
Verfolgen wir nun specieller die Verbreitung des Zobels, seine mehr oder minder grosse
locale Häufigkeit in unserm Reisegebiete und beginnen damit von W. nach 0. vorschreitend')»
Das Qnellgebiet des Jen isei besitzt den Zobel in seinen verschieden Gebirgsgliede-
rungen noch ziemlich allgemein, wennschon es immerhin gewisse Gegenden giebt, denen
auch hier, wie anderwärts in O stsibirien, der Zobel in grösserer Häufigkeit eigen bleibt,
andere, an denen er bereits ganz fehlt. Als solche ersteren wären die der Mongolei zuzu-
zfihlenden Gebiete der T ushinskischen U rjänchen zu bezeichnen, von denen die Dar-
chaten die Zobel erhandeln. In das Gebiet dieser letztem, die südwestlich vom grossen
Iiossogol-See wohnen und zu denen man kommt, nachdem man das hohe Tangnu-Gebirge
überstieg, reisen allwinterlich die russischen Aufkäufer vor 'Weihnachten, indem sie entweder
schon vom Changinskischen Grenzposten oder vom 200 Werst weiter westlich
gelegenen O kinskischen Karaul die Grenze passiren. Die K aragassen und die auf russischem
Gebiete jagendenden B u rjäten und russischen Jäger sehen es jetzt schon als eine
sehr ergiebige Jagd an, wenn sie während der 5— 6wöchentlichen Eichhömchenjagden auf
eine Gesellschaft von 8— 10 Jägern, ebensoviel oder höchstens 15 Zobel in diesen Gegenden
erbeuten. Vor 25 Jahren aber, so erzählen die alten Jäger hier, erlegte jeder gute
Schütze 7— 8 Zobel in derselben Zeit. In diesen Gebirgen wusste man von Emigrationen
der Zobel nichts.
Im östlichen Sajan selbst wird der Zobel immer seltener, die eifrigen Nachstellungen
sind ohne Zweifel im Allgemeinen die Ursache dafür, aber zeitweises Auswandem der Zobel,
welches wir weiter unten erörtern wollen, ist ausserdem mit die Ursache zeitweisen
Mangels der geschätzten Pelzthiere. So auch im Gebiete der S’ojoten, wo gegenwärtig
es ein besonderes Glück ist, wenn während der zweimonatlichen Eichhornjagden, die ge-
meinlich 4— 5 Mann vollführen bis 5 Zobel von ihnen allen geschossen werden. Vor dem
Jahre 1856 lebten hier viel mehr Zobel, man rechnete bis dahin als durchschnittliche Ausbeute
für denselben Zeitraum 10— 15 Zobel auf den Mann. Die Ursache aber, weshalb
die Zobel diesen Theil des östlichen Sajan merklich verlassen haben, darf nicht in dem-
Mangel der Eichhörnchen gesucht werden, da diese Thierchen seit jener Zeit in einigen
Jahren und so auch im letzten Winter (1859— 60) strichweise sehr häufig waren; vielmehr
sind vielleicht hohe Schneefälle die Veranlassung gewesen. Beständig lebt der Zobel noch
besonders im Quellgebiete des S’angischan, einem rechts zum obem Irk u t fallenden
Gebirgsflüsschen. Von dem sehr steilen Südabhange des östlichen Sajan (Tunkinskische
Hochgebirge) ist der Zobel bis zum obern Irkutlaufe ausgeschlossen, er kommt nämlich
einzeln noch auf dem Chara-daban, einem unterhalb C hanginsk als Queijoch zum Irk u t
tretenden Gebirge vor; wogegen er, sobald man das Sajan-Gebirge nach Norden überschritten
hat, in den sich langsamer verflachenden Nordabhängen ihn noch häufiger findet
und er besonders an den Quellen des K itoi gejagt wird.
1) Hierzu die Karte, für welche eine besondere Erklärung am Ende dieses Bandes gegeben ist.
