
Die geraden Sechser sind die gewöhnlichsten Böcke, bei diesen messe ich (in der Geraden)
vom Grunde zur Spitze des Gehörnes bis 330 Mmtr., und den Umfang des Rosenkranzes
zu 140 Mmtr. Bei den, geraden Sechsern findet die Absetzung der ersten, nach
vorne vortretenden Sprosse regelmässig nahe der Mitte, jedoch etwas höher zur Spitze
statt, bisweilen rückt sie bis zum oberen Drittel vor; die zweite, ihr ziemlich parallel laufende,
bildet die Spitzsprosse und ist stets länger als die erste. Die dritte ist mehr oder weniger
stark nach hinten gekrümmt und abwärts gezogen. Das Auswachsen der inneren Perlen
findet bisweilen in so starkem Grade statt, dass scheinbar selbst Vierzehner noch Vorkommen.
An einem Gehörne (s. Taf. IX. Fig. 4) sind alle Perlen, besonders der Innenseite des Gehörnes
entlang, sehr hoch und die unteren kraus gerandet. Am hinteren Innenrande wuchsen
am rechten Gehörn (ich sehe in der Richtung von vorne nach hinten) drei Perlen zu
stark höckerigen Sprossen aus, von denen die unterste in zwei Zoll Höhe über dem. Rosenkränze
beginnend, am unteren Rande 63 Mmtr. Länge erreicht, die zweite am vorderen
Grundtheile einen 14 Mmtr. hohen Zahn hat und selbst in ihrer Innenseite 21 Mmtr. Höhe
erreicht; die oberste, etwas höher als die reguläre Sprosse der vorderen Gehörnfläche gestellt,
38 Mmtr. hoch wird. Die zweite Sprosse der vorderen Seite ist regulär, die hintere,
wenig abwärts gekrümmte, lang, platt, sie hat auf ihrer schmalen Vorderkante eine Sprosse
von 21 Mmtr. innerer Itandhöhe. Mithin besitzt dieses Gehörn in seiner rechten Hälfte
sieben Sprossen. Die linke Hälfte besitzt am Hinterrande seiner Innenseite mehrere 15 bis
17 Mmtr. lange Perlen mit vielen Nebenperlen, allein keine derselben hebt sich zu selbstständiger
Sprosse, sondern steht an der Basis mit anderen Perlen mehr oder weniger in
Verbindung. Die zweite Sprosse der vorderen Seite ist regulär, die dritte zeigt auf ihrer
schmalen Vorderkante nicht einen, sondern zwei Stumpfzähne von nur 8 Mmtr. Höhe. An
diesem Gehörne sind zwischen den Perlen noch hie und da einige Haare.
Ein aus den Umgegenden von S elenginsk erhaltenes Gehörne eines Rehbocks ist
stark verbildet und sehr kräftig, es ist zwar in seiner Grundbildung ein Sechser, allein die
zweite Sprosse legt sich an ihrem vorderen Ende sowohl nach innen als nach aussen zu
breitem Blatte aus, an welchem sechs Nehensprossen den Rand bilden und einige derselben
weit über ihn hervortreten. Die hintere abwärts gebogene Sprosse ist zweizinkig an der
rechten Gehörnhälfte, an der linken gewunden und einfach, gleich darunter aber beginnt
eine, ebenfalls in der Spitze erweiterte, dreizinkige Sprosse. Beide Hälften sind regulär und
veranschaulicht die Zeichnung Fig. 5, Taf. IX. diese Missbildung besser, als sie beschrieben
werden kann. Die Perlen sowohl, wie auch die Rosenkränze sind an ihm sehr schwach.
