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 Bei  den  ru ssisch en  Bewohnern:  Senno-stawez  d.  h.  der  Heusteller. 
 Bei  den  S’ojoten  und B u rjäten   im  östlichen  Sajan:  Schaschirganä,  bisweilen  auch  mit  dem  
 Namen  der  Ogotona,  der hier  in  Ochotone  entstellt wurde, bezeichnet. 
 Bei  den m ogolischen  Bewohnern  T ran sb aik alien s  sammt  der  Ogotona  bisweilenRujö  ge-  
 ■  nannt. 
 Bei  den  B irar-T u ngu sen wird  Lagomys  mit  dem  Collectivnamen  der Mäusearten  als  Oeniakan  
 bezeichnet 
 Obgleich  der Alpenpfeifhasg überall zwischen den Trümmergesteinen in den Gebirgen  
 der Sajankette,  der Baikalhöhen  und in D aurien  lebte  und durchaus  nicht  selten  war,  
 so habe  ich  dennoch  nur  ein Exemplar  desselben  in  fünften  Jahre  meiner Reise  von  dem  
 Butogoll-Gebirge im östlichen Sajan  mitgebracht,  wo es über der Baumgrenze gefangen  • 
 wurde.  Es  ist'nämlich  sehr  schwer  dieses  Thierchen  zu  fangen  oder  es  zu  schiessen,  da  
 sich  die  Fallen  auf den  Felsen,  die’es  bewohnt,  nicht  zweckmässig  anbringen  lassen,'  es  
 dieselben  auch  sorgfältig  meidet,  weil  Viele  natürliche Gänge  zwischen  den  hohlliegenden  
 Felsen zu seinem Nestchen führen und es,  falls es auch  tödtlich verwundet wurde,  sich in  
 diese flüchtet.  Dies, einzige Exemplar  ist  seinem Pelze  gemäss für  ein junges Thier,  welches, 
   zwar ausgewachsen,  doch noch das erste Jugendkleid trägt, zu halten. Der Jugendpelz  
 weicht von dem der alten Thiere bedeutend ab.  Uebrigens behaupten  die. Jagdvölker,  dass  
 Lagomys alpinus doch einem Haarwechsel zum Winter unterworfen sei,  dass nur im fertigen  
 Winter  er die rostgelbe Farbe besitze,  im Sommer  mehr  grau  und  schwärzlich  erscheine“1  
 eine  Meinung,  welcher P allas') entschieden  entgegentritt. 
 An  meinem  jungen  Alpenpfeifhasen  tritt  das  Rostgelb  nur  an  den  Halsseiten  und  
 Flanken,  sowie  vor  der Kniebeuge  ein wenig  deutlich  auf.  Alles Uebri'ge  an  dem Thierchen  
 ist  grau,  so  schiefergrau,  wie  das Wollhaar  alter Exemplare.  Beschreiben  wir  nun  
 diesen Alpenpfeifhasen  genauer.  Das  gedrungene  Köpfchen  ist  durchweg  fast  einfarbig,  
 obenher  dunkelgrau,  nach  der  Nasenspitze  zu  etwas  röthlich  braun,  über  die Wangen  
 hin etwas heller,  unten  in  schmutzig gelblich - grau gemischt.  Das  wollartige,  leicht  gekräuselte  
 Haar hat hier noch nichts von der  Straffheit,  wie sie  dem  Kleide älterer Thiere  
 eigen  (wenn  man  von der  Spitze  zum  Grunde  hin  sie  betastet).  : Es  ist  kurz,  die  unteri  
 Hälfte  schiefergrau,  die  obere  zur  Hälfte  schwarzbräunlich  gespitzt,  darunter  zur  Hälfte  
 mit  fahlgelblicher  Ringelbinde  versehen.  Unten  und  auf den  Wangen  fehlen  die  dunkeln  
 Spitzen fest ganz,  oder sind auf ein Minimum  reducirt.  Die Oberlippe und die Nasenspitze  
 sind röthlich-grau,  ein wenig in schwarz gestichelt.  Die langen, den Ohrrand überragenden  
 Schnurrborsten pechschwarz.  Die sehr kurz behaarten Oehrchen haben eine schmale,  weissgelbe  
 Umrandung.  Ueber den ganzen Oberkörper verbreitet sich ein sehr weiches, in fahlgelb  
 und schwarz gespitztes und, im Vergleiche zum Winterpelze,  nur dünnes Haar,  dessen 
 1)  Nov.  spec.  et glir.  ordine  p.  51. 
