sammlungen  
 die Rückreise  nach  St.  P etersb u rg  anzutreten.  Dies  geschah  am 26.  November.  
 Der Transport fand in drei Schlitten statt und ging ohne besondere Unfälle und Aufenthalt  
 vor sich.  Am  25. December  befand  ich  mich  in K asan,  rastete dort drei Tage  und  traf  
 nach einem Aufenthalte von 6 Tagen in Moskau,  am 10. Januar  1860 in P etersb u rg  ein. 
 Ueber die mir während dieser Reisen zu Gebote stehenden Mittel, welche die K aiserliche  
 Geographische  Gesellschaft im Zeiträume von fünf Jahren  gütigst  bewilligte,  gehen  
 die geführten Schnurbücher folgende Ziffern: 
 Baikal-Reise  1855.......... . . . . . . ....................................  458 R. 15  K. 
 Reisen  in  Transbaikalien  1856.......................................   77P »  —  » 
 Reisen  am  mittlern  Amur  1857—1 8 5 8 ....... 17^1878  '»  51  » 
 Reisen  im  östlichen  Sajan,  flehst  Zuschüssen  und  
 Equipirung  zur Rückreise  nach St. Petersburg  1859.  705  »  49  » 
 Summa  3813  R.  15  K. 
 II.  Entwurf  eines  physico-geographischen  GesammtMdes  der  
 durchreisten  Gebiete. 
 Nachdem  im Vorstehenden  das  Itinerär  meiner  Reisen  in  seinen  hauptsächlichsten  
 Daten soweit mitgetheilt wurde,  als  es  zum Verfolgen  der Marschrouten  nöthig,  und  wir  
 uns darauf auch mit den Mitteln,  die mir  zur Ausführung  meiner Expeditionen  zu Gebote  
 standen,  bekannt gemacht haben, wird es jetzt nöthig sein,  in einem gedrängten Bilde  die  
 allgemeinen physikalisch-geographischen Charakterzüge meines Reisegebietes zu entwickeln,  
 da solche unumgänglich nöthig sind,  um das Verständniss  der belebten  Schöpfungen jener  
 weiten Räume zu ermöglichen. 
 Wir befinden uns  demnach,  noch  einmal  die Gesammtgrenzen  meiner Reisen  auf der  
 Karte in’s Auge  fassend,  vornehmlich  am  gebirgigen  Nordrande  von In n er-  oder  H ochasien  
 und bleiben,  so  lange der Sajan  sammt den Baikal-Gebirgssystemen  und  der  südwestliche  
 Theil  des Apfel-Gebirges  uns beschäftigen,  ausschliesslich  in  dem  eigentlichen  
 nördlichen  R andgebirge  H ochasiens,  dessen  östlichere  Hälfte  mit  dem  Jen isei-  
 Systeme beginnend, hier an Massenausdehnung gewinnt und sich der westlichen, dem A ltai,  
 in  dieser  Hinsicht  nicht  unterordnet.  Ob  nun  dieses  Randgebirge,  nach  den  Meinungen  
 früherer Forscher,  in  seinen  Gliederungen  ein,  im  geognostischen  Sinne  zusammengehörendes, 
   Ganzes darstellt, welches den ganzen asiatischen Continent von W.  nach 0. durchzieht  
 und im Stanow oi die Ostküste  erreicht (Pallas),  oder,  ob mit  dem Lena-Systeme  
 ebensowohl,  wie auch iqjt dem  der Amurquellen,  die Baikal-Gebirge einerseits,  und  die  
 des Kentei andererseits,  sich zu selbstständigen Ketten abgrenzen  (Erm an, A. v. H um boldt)— 
 jedenfalls besitzt die belebte Natur hier überall, sammt der, welche dem östlichen  
 A ltai und Sajan  eigen ist,  denselben  durchgreifenden Hauptcharakter.  Der  Grund  dafür  
 aber liegt sicherlich in  der grossen Gleichförmigkeit ebensowohl der klimatischen Zustände,  
 wie der Gesammterhebung über dem Meere der weiten Räume, in denen diese Gebirgsländer  
 sich befinden.  Denn wenn wir,  diese  Gebirge verfolgend,  zunächst darüber klar zu werden  
 versuchen,  welcher Art  die  Plastik  der  sie  umgrenzenden  Landschaften sei,  so  wird  sich  
 sehr  bald  ergeben,  dass  an  dem  Südabhang  des  nördlichen  Randgebirges  von Innerasien,  
 zumal  in  seinem Centraltheile,  durchweg Hochländer gelegen,  die  westwärts  mit  den Ir-  
 tisch -  und Ili-Thälern sich verflachen, während sie  ostwärts im stufenartig1) sich neigen1) 
   Der Meinung  Semenoff’s,  dass  vom Rücken  des  Nordostendes  der hohen  Gobi  A sien  überhaupt  
 nach  Osten  hin,  in  Terassen  zum  Ocean  und  auch  noch  unter  dem Spiegel  desselben abfalle,  stimmen  wir  
 nicht bei,  im  Bette  des  Amurs  aber  selbst  scheint uns  durch  das  C hingan- und  Stufenbildung  deutlich  zu  sein. Bureja-Gebirge  die  
 R adde,  Reisen  im  Süden  von Ost-Sibirien. Tbl.  I.  .  VI