
Wasser im Bergflüsschen Sangischan zwei Tage gehindert worden waren, konnten wir
erst am 12. die Nilsche-Einsiedelei am Jek i-u h u n in Augenschein nehmen, kamen am
13. in den C hanginskischen Grenzposten und befanden uns somit im oberen Irk u t-
Thale, aus welchem der 11400' hohe M unku-Sardik mit schneegekröntem Kamme gen
Himmel strebt. Hier wurden wir durch die noch sehr zurückgebliebene Flora veranlasst,
zuerst eine ßeise zu den Graphitwerken des Herrn Alib ert zusammen zu machen, und
wollten erst am Ende des Monats den M unku-Sardik besteigen. Den Weg zu jenem Etablissement,
welches im Hochgebirge nordwärts vom M unku-Sardik und im NW. vom
Iltschirsee da gelegen, wo eine Anzahl zusammenfliessender Gebirgsbäche sich theils zum
Flussgebiete des K itoi, des Chorok, theils zu dem der B jellaja und der Oka vereinigen,
nahmen wir am 15. Juni über die Scholomurhöhe, passirten dabei die Sajankette, kamen
in das Jagdrevier der S’ojoten und erreichten gegen Abend des 16. die Graphitwerke.
Hier blieben wir mehrere Tage. Am 22. Juni wurde die Rückreise zum C hanginskischen
Posten auf einem anderen Wege angetreten. Wir wendeten uns direct südwärts, erreichten
am Abend desselben Tages den N orün-choroiskischen Grenzposten an der Nordseite
des Sajan noch gelegen, verfolgten am 23. die Oka aufwärts, überschritten den N uku-
daban-Pass und kamen Abends den 23. im Changinskischen Posten an.
Am 25. Juni begaben wir uns zeitig schon zum M unku-Sardik, erreichten gegen
Mittag die Baumgrenze, westlich vom Jangit-Gebirge und postirten hier unserZelt. Unverzüglich
betrieb ich, da gerade das Wetter günstig war, die Besteigung dieses Gebirges,
erreichte aber nur denFuss seines Gletschers an diesem Tage und musste, von einbrechender
Dunkelheit bedroht, eiligst den Rückweg antreten. Regenwetter, welches am 26. Statt
hatte, veranlasste uns zur Rückreise; ich beschloss, Mitte Juli zum zweiten Male den
M unku-Sardik zu besteigen und seinen höchsten Punkt zu erstreben. Herr L’weff wurde
durch anderweitige Geschäfte veranlasst nach Irk u tsk zurückzukehren, und ich begleitete
ihn bis zur T unkinskischen Festung, um mich dort auf’s Neue für einen Monat mit dem
nöthigen Proviant zu versehen. Am 3. Juli wieder im C hanginskischen Posten angelangt,
hatte ich bis zum 8. daselbst zu arbeiten und begab mich an diesem Tage wieder
zum Fusse des M unku-Sardik. Auf dem Wege dorthin aber stürzte mein Pferd, wobei
das Barometer zerbrach und dadurch die Rückkehr in den C hanginskischen Posten geboten
wurde. Den 9. bestieg ich sodann den Südabhang des Sajan unmittelbar bei dem
C hanginskischen Posten und drang bis über die Baumgrenze vor. Bei dieser Gelegenheit
wurden für eine grosse Anzahl phanerogamer Gewächse die Grenzen ihres Vorkommens
durch barometrische Messungen ermittelt; wie solches auch schon an einer Anzahl derselben
Arten ebensowohl während des Besuches der A lib e rt’schen Graphitwerke, wie auch
bei der Passage des Sajan im Nuku-daban-Passe geschehen war. Am 11. Juli konnte
ich mit gut ausgekochtem Barometer mich wieder auf dem Weg machen, erreichte gegen
Mittag den früheren Lagerplatz westlich von der Jangithöhe an der Baumgrenze und begab
mich Nachmittags zum Kossogolsee, dessen Niveauhöhe bestimmt und eine Anzahl