Es ist bekannt, dass auch die alten Riken bisweilen ein Gehörn aufsetzen und ich
habe für diese Thatsache einen Beleg aus dem östlichen Saj an mitgebracht, welcher indessen
darin sehr abweichend von der Regel erscheint, dass die Rike, der das mitgehrachte
Gehörn angehörte, es auf der Mitte der Stirn trug. Dasselbe besitzt vier längere, aus einem
Grunde entspringende Sprossen, die zu einander in ganz abweichenden Richtungen ausgewachsen
sind, und vor welchen ein Paar robuste, mit einander durch einen Querdamni
verschmolzene Perlen stehen. Die längste der Sprossen ist an der Spitze ein Wenig nach
hinten gekrümmt und hat eine Höhe von 63 Mmtr. Die hintêre Sprosse endet stumpf, ist
40 Mmtr. hoch und an der Spitze mit vielen Höckern besetzt, die beiden seitlichen sind
gleich gross (28 Mmtr.) und divergiren sehr stark von einander. Die Abbildung Taf. IX,
Fig. 0 a— b stellt dieses Gehörn dar. (
Ueber die Verbreitung des Rehes im Mündungslande des Amur hat Hr. L .v.Schrenck )
genau berichtet, sowie auch über das Vorkommen desselben den Amur aufwärts entlang.
Hiefan knüpfe ich nun, weiter westwärts mein Reisegebiet verfolgend, an. Im C hingan ist
das Reh selten, weil das Gebirge wenig breitere Thäler Und nur wenig schmale Vorländer
dort darbietet, wo die Schiika und der A rgunj es durchsetzen, und tritt an seine Stelle
hier vornehmlich der Edelhirsch. Erst in den westlichen Verflachungen ist es häufiger und
kommt recht oft jenseits dés A rg unj, in der westlichenMandshurei vor, wo es gemischte,
wenig bewohnte Wälder von grösser Ausdehnung findet. Von hier aus schweift es den
A rgünj aufwärts an seinem rechten Ufer in die kahlen Hochsteppen, die im Winkel der
grössen Kailar-Krümmung gelegen. Hier allein wird es ein seltener Bewohner der waldlosen
Hochsteppen und soll sich in ihnen ganz besonders gut befinden auch nie von Oestrw-
Larvén geplagt werden. Nur hier kommt das Reh und die Kropf-Antilope beisammen vor
und geht in kleinen Trupps von 3— 5 Individuen. Auf russisch er Seite bleibt es schon
weiter östlich von dem Hochstepp engebiete ausgeschlossen und meidet dieses selbst bei den
Wanderungen im Frühwinter, aHf welche ich weiter unten zurückkomme. Erst in den Umgegenden
dès N ertschinskischen Sawod’s ist es auch im Sommer ein ziemlich seltenes
Standwild und tritt nun überall da auf, wo gut bestrauchte und theilweise auch bewaldete
Höhenzüge von N. und NO. her sich in die kahlen Steppen erstrecken. So findet man es
im Oberlaufe der drpi Borsa-Flüsschen, die in den A rgunj fallen, so auch in den Quellgebirgen
des G-asimur und auf den westlich vortretenden, im Norden von Z agan-olui
gelegenen Höhen, die schöne Birkenbestände besitzen. Vom mittleren O non-B orsa ist es
hingegen schon ausgeschlossen, und ebenso vom grössten Theile des mittleren Ononlaufes
selbst. Ueberall, wo die Verflachungen des Schilka-Ufergebirges, sowie die der Ingoda
und des unteren Ononlaufes waldbedeckt sind, ist es anzutreffen und grenzt sich in seinem
Vorkommen nach Süden hin gegen die Fauna der Hochsteppen ebenso entschieden ab, wie
die Birkengehölze es in der Flora dieser Landschaften thun. Demnach fehlt es dann im
weiten Bogen der Grenze der A ginskischen Steppe entlang, in die es nicht geht. Erst
im mittleren Laufe der Ingoddj wo die mächtigeren Gebirge sich weiter ostwärts erstrecken,
wird es allgemein und erreicht im Ilja-Thale, wo es häufig ist, dann auch den obern
Theil des Onon-Mittellaüfes. Ueber diesen Fluss sehen wir es dann überall da schreiten,
wo die Baum- oder Buschvegetation als Wald- oder Jungholzbestände ein Gleiches thun;
dagegen dort fehlen, wo die kahlen Steppen jenen den Boden streitig machen. Dem Ober1)
Reisen und Forschungen 1. c. p. 166.