Die mittlere Jahresausbeute an Hirschen beläuft sich im Bureja-Gebirge auf 7 8
Köpfe für je einen guten Jäger.
Die weichen Geweihe (Pontü der Mandshu) wurden früher überall an der chinesischen
Grenze stark von den mongolischen Aufkäufern begehrt und mit 30 — 50 Rubel
Silber, ja sogar mit 100 Rubel (im Tauschhandel) bezahlt. Diese Preise fielen aber in den
Jahren 185.4 — 1857 bedeutend, ja im östlichen Sajan wollten die m ongolischen Aufkäufer
keine Hirschgeweihe mehr annehmen. Seit 1857 ist die Nachfrage danach wieder
gestiegen und bezahlt man die grossen Geweihe mit 30 — 40 Rubel Silber. Die Jagden,
welche man deshalb anstellt, beginnen im östlichen Sajan mit dem-15. Mai und dauern
bis zum Ende des Monats; im Bureja-Gebirge finden sie schon einen Monat früher Statt,
.weshalb auch die D auren vom oberen Sungari sich hierher zu den B irar-T ungusen
begeben, bei denen sie die Pontü abholen. Ein am 10. Mai 1858 erlegter zweijähriger
Hirsch trägt das junge Geweih von nur 5 Zoll Höhe und auf dem Leibe noch einiges "Winterhaar.
88. Cervus Axis E rxl.?')
Den mündlichen Mittheilnngen des Herrn Maack zufolge und den brieflichen Nachrichten
Herrn Maximowicz gemäss, kommt am oberen U ssuri eine dem Dammhirsche
sehr ähnliche, gefleckte Hirschart wild vor und scheint es mir am wahrscheinlichsten,
dass es der in Ostindien und auf den benachbarten Inseln häufige Axis-Hirsch sei, der in
dem Quelllande des U ssuri die Polargrenze seiner Verbreitung erreicht. Möglich ist es
auch, dass neben dieser Art der bis dahin nur als insulär-japanisch bekannte C. Sika
Temm. im m andshurischen Küstengebirge lebt, jedoch lassen sich die Angaben über jenen
gefleckten Hirsch nicht auf C. Sika beziehen.
89. t crvii« Taruiiilus L.
Bei den S’ojoten der Bock: Dsarin; die Knh: Zagdn; das Kalb: lndsagan.
Das Rennthier im wilden, wie auch im zahmen Zustande ist von vielen Strecken meines
Reisegebietes ausgeschlossen, was theils in der besonderen Configuration des Bodens
(Gobi) theils aber in den südlichen Breiten (mittlere Amur), unter denen diese Strecken
gelegen, seinen Grund hat. Im östlichen Sajan, wo es vor wenigen Jahren bei den K ara-
gassen noch in Trupps von 20 — 30 Thieren herumzog, ist es seit 1858 schon seltener
und sind die grössten Bestände aus 5— 6 bis allerhöchstens 10 Individuen zusammengesetzt.
Oestlicher, bei den S’ojoten, um die Quellen des Irk u t, des K itoi, der B jellaja etc.,
wussten die alten Jäger noch die Zeiten zu nennen, als die Rennthiere zu 5 0 & 60 beisammen
lebten und rechneten 25—30 Jahre zurück, wenn sie mir diese Zeiten, als die guten,
priesen. Bis zum Winter 1858— 1859 erbeuteten sie noch durchschnittlich 5— 6 jährlich
1) Ygl. Bull, de la CI. phys.-math. de l’Acad. 1861, p. 185 ff.
(der Mann), allein zu dieser Zeit sind die Rennthiere von hier fast gänzlich verschwunden, so
dass in diesem Winter keiner der S’ojoten ein wildes Rennthier auf russisch er Seite gefällt
hatte. Sie waren besonders im Jechoi-Thale über die hohe Alp enkette - gestiegen und
auf m ongolisches Land zu den U rjänchen und D arch aten ausgewandert. Bei diesen
Völkern, sowie namentlich auch bei den D shoten wird nicht nur das zahme Rennthier in
grösser Anzahl gezüchtet (es soll Besitzer von 300 Rennthieren geben), sondern es kommt
auch das wilde noch weiter südwärts, als ein Bewohner der oberen Reviere der Baumgrenze
und über diese hinaus bis zur Schneegrenze überall vor. Wenngleich ich nun weder bei
den S’ojoten noch bei den B urjäten des oberen Irk u t- und Okalaufes genaue Angaben
über das Vorkommen des wilden Rennthieres südlich von dem Lande der D archaten erfragen
konnte, da diese Leute dorthin nicht leicht kommen, so erfuhr ich doch soviel, dass
es auf den Hochgebirgen dort noch lebe, und glaube es für den Tangnu und vielleicht
selbst als alpinen Bewohner auch für einen Theil des Khangai-Gebirges annehmen zu
dürfen. Hier überall, vom Iltschirsee auf russischem Gebiete südwärts, finden wir das
zahme Rennthier bei den Bergvölkern mit dem Pferde und oft auch mit dem Rinde beisammen,
wodurch für den Sommer die Theilung der Gesammtheerden nöthig wird, indem die
Rennthiere den Hochgebirgen zwischen 7000-^8000/ zugetrieben werden, die Rinder und
Pferde in den tieferen Thälern von 4000— 5000' aber weiden. In den Baikalgegenden ist
es zwar überall, aber in den südwestlichen schon recht selten. Im Quellgebirge der Dshi da,
südlich vom T uranskischen Posten, trifft man es 80 Werst von diesem bei den U rjänchen,
welche hier den Intervallbocien zwischen der russischen und chinesischen Grenze
bewohnen. Vom Selengä-Thale bleibt es ausgeschlossen, indem dessen oberer Theil (auf
russisch er Seite) von B u rjäten bewohnt ist, welche Schaf-, Rindvieh- und Pferdezucht
treiben, sein unterer Theil aber mit zu den bestangebauten Gegenden O stsibiriens gehört,
aus welchem die Tungusen weit seitwärts in die Gebirge zurückgedrängt wurden. Dagegen
nimmt es im NO.-Winkel des Baikalsee’s an Häufigkeit zu und wird von den T ungusen
dort noch alljährlich in 5— 7 Exemplaren (von jedem guten Schützen) getödtet. Auch hier
findet indessen ein allmähliches Verarmen dieser braven Waldmenschen in Folge der Abnahme
an Rennthieren statt. Die zahmen Rennthiere, von denen einige T ungusen noch
vor 25— 30 Jahren bis über 100 besassen, fielen theils an Seuchen, theils aber wurden sie
in Hungerjahren hingeschlachtet, denn trotz der ungeheuren Wälder, welche hier und an
vielen anderen Orten in Sibirien vorhanden, ist ihr Wildstand, auf den die Tungusen als
einzige Erwerbsquelle angewiesen sind, in vielen Gegenden schon geschwächt und mit dem
immer mehr und mehr vorschreitenden Europäer in die Wildnisse (Goldwäschen) zog sich
der Tunguse auch mehr und mehr im Laufe der Zeit in die Gebirge zurück, wo sein Stamm
der langsamen Vernichtung durch die. altüberkommene Lebensweise, welche nur möglich
war, so lange ihm allein die weiten Gebirgsländer gehörten, sicherlich entgegen geht. Seltener
ist das Rennthier im südlichen Theile des Apfel-Gebirges, und über sein Vorkommen
im K entei wusste Niemand mir Etwas zu berichten. Als Hausthier wird es weder auf