wir eine lothrechte Tieie von beinahe 9' erreicht. Das Erdreich war hier überall noch gefroren,
die Länge aber des aufgegrabenen Ganges belief sich zu nahe 9 Arschinen.
Bobacbau am 28. October (10. November) -1856 bei S ok tu i aufgegraben.
Der Pfropfen dieses Baues hatte nur l ’/2 Arschin Länge, er endigte da, jto das Erdreich
nicht mehr gefroren war. Die Temperatur der Erde, etwa 3 Werschock oberhalb
des Endes vom Pfropfen betrug — 1,75°. Da, wo der Pfropfen endete, sah man den kreisrunden
Kanal weiterhin abwärts sich erstrecken, die Temperatur in diesem Gange am Ende
des Pfropfens betrug ± 0, die der Erdwände des Canals liess das Quecksilber auch nur
gerade auf dem Gefrierpunkt bleiben )das Thermometer blieb J1 Stunde in der Luft des
rasch verschlossenen Ganges. Die Beschaffenheit dieses kurzen Pfropfens war der im
Frühjahr gesehenen- analog. Der untere Theil bestand vornehmlich aus den gefrorenen
Excrementen, die mit Erde vermischt waren. Meine Arbeit wurde mit der Durchstossung
des Pfropfens am 28. beschlossen, um sie am folgenden Tage fortzusetzen; ,!’/ / Erde wurden
auf das Ende des Pfropfens gehäuft und festgetreten, um Tages darauf die Temperaturbeobachtungen
machen zu können.
Am 29. Octbr, zeigten die Luft und die 'Wandungen des hohlen Ganges da, wo der
Erdpfropfen endete, dieselbe Temperatur als gestern (zfc 0), darauf wurde das Thermometer
an eine biegsame Ruthe gebunden, und diese langsam in den Bau geschoben, soweit es nur
gehen wollte. Da der Gang aber stark gebogen war, -so konnte ich das Instrument nur 6
hineinschieben. Nun wurde wieder der Eingang möglichst fest geschlossen1) und nach
1/3 Stunde zeigte das herausgenommene Thermometer -t-2,75° R. Die Atmosphäre hatte
heute aber nur — 3y2° um 11 Uhr Vormittags im Schatten.
Leider konnte ich, anderweitig beschäftigt und durch die Kürze der Zeit, die ich in
den Hochsteppen noch zuzubringen gedachte, zur Eile genöthigt, nicht Versuche solcher
Art wiederholen, weshalb ich nicht wage meine nachfolgende Meinung als unumstösslich
anzusehen, indessen sei mir erlaubt dieVermuthung dahin auszusprgchen, dass die Bobacs
vielleicht einen Theil ihrer unterirdischen Lebenszeit nicht in lethargischer Betäubung
zubringen, sondern vielmehr im Stande sind Nahrung aufzunehmen, zu verdauen und zu
arbeiten.
Es scheint mir gewiss, dass bei zunehmender Kälte der Pfropfen, mit welchem der
Eingangskanal im Winter geschlossen ist, nach innen hin nach und nach verlängert wird
und zwar soweit als das umliegende Erdreich gefriert. Was die Aufnahme von Nahrung
und ihre Verdauung anbelangt, so*sprach dafür das Innere des am 29. October ausgegrabenen
Bobacs nicht. Nur wenige sehr harte Kugelklumpen halbverdauter Nahrung fanden
1) Ich muss bemerken, dass das untere linde des Pfropfens nur eine kleine Oeffnung hatte, um das
Thermometer hineinzuführen, sobald wir hei dem Graben den hohlen Klang vernahmen, Hess ich mit der
Arbeit aufbören und durchbohrte nun seihst den noch y2 Fnss dicken Pfropfen. — So hoffe ich wenigstens
die möglichst grösste Vorsicht angewendet zu haben, um die innere Luft mit der äusseren nicht in zu
grosse Communication zu bringen.