 Grundhälften hier lichter schiefergrau sind,  als  auf  dem Kopfe und etwas dunkler,  als am  
 Bauche  und  auf den  Flanken,  wo  dieselben  mehr  in’s  Blaugrau  spielen.  Hier  nun  auch  
 schwinden  die  schwarzen  Spitzen  der  Haare  ganz  und  es  bleiben  nur  die  hellrostgelben,  
 welche auf dem Bauche  so vereinzelt stehen,  dass  hier  überall graublau  zur dominirenden  
 Farbe wird.  Hingegen sind die Halsseiten und  die Brust vor den Vorderfüssen mehr roth-  
 gelb.  Ebenso auch die Vorderfüsse auf ihren vordem Seiten bis zu den Spitzen.  Die Sohlen  
 sind  bis  vor  die Zehenschwielen,  welche  sammt  den Nägeln'schwarz  und  nackt  sind,  
 auf  das  Dichteste  mit  gekräuselten,  schwarzgrauen,  gelblich  gespitzten  Haaren  besetzt.  
 Das hier besprochene Thierchen wurde am 16. (28.) Juni 1859 hei den Graphitwerken des  
 Herrn A libert gefangen;  es lebte in dieser Höhe (circa 7500' engl.) mit dem Hyp. macrotis  
 zusammen.  Den Schädel des Alpenpfeifhasen bespreche ich bei der Vergleichung  des Skelettbaues  
 von Lag.  Ogotona. 
 Bis jetzt sind P a lla s’  Angaben über die Verbreitung dieser Art noch immer die einzigen  
 gewesen, welche man kannte,  denn, wenngleich And. W agner') den Alpenpfeifhasen  
 des  H im alaya,  den W aterhouse5)  als  Lagomys  Roylii  OgiUry  sondert  und  G iebel3)  mit  
 Lag.  mspalensis  Hogds  zusammenzieht,  mit  Lag.  alpinus  vereinigt,  so  spricht  sich W aterhouse  
 in der Anmerkung  (S.  26) entschieden dagegen aus.  Lagomys  alpinus  gehört nach  
 P allas  der  ganzen  ungeheuren  Gebirgskette  des  Nordrandes  In n e r-  und  H interasiens  
 an, welche im A ltai und Sajan  zwischen dem  50.  und 52. Grade n. Br. von W.  nach 0.  
 zieht, dann östlicher durch die Gliederungen  der Baikal-Gebirge mit dem Apfel-Gebirge  
 in Verbindung steht,  und  als  solches  im  Stanow oi  bis  zum  O chotskischen Meere vortritt. 
   Ferner auch findet  sich  der Alpenpfeifhase in Kamtschatka..  In den von mir besuchten  
 Gegenden blieb  dieses Thierchen von  den kahlen Hochsteppen entschieden ausgeschlossen, 
  wo  es durch L. Ogotona ersetzt wird.  Dieser letztere meidet wiederum die waldbedeckten  
 und  gebirgigen  Gebiete  D auriens  und  bleibt  den  breitem,  humusarmen Thä-  
 lern eigen.  Lag.  alpinus wurde überall,  sowohl in den Felsparthien der metamorphosirten  
 Kalke  am  südwestlichen Winkel  des  B aikals,  wie  zwischen  den  feldspathreichen  Graniten  
 des Sajan- und Apfel-Gebirges angetroffen.  Nicht minder häufig findet man ihn zwischen  
 den Thon-  und  Glimmerschiefern  am G asim ur,  bei  Z agan-olui,  am Argunj  und  
 im  Chingan-Gebirge.  Im  Bureja-Gebirge  wurde  er  indessen  nicht  bemerkt,  sondern  
 hier war es Lag.  hyperboreus,  welchen  ich  einmal  fing.  E r  ist  uns  aus  dem mittleren und  
 untern Amurlande noch nicht bekannt geworden,  allein es wäre doch unvorsichtig, hiernach  
 ihn als dort fehlend zu betrachten;  denn, wie schon gesagt,  hält  es schwer  ihn  zu  fangen  
 und  zu  beobachten,  und  ich  wüsste  keines  der  ändern  Thiere,  auf  welches  ich  so  viel  
 Mühe vergeblich verwendete, um mich in ihren Besitz zu bringen,  als eben auf diesen winzigen  
 Felsenbewohner. 
 1)  Die  Säugethiere  etc.  Supplement.  4.  Abth p.  120. 
 2)  A natural histoiy of the Mamalia p.  26. 
 H  3)  G iebel:  die  Säugethiere p.  456. 
 R ad de,  Reisen im  Süden  von Ost-Sibirien. Thl.  I.  29