
caspica. Aber an dem baikalischen Seehund ist die Höckerung des Kiefers am vorderen
Augenrande kaum fühlbar und wäre dies demnach ein zweiter Punkt, in welchem sich die
Robbe des B aikals nicht ganz Her Phoca annellata fügen will. Ich halte indessen diese Abweichung
sammt der in den Nasenbeinrändern gefundenen nicht genügend, um die artliche
Selbstständigkeit der baikalischen Robbe darauf hin zu begründen, zumal der einzige
Schädel, nach welchem ich mein Urtheil bilden muss, einem 3—4jährigen Individuum angehört
.B
evor ich nun noch zum Vergleiche des Zahnbaues der drei Arten gehe, will ich das
am Unterkiefer Auffallende zuerst besprechen. Der von N ilsson 1. c. aufgefundene, später
von Andr. W agner und Blasius wiederholte Charakter der grössten Unterkieferbreite,
nach welchem diese bei Phocä vitulina unter dem dritten, beiPAoca annellata unter dem hintersten
Backenzahne (B lasius schreibt S. 248 «ersten», also von hinten gezählt) liegt, bestätigt
sich vollkommen bei allen mir vorliegenden Schädeln beider Arten. Bis auf eine etwas
bedeutendere Concavität der Gelenkflächen bei Phoca annellata finde ich übrigens am Gelenk
und Kronenfortsatze grosse Uebereinstimmung. Der obere der beiden Haupthöcker am
hinteren Rande des Unterkiefers aber scheint mit dem Alter bei Phoca annellata nach und
nach zu schwinden, während ich ihn an den drei Schädeln der gemeinen Robbe, die alten
Thieren angehören, recht stark und etwas nach Innen gekehrt entwickelt finde.
Weniger nach der Form und Zahl der seitlichen Nebenzacken der Backenzähne, als vielmehr
nach der Gesammtanordnung der ganzen Zahnreihe, lassen sich P\oca annellata und
Phoca vitulina von einander sicher unterscheiden und auch darin, dass bei ersterer diese
Anordnung in der Richtung einer geraden Linie,' einer gemeinsamen Längenaxe gemäss;
bei der gemeinen Robbe hingegen die einzelnen Backenzähne schief im Oberkiefer eingefügt
sind, müssen wir N ilssons Diagnose für Phoca annellata als vollkommen richtig anerkennen.
Bei Phoca vitulina sind es besonders der zweite und dritte Backenzahn (von vorne gezählt),
welche schief gestellt sind. Bei einem recht alten Schädel der Phoca annellata aber ist der
letzte Backenzahn um ein sehr Geringes nach Aussen schräge gestellt. Ph. caspica schliesst
sich auch in diesem Kennzeichen sehr genau an Phoca annellata.-
Ueber die Variationen der Zahl der Nebenzacken an den Backenzähnen haben N ilsson
und nach ihm Andr. W agner schon genau berichtet und je nach dem Vorhandensein
oder theilweisen Fehlen derselben drei Varietäten namhaft gemacht. Daher hier nur soviel,
dass bei dem Seehunde des B aik al’s-am vordersten Backenzahne im Oberkiefer jederseits
vom Hauptzacken nur ein Nebenzacken vorkommt, an den übrigen Backenzähnen aber vor
der, etwas nach hinten gekrümmten, Hauptspitze ein und dahinter zwei spitze Nebenzacken
stehen.H
ierauf stelle ich nun die Maasstabelle in früher schon oft gebrauchter Reihefolge
zusammen. Von den Schädeln gehören drei der Phoca vitulina, vier der Phoca annellata und
einer der Phoca caspica an.
Die Maasse sind in Millimetern genommen.
13.
14. 15’.
16.
17.
Grösste Länge des Schädels, vom Halse eines
der oberen, mittleren Vorderzähne bis zum
äussersten Ende des Hinterhaupthöckers . . . .
Länge des Schädels in seiner Grundlage, vom
Halse eines der oberen Vorderzähne bis zum
Rande des Hinterhauptloches................ ............
Länge der Schnauze von dem Halse einer der
oberen, mittiefen Vorderzähne bis zum Hinterrande
der Unteraugenhöhlenlöcher .
Länge des Stirnbeines von dem Ende der Na-
senbeinschneppe zur Scheitelstirnbeinnath . . .
Länge des Jochbogens vom vorderen Ueber-
gangspunkte des Jochfortsatzes am Oberkiefer
zu demselben, bis zum hinteren, oberen Winkel
der Gehöröffnung............................................
Länge des Unterkiefers von dem vorderen
Ende, nahe dem Halse einer der mittleren
Vorderzähne bis zum äussersten Rande des
Gelenkkopfes ...........................
Länge des Zusammenstosses beider Unterkieferhälften
*) .................... v . . . . . .
Länge des Unterkiefergelerikkopfes.................
Grösste Breite des Schädels in den Jochbögen
(fällt bisweilen in die hintere, obere Spitze des
Jochbeines, bisweilen in den unteren, vorderen
Xheil des Jochfortsatzes am Schläfenbeine)...
Breite des Schädels in den Scheitelbeinhöckern
Breite des Schädels über den Gehöröffnungen
oberhalb der Knochenlamelle, welche vom Jochbogen
zum Hinterhaupte geht und die Gehöröffnung
überdacht..................................................
Abstand der Gehöröffnungen von einander, jederseits
von dem vorderen, unteren Rande gemessen.
............................. ..
Grösste Breite des Hinterhauptloches..
Höhe desselben...........................................
Abstand der beiden Gelenkflächen (mit dem
Unterkiefer) zwischen den Innenrändern derselben
gemessen.. . . . . . . . . . — . . . .
Breite der Schnauze in ihrer Mitte, in der Mitte
des Abstandes des for. infraorbitale von den
oberen Schneidezähnen gemessen . . . ..
Abstand der Kronenfortsätze des Unterkiefers
von einander, zwischen den oberen, hinteren
Winkeln derselben.....................................
S H
Baikal.
3—4 Jahr
nnellata.
s t s e e.
*hoca a
alt.
Phoca
caspie.
Casp.M.
alt.
Phoca vitulina.
O s t s e e ,
sehr alt.
158 172 150 167 176 197 194 205
144 158 138 157 168 - 188 192
54 57 49 57 67 67 67 73
50 - -4 1 - 48 — — 58
71 85 72 74 80 93 93 93
100 114 94 106 112 126 125 135
15 21 16 16 — * 12 12 12
14 19 j p 6 15 17 22 22 24
97 110 93 93 90 119 118 123
81 84 84 8 4 ’ 77 96 92 93
76 85,5 81 82,5 79 96,5 92 93
70 83 76 78 73,5 96 88 97
29* 30 30 31 27 — 29 28
27*5 26 21 22 21 — 27,5 26
57,5 65 61 65 57 72 66 71,5
22 30 26 25,5 30 42 40 42
78 85 70 80 — 87 79 87
1) In diesen Maassen und in der bei Ph. vitulina senkrecht abgeneigten Unterkieferspitze, welche bei
Ph. annellata in der Jugend sehr flach ist, im Alter etwas steiler abfällt, glaube ich ein nicht unwesentliches
Unterscheidungsmerkmal für beide Arten zu bemerken.