
91. L a g o m y « a lp in u s Pall.
Bei den ru ssisch en Bewohnern: Senno-stawez d. h. der Heusteller.
Bei den S’ojoten und B u rjäten im östlichen Sajan: Schaschirganä, bisweilen auch mit dem
Namen der Ogotona, der hier in Ochotone entstellt wurde, bezeichnet.
Bei den m ogolischen Bewohnern T ran sb aik alien s sammt der Ogotona bisweilenRujö ge-
■ nannt.
Bei den B irar-T u ngu sen wird Lagomys mit dem Collectivnamen der Mäusearten als Oeniakan
bezeichnet
Obgleich der Alpenpfeifhasg überall zwischen den Trümmergesteinen in den Gebirgen
der Sajankette, der Baikalhöhen und in D aurien lebte und durchaus nicht selten war,
so habe ich dennoch nur ein Exemplar desselben in fünften Jahre meiner Reise von dem
Butogoll-Gebirge im östlichen Sajan mitgebracht, wo es über der Baumgrenze gefangen •
wurde. Es ist'nämlich sehr schwer dieses Thierchen zu fangen oder es zu schiessen, da
sich die Fallen auf den Felsen, die’es bewohnt, nicht zweckmässig anbringen lassen,' es
dieselben auch sorgfältig meidet, weil Viele natürliche Gänge zwischen den hohlliegenden
Felsen zu seinem Nestchen führen und es, falls es auch tödtlich verwundet wurde, sich in
diese flüchtet. Dies, einzige Exemplar ist seinem Pelze gemäss für ein junges Thier, welches,
zwar ausgewachsen, doch noch das erste Jugendkleid trägt, zu halten. Der Jugendpelz
weicht von dem der alten Thiere bedeutend ab. Uebrigens behaupten die. Jagdvölker, dass
Lagomys alpinus doch einem Haarwechsel zum Winter unterworfen sei, dass nur im fertigen
Winter er die rostgelbe Farbe besitze, im Sommer mehr grau und schwärzlich erscheine“1
eine Meinung, welcher P allas') entschieden entgegentritt.
An meinem jungen Alpenpfeifhasen tritt das Rostgelb nur an den Halsseiten und
Flanken, sowie vor der Kniebeuge ein wenig deutlich auf. Alles Uebri'ge an dem Thierchen
ist grau, so schiefergrau, wie das Wollhaar alter Exemplare. Beschreiben wir nun
diesen Alpenpfeifhasen genauer. Das gedrungene Köpfchen ist durchweg fast einfarbig,
obenher dunkelgrau, nach der Nasenspitze zu etwas röthlich braun, über die Wangen
hin etwas heller, unten in schmutzig gelblich - grau gemischt. Das wollartige, leicht gekräuselte
Haar hat hier noch nichts von der Straffheit, wie sie dem Kleide älterer Thiere
eigen (wenn man von der Spitze zum Grunde hin sie betastet). : Es ist kurz, die unteri
Hälfte schiefergrau, die obere zur Hälfte schwarzbräunlich gespitzt, darunter zur Hälfte
mit fahlgelblicher Ringelbinde versehen. Unten und auf den Wangen fehlen die dunkeln
Spitzen fest ganz, oder sind auf ein Minimum reducirt. Die Oberlippe und die Nasenspitze
sind röthlich-grau, ein wenig in schwarz gestichelt. Die langen, den Ohrrand überragenden
Schnurrborsten pechschwarz. Die sehr kurz behaarten Oehrchen haben eine schmale, weissgelbe
Umrandung. Ueber den ganzen Oberkörper verbreitet sich ein sehr weiches, in fahlgelb
und schwarz gespitztes und, im Vergleiche zum Winterpelze, nur dünnes Haar, dessen
1) Nov. spec. et glir. ordine p. 51.