sich hier und da in den dicken Gedärmen'). Aber woher die Excremente die man beständig
im unteren Theile des Pfropfens findet, woher die gefrorenen Urinmengen, welche die
Erde zusammen halten, wenn das Murmelthier in den Functionen seines Verdauungsapparates
gestört wurde, sobald es das subterane Leben beginnt? Woher endlich bei gleichen
Bodenverhältnissen die auffallend verschiedenen Längen der Pfropfen im Frühjahre und
im Herbste? (ein Unterschied von über 7 Arschinen). Das Ende des Pfropfens, welchem
im October nachgegraben wurde, war da, wo die Temperatur der Erde den Gefrierpunkt
erreicht hatte, und dieser muss um jene Jahreszeit noch ziemlich nahe der Oberfläche des
Bodens liegen. In dem am 15. März geöffneten Baue war natürlich das Erdreich nach
strengem Winter sehr viel tiefer gefroren und dies wird die Ursache gewesen sein, warum
wir das Ende des Pfropfens bei selbst 8' senkrechter Tiefe noch -nicht fanden.
Eine Reihe während des Winters an verschiedenen Bobacsbauen gemachter Versuche
vorstehender Art dürfte mehr Sicherheit für die von mir hier mitgetheilten Vermuthungen
verschaffen; sie anzustellen wäre die Sache ansässiger Bewohner, die mit mehr Freiheit
über ihre Zeit verfugen können als der Durchreisende. Gleichzeitig würde Dipus und im
Gebirge auch Spermophilus Eversmanni zu ähnlichen Untersuchungen Veranlassung geben.
Sehen wir jetzt, wie in dieser Beziehung das Murmelthier der Alpen sich verhält,
welches der Gegenstand zu umfangreichen, sehr genauen Untersuchungen über seinen
Winterschlaf geworden ist, indem sich damit G. V alentin in der Schweiz undR égn ault
in P aris speciell beschäftigten.
Soweit die von mir an den Bobacs nur ganz im Allgemeinen angestellten Beobachtungen
einen Vergleich mit den vieljährigen Untersuchungen V alentin’s 2) zulassen, geht
daraus hervor, dass die Bobacs während ihres Winterschlafes im Allgemeinen nur analoge
Erscheinungen zu denen bieten, wie sie an den Marmotten gefunden wurden. Zwar schlafen
nach den Beobachtungen V alen tin ’s die Murmelthiere auch bisweilen bei einer Tem-
paratur von bis -+- 12° R., ja selbst bei -h 18,4° C. ein, allein die gewöhnlich in den
Höhlen bestimmte belief sich nach P ru n elle auf -t-3,75° bis -t- 5 °R.: an welche erstere
dieser letzteren Ziffern sich die von mir im Bobacbaue ermittelte bequem anreiht, da man
voraussetzen darf, sie sei um Einiges zu gering, was theils durch die Dünne der über Nacht
stehen gebliebenen Erdschicht, und der dadurch leichter herzustellenden Abkühlung der
inneren Luft verursacht wurde, theils auch durch die unmittelbare Communication der in-
nern und äussern Luft bei der Einführung des Thermometers erklärt wird.
Auch bei den Murmelthieren der Alpen findet ein allmähliches Einschläfern und die
nach und nach zunehmende Intensität des Winterschlafes statt (S. 219, Bd. I.) Namentlich
sollen die Termine, die zwischen den Erwachungsperioden gelegen, in der letzten Hälfte
1) Frische Excremente lagen am Rande des Lagers und das einzige Thier, welches wir später der
Vorsicht halber mit Rauch tödtetfen, hatte vor seinem Tode stark urinirt.
2) G. V alentin: Beiträge zur Keimtniss des Winterschlafes der Murmelthiere, in den Untersuchungen
zur Naturlehre des Menschen und der Thiere, herausgegeben von M oleschot: Bd. I. S. 206 258
Bd. H. S. 1—55, Bd. HI. S. 195—229, Bd. IV. S. 58—84, Bd. V. S. 259—277.