Anders verhält es sich hierin mit den westlichen Verzweigungen des Kamüra-Gebir-
ges, woselbst auf den sanftem Höhen, die als U rgudeisches Gebirge das rechte mittlere
Irkn.tthal begrenzen,, einzeln der Zobel angetroffen wird. Von hier aus ostwärts nimmt
er, dem südwestlichen Baikalufer näher, rasch an Häufigkeit zu und sind es dort namentlich
die wilden Gebirgsthäler der Sljüdenka, der-Snieshnaja etc. und südostwärts bis
in’s Selenga-Gebiet, wo er verhältnissmässig* viel noch alljährlich gefangen wird. Nicht
minder ergiebig sind die westlich von der schmalrückigen Wasserscheide jener Bäche gelegenen
alpinen Wildnisse, denen die B y stra ja 1 (rechte Zuflüsse zum Irk u t) entspringen.
Auch für-diesen Xheil des Baikalufergebirges kann ich einige Thatsacben mittheilen, die
über den gegenwärtigen Zobelfang hier die richtige Vorstellung begründen dürften. Vor
20 Jahren belief sich die allwinterliche durchschnittliche Ausbeute auf je 2 Jäger etwa auf
6 Zobel, 170 Eichhörnchen und 6B -8 Moschusbeutel, von welcher Beute die Zobel damals
mit 25— 30 Rbl. Assig. bezahlt wurden. Mitte Novembers 1855’ kehrten 11 Jäger aus
ihrem Jagdreviere>(60 Werst von K ultuk am tran sb aik alisch en Ufer) zurück, wo sie 7
Wochen lang, theite-den Fang in so genannten K urkafki-’betrieben, theils die Zobel, mit
Hunden gestellt- hatten. Sie brachten 27 Zobel mit, die für 1200 Rb. Ässg. (dl h. etwa
ll3 Rb. Silb: das Stück) verkauft wurden. Auffallend gering war die Ausbeute dieser Jäger
an Eichhörnchen, indem alle 11 nur 17 Eichhörnchen brachten, auch nur 2 Must, sibiriisa,
dagegen aber 1:3 Rehe erlegt hatten. Auch dieser Fall bestätigt, dass das Vorkommen
des Zobels unabhängig ist von dem der Eichhörnchen. Am 2ten (14) Novbr. 1859 brachten
aber 3 Zobeljäger: aus den dem-Dorfe K ultuk in NW. und N. benachbarten Gebirgen'
nach 2monatlicher Jagd nur 3 Zobel mit.
Häufiger als im SW.-Winkel des B aikals ist im übrigen Baikal-Gebirge der Zobel
nirgend; ©r fehlt sogar dem südlichen Theile der Westküste bis zur A ngara ganz-und erst
auf den Nordabhängen dieses Ufergebirges, an den Lena-Quellen, wird er wieder bemerkt.
Desgleichen hat die-Insel Olchon keine Zobel, wie die dort wohnenden B u rjaten mir
sagten. Aber im Jagdreviere der am Nordwinkel-des Sees lebenden T ungüsen- Stämme
wird er überall und zwar in vorzüglicher Güte gefunden.
Die Ostabhänge des südlichsten Apfelgebirges und KenteVs sind ebenfalls Schon
sehr arm an Zobeln. Die wildesten Parthieen dieser Gebirge, denen nordwärts die Ing oda
entspringt, während südwärts dem Onon die mächtigsten Quellbäche ’ entrinnen ^liefern
2“ 3 Zobel allerhöchstens auf den Mann, während monatelanger, angestrengter Jagdzeit.
Auch für den Zobel, wie für andere Waldthiere, bilden die weit nordwärts vortretenden
Ausläufer der hohen Gobi eine locale, im spitzen Bogen zn ziehende Verbreitungsgrenze,
welche wir dem untern Schilka-U fer entlang erweitern müssen, weil das zwischen diesem
und dem Argunj gelegene Gebirge nach meinen vielfach darüber gemachten Erkundigungen
keine Zobel jetzt mehr'aufzuweisen hat. Deshalb ziehen denn,auch die Jäger vom
untern Argunj meistens direct durch das chinesische Gebiet zur K um ara, während die
O rotschonen und Russen der untern Schilkä sich nordwärts znm Apfelgebirge für die
R a d d e , Reisen im Süden von Osl-Sibirien. Thl. I. 5