Grundhälften hier lichter schiefergrau sind, als auf dem Kopfe und etwas dunkler, als am
Bauche und auf den Flanken, wo dieselben mehr in’s Blaugrau spielen. Hier nun auch
schwinden die schwarzen Spitzen der Haare ganz und es bleiben nur die hellrostgelben,
welche auf dem Bauche so vereinzelt stehen, dass hier überall graublau zur dominirenden
Farbe wird. Hingegen sind die Halsseiten und die Brust vor den Vorderfüssen mehr roth-
gelb. Ebenso auch die Vorderfüsse auf ihren vordem Seiten bis zu den Spitzen. Die Sohlen
sind bis vor die Zehenschwielen, welche sammt den Nägeln'schwarz und nackt sind,
auf das Dichteste mit gekräuselten, schwarzgrauen, gelblich gespitzten Haaren besetzt.
Das hier besprochene Thierchen wurde am 16. (28.) Juni 1859 hei den Graphitwerken des
Herrn A libert gefangen; es lebte in dieser Höhe (circa 7500' engl.) mit dem Hyp. macrotis
zusammen. Den Schädel des Alpenpfeifhasen bespreche ich bei der Vergleichung des Skelettbaues
von Lag. Ogotona.
Bis jetzt sind P a lla s’ Angaben über die Verbreitung dieser Art noch immer die einzigen
gewesen, welche man kannte, denn, wenngleich And. W agner') den Alpenpfeifhasen
des H im alaya, den W aterhouse5) als Lagomys Roylii OgiUry sondert und G iebel3) mit
Lag. mspalensis Hogds zusammenzieht, mit Lag. alpinus vereinigt, so spricht sich W aterhouse
in der Anmerkung (S. 26) entschieden dagegen aus. Lagomys alpinus gehört nach
P allas der ganzen ungeheuren Gebirgskette des Nordrandes In n e r- und H interasiens
an, welche im A ltai und Sajan zwischen dem 50. und 52. Grade n. Br. von W. nach 0.
zieht, dann östlicher durch die Gliederungen der Baikal-Gebirge mit dem Apfel-Gebirge
in Verbindung steht, und als solches im Stanow oi bis zum O chotskischen Meere vortritt.
Ferner auch findet sich der Alpenpfeifhase in Kamtschatka.. In den von mir besuchten
Gegenden blieb dieses Thierchen von den kahlen Hochsteppen entschieden ausgeschlossen,
wo es durch L. Ogotona ersetzt wird. Dieser letztere meidet wiederum die waldbedeckten
und gebirgigen Gebiete D auriens und bleibt den breitem, humusarmen Thä-
lern eigen. Lag. alpinus wurde überall, sowohl in den Felsparthien der metamorphosirten
Kalke am südwestlichen Winkel des B aikals, wie zwischen den feldspathreichen Graniten
des Sajan- und Apfel-Gebirges angetroffen. Nicht minder häufig findet man ihn zwischen
den Thon- und Glimmerschiefern am G asim ur, bei Z agan-olui, am Argunj und
im Chingan-Gebirge. Im Bureja-Gebirge wurde er indessen nicht bemerkt, sondern
hier war es Lag. hyperboreus, welchen ich einmal fing. E r ist uns aus dem mittleren und
untern Amurlande noch nicht bekannt geworden, allein es wäre doch unvorsichtig, hiernach
ihn als dort fehlend zu betrachten; denn, wie schon gesagt, hält es schwer ihn zu fangen
und zu beobachten, und ich wüsste keines der ändern Thiere, auf welches ich so viel
Mühe vergeblich verwendete, um mich in ihren Besitz zu bringen, als eben auf diesen winzigen
Felsenbewohner.
1) Die Säugethiere etc. Supplement. 4. Abth p. 120.
2) A natural histoiy of the Mamalia p. 26.
H 3) G iebel: die Säugethiere p. 456.
R ad de, Reisen im Süden von Ost-Sibirien. Thl. I. 29