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 0 4 .  P h o c a   a n n e lla ta   Nils s.  Taf. XIII. 
 Bei  den  T ungusen  am  oberen B aikal:  Kuma. 
 Bei  den  ru ssisch en  Bewohnern  der B aikalufer:  Nerpa. 
 Bei den bedeutenden Abweichungen,  welche im Gebisse, namentlich in der Höckerung  
 der  Backenzähne  an  dieser  Art  der  Seehunde  beobachtet  wurden,  und  denen  zu  Folge  
 N ilsson 1) drei Varietäten  allein  nach  diesen Abweichungen aufführt,  bleibt  es sehr wün-  
 schenswerth,  ein  recht  umfangreiches Material  zur  Benutzung  zu  besitzen,  wenn  es  sich  
 darum handelt,  dem Seehund des B aikals seinen Platz unter den Phoca-Arten anzuweisen.  
 Wahrscheinlich  würde  ein  solches  auch  die Haltpunkte,  die  bis  dahin  auf die  Kürze  der  
 äusseren und inneren Naseübeinschneppen  als  Charaktere für Ph.  annellata  begründet wurden, 
   sehr  schwankend  machen,  wie  diese  Charaktere denn auch ebensowenig haltbar  und  
 consequent durchführbar sind bei den eigentlichen Raubthieren.  Dagegen müsste  der con-  
 stant schmale Zwischenbalken, der in seinem hinteren Theile viel rascher sich erweitert als  
 bei Ph. vitulina und mit schwach nur gerundeter Kante den Augenhöhlenrand bildet,  sowie  
 die  Verhältnisse der Nasenbeinbreite,  endlich auch die  stärkeren oder schwächeren Höcker  
 des Kieferbeines  und  die Stellung  der  oberen Backenzähne,  sowie  die  des  Gaumenloches,  
 die artliche Selbstständigkeit der  Ph.  annellata sicher bestärken. 
 Ein solches Material aber, bezüglich auf die Robbe  des B aikals,  liegt  nicht vor,  da  
 es mir nur gelang ein drei- bis vierjähriges Weibchen von meiner Reise um  den Baikalsee  
 im Jahre  1855 mitzubringen,  dessen  hauptsächlichste Skeletttheile sammt dem vollständigen  
 Felle  den  Collectionen  einverleibt  wurden.  Ausserdem  wurden  einige  Felle,  welche  
 theils  älteren,  theils  jüngeren Thieren  angehören,  im Dorfe  K ultuk  erhandelt  und  dort  
 auch eine Anzahl junger,  schmutzig weisser Individuen im Wollhaare gesehen,  die  man  im  
 April  1859  vor dem Aufgehen des See’s erlegt hatte. 
 Ich sehe mich daher genöthigt, nach diesen, freilich  dürftigen, Materialien,  so  gut es  
 geht,  den Seehund zu besprechen und bin nach den  angestellten Vergleichen  zu derselben  
 Ueberzeugung gelangt,  welche N ilsson bestimmte,  den Seehund des B aikals (dieser Fundort  
 ist bei ihm noch fraglich, aber sehr wahrscheinlich richtig angegeben,  von dem Exemplare, 
   das  der Autor  S.  312  in  der  citirten Abhandlung bespricht)  zu Phoca annellata  zu  
 ziehen.  Auch behalte ich seine Benennung bei,  da es nicht erwiesen,  dass Phoca foetidafbr.  
 identisch  mit Phoca  annellata i\Hiss,  sei,  im  Gegentheile  N ilsson  in  seiner  «Skandinavisk 
 1)  Archiv für  Naturgeschichte  von W iegm ann,  1841,  Bd. I,  p.  301  ff. 
 Fauna  1847, S.  283» bei der Aufführung der Synonyme für Phoca annellata die Arten Phoca  
 foetida und Phoca hispida nur mit Fragezeichen aufführt. 