an ihm wachsender Pflanzen gesammelt wurde. Früh Morgens am 12. Juli trat ich dann
den Weg an, der mich zum Gipfel des M unku-Sardik leiten sollte. Die Abnahme der
phanerogamen Pflanzenarten wurde nun mit Aufmerksamkeit verfolgt, die äussersten Lärchenstämme
in Krüppeln als in 7244' Höhe über dem Meere stehend notirt, die Grenze
der alpinen Weiden und Rhododendron sammt der von Betula nana zu etwa 7700' bestimmt
(da nur eine sehr zarte Salix -A rt in einem Exemplare noch in 8700' Höhe gefunden
wurde), sodann mit dem Höhersteigen die immer vereinzelter vorhommenden alpinen Gewächse
beobachtet, für verschiedene Pediculiiris, Alsine, Polentilla, Saxifraga und Draha-
Arten die äusserste Verbreitungsgrenze ermittelt und in einer Höhe von 9700 — 9800’
durch Draba ochroleucaBg., Papaver alpinum £., Chrysosplenium alternifolium L. und Saxifraga
cernua L., die Grenzmarken des phanerogamen Kräuterwuchses, ermittelt. Sodann wurde
der untere Gletscherrand an der Südseite des M unku-Sardik zu 10514' über dem Meere
gemessen, und endlich die Kammhöhe der hervorragendsten Zinke dieses Gebirges gegen
12 Uhr Mittags (bei -v- 1° R.) als bis zu 11452' engl, ansteigend befunden.
Gleiche Messungen wurden auf dem Rückwege gemacht , und gegen Abend erreichte
ich mit den gemachten botanischen Sammlungen das Zelt wieder, nächtigte und begab mich
am 13. Juli früh zum C hanginskischen Grenzposten wieder zurück. Theils der Jagden
wegen, welche ich zur Erhaltung der sibirischen Steinböcke veranlasst hatte, theils auch
der botanischen Excursionen halber, namentlich in phyto-geographischem Sinne, blieb ich
bis zum 24. Juli im C hanginskischen Grenzposten, bestieg ebensowohl die hier unmittelbar
nördlich gelegene Sajankette, wie auch den N uku-daban und C haradaban, um so
eine Anzahl von Höhenmessungen zu gewinnen, aus denen sich mittlere, allgemein für die
hiesigen Gegenden gültige Verbreitungshöhen für einige Phanerogamen, namentlich aber
für die Baumgrenze und für die verschiedenen Vegetationsgürtel, ergeben mussten. Am
24. Juli trat ich dann die grössere Reise zum O kinSkischen Karaul an, indem ich den
Irkutlauf aufwärts verfolgte, den N uku-daban-Pass überstieg, dann in das Oka-Gebiet
kommend, dieses bis. N orün-cheroisk verfolgte, von hier einen zweiten Besuch den
Graphitwerken des Herrn A libert abstattete, dort die früher schon gemachten Messungen
wiederholte, am 29. zum N orün-choroiskischen Posten zurückkehrte, und nun, dem
Okalaufe abwärts folgend, nach einer Tour von 120 Wersten am 1. August zum Okins-
kischen Grenzposten kam.
Die Beschäftigungen hier, sowie die Rückreise zum C hanginskischen Posten hielten
mich bis zum 10. August auf. Durch die Anschauungen über das Oka- und namentlich
über das Irkut-Quellland, welche ich bis dahimgewonnen hatte, kam ich zu der üeber-
zeugung, dass nicht Alles auf den mir zu Gebote stehenden Karten richtig sei, was diese
Parthieen des östlichen Sajan anbelangt. Ich begab mich deshalb, nachdem ich am 12. Aug.
in Tunkinsk eingetroffen, sofort nach Irk u tsk , liess eine Copie des oberen Laufes vom
Irk u t und der Oka nach der Gouvernementskarte (des Generalstabes) anfertigen und begab
mich mit dieser zum 16. August wieder nach Tunkinsk. Durch die für diese Gegen