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 talen, rauhen Klimas einerseits und dem des wassersüchtigen Apfel-Gebirges  andererseits,  
 Thier-  und Menschenleben  auf eine  verhältnissmässig  schmale Strecke,  in  welcher  diese  
 Einflüsse  am  wenigsten  fühlbar,  nämlich  auf die  Contactlinie  des  äussersten  NO.-Randes  
 der hohen  Gobi mit den letzten Umwallungen des Scheidegebirges. 
 Beim Abschlüsse  unseres  Bildes  vom  Quelllande  des Amur,  welches  dem  Umfange  
 einer Einleitung gemäss,  wie wir sie hier jiur bezwecken, nicht detaillirter sein darf, heben  
 wir nur noch, bevor der Amur selbst zum Gegenstände der weiteren Mittheilungen werden  
 soll,  das Hauptmoment hervor,  dessen Festhalten die richtige Auffassung der animalen und  
 Vegetativen  Verhältnisse dieser Länder allein ermöglicht.  Es zerfällt nämlich, wie wir aus  
 Vorstehendem gesehen,  das  von  uns  bis jetzt besprochene  Gebiet  O stsibiriens  in  zwei  
 sehr ungleiche Theile,  welche in ihren gesammten Naturzuständen fast nichts  mit  einander  
 gemeinsam haben. Der eine, in Bezug  auf die jetzigen  politischen  Grenzen zwischen S ibirien  
 und China ungleich grössere, umfasst alle Gebirge,  welche im Norden den östlichsten  
 Theil  der hohen Gobi umranden,  und bildet im engeren Sinne des Wortes  ein  sibirisches  
 F aunen- und F lorenreich.  Der andere dagegen, verschwindend klein gegen  den ersteren,  
 schliesst den NO.-Winkel der  c en tral-asiatisch en  Hochländer in sich,  und lindem  er in  
 ungeschmälerter Kraft die m ongolischen Typen besitzt, legen wir ihm  auch  die Bezeichnung  
 des m ongolischen F loren - und F aunenreiches bei.  Oestlich zieht diesem letztem  
 das  Chingan-Gebirge  die  Grenze,  und wir treten  im Thäle  des Amur  selbst,  gleichzeitig  
 mit seiner Senkung und den südlicheren Breiten nach und nach in Gegenden, welche so viel  
 Eigenthümliches  aufzuweisen  haben,  dass  an  ihren  südlichst gelegenen Theilen weder  die  
 Spuren  der  sibirischen  noch  die  der  m ongolischen  Natur vorwaltend  zu  finden  sind,  
 und wir uns hier in den nördlichen Gebieten eines d ritten , dem übrigen Sibirien gänzlich  
 fehlenden,  Vegetations-  und Faunenbezirks befinden,  welchem  die Bezeichnung  des nord-  
 m andshurischen zukommen mag. 
 Das  Quellland  des  Amur  wird  ostwärts  bei  der  Vereinigung  der  Schilka  und  des  
 A rgunj  durch das Chingan-Gebirge geschlossen  und auch  ohne  einen  besonderen Werth  
 darauf zu legen, ob  dieses Meridiangebirge vom Argunj  und der Scfiilka  förmlich durchsetzt  
 werde,  oder ob  zu den Ufern dieser Flüsse von Norden her nur mächtige Abzweigungen  
 des nahe  tretenden Jab lo noi,  und  von Süden  her  die  Höhen  des Chingang  oft  in  
 Steilwänden  treten,  kann  man,  wie  es  mir  scheint,  doch  von  einer  stufenförmigen  Verflachung  
 D auriens zur westlichen M andshurei  hier  sprechen.  Wenn  auch nicht in dem  
 Sinne, wie  es Semenoff für die vom Apfel-  und  S.tanowoi-Gebirge bis zum  stillen Ocean  
 gelegenen Landschaften durchführen  will,  wogegen v.  M iddendorff’s trifftige Einwände1)  
 sprechen;  aber doch iifsofern,  als im Amur-Thale selbst die beiden Meridianketten, welche  
 uns  als  C hingan-  und  Bureja-Gebirge  bekannt  wurden,  und  von  denen  die  letztere 
 1)  M iddendorff:  Si$.  Reise  Bd.  IV.  L.  1.  S.  218  ff. 
 sicherlich  vom  Amur  durchbrochen  wird,  jene  Stufenränder  vorstellen,  und  durch  das  
 starke Gefälle, welches dem Strome eigen ist,  so  lange  er sich zwischen sie hindurchdrängt,  
 die  westlicheren  Länder  um  mehrere  100'  über  die  östlicheren  dominiren  lässt.  Auch  
 scheiden  diese  Meridian-Gebirge  im  Chingan  deutlicher,  im  Bureja-Gebirge  weniger  
 scharf die östlich und westlich  von  ihnen  verbreiteten Thier-  und Pflanzenformen.  Gegen  
 die Auffassung der allgemein durchgeftthrten terrassenartigen Abstufung O stasiens in diesen  
 Breiten spricht die Beschaffenheit  des Stanow