 Zunächst  will  ich  den  Schädel  meines  Thieres  näher  beschreiben.  Er  gehört  einem  
 zwar erwachsenen,  aber  nicht  grossen Weibchen von  3—4  Jahren an,  ich  vergleiche  ihn  
 in  der  tiefer  stehenden  Tabelle  mit  drei  Exemplaren  der  Phoca  annellata  aus  der  Ostsee,  
 mit einem Exemplare der Phoca caspica Nilss.  und mit drei Schädeln  von Phoca vitulina  aus  
 Schweden. 
 In der allgemeinen Schädelform muss die flachere Scheitelfläche, welche,  nachdem  sie  
 sich fast in einer Ebene seitlich verbreitete, dann steil und rasch abfällt,  der Phoca annellata  
 als auszeichnender Charakter vor Phoca vitulina zuerkannt werden. Bei den drei,  unstreitig  
 recht alten Schädeln des gemeinen Seehundes, welche mir vorliegen,  rundet sich die Hirnkapsel  
 von  den recht nahe  tretenden Scheitelleisten  an  gleichmässig  abwärts,  so  dass  dadurch  
 ini Querschnitte eine  elliptische Bogenlinie  mit  nur wenig gedrückter Höhe  bedingt  
 wird,  die bei  Phoca annellata viel stumpfer ist,  ja  im  grössten oberen Theile fast zur Geraden  
 wird.  Phoca caspica steht in dieser Hinsicht,  wenn  ich  den  einzigen  mir  vorliegenden  
 Schädel als typischen betrachten darf, unbedingt der Phoca annellata näher als der gemeinen  
 Robbe.  Die  Stirnbeine  der  Phoca  annellata  sind  stets  in  ihrem  vorderen  Theile  so  stark  
 verschmälert,  dass sie  etwas hinter der in sie vortretenden Nasenbeinschneppe in  schmaler  
 First verlaufen,  welche zu den Augenhöhlen steil,  mit etwas concav gekrümmter Knochenfläche  
 abfällt.  Der dadurch gebildete Zwischenbalken verläuft entweder mit  seiner Höhen-  
 contur in einer Geraden,  oder in  einer nur wenig gekrümmten (convex)  Biegung und steilt  
 sich erst mit den Nasenbeinen der Schnauzentheil ab. Bei Phoca caspica haben diese letzteren  
 eine viel geringere Neigung abwärts,  so  dass ihre Mittelnath und die der Stirnbeine eine  
 durchgehende, fast gerade Linie bildet.  Bei Phoca vitulina gewinnt dieser Zwischenbalken in  
 seiner  schmälsten  Stelle  nicht ganz  die  Breite  der  vorderen  Nasenbeinränder  zusammen,  
 flacht sieh gerundet beiderseits ab;  in ihn schieben sich die allmählich  verschmälerten Nasenbeine  
 mit weit vortretenden Stumpfspitzen,  welche  die  Hälfte  der Zwischenbalkenlänge  
 erreichen. 
 Ganz abweichend in diesen Verhältnissen finden wir die entsprechenden Parthieen bei  
 der Phoca annellata. Die rasch zugespitzte, hintere Nasenbeinschneppe tritt nicht einmal bis  
 7S der Länge des Zwischenbalkens in diesen hinein.  Die Breite des Zwischenbalkens bleibt  
 meistens geringer als die Hälfte der vorderen Nasenbeinränder.  Bei der Phoca caspica sehe  
 ich  die hintere Nasenbeinschneppe  zwar  wie  an  Phoca annellata,  das Verhältniss  aber  der  
 Zwischenbalkenbreite  zur  vorderen  Nasenbeinbreite  kommt  dem  an  Phoca  vitulina  meistens  
 gleich,  obschon beide Schädeltheile absolut  viel  schmäler  sind  als  bei  der  gemeinen  
 Robbe.D 
 ie  nachstehende  Tabelle  wird  zur  besseren  Aufhellung  dieser  Verhältnisse  wohl  
 beitragen. 
 Die Maase sind in Millimetern  angegeben. 
 R a   d d e ,  R eisen  im   Säden  von  O st-Sibirien.  T h l. 1.  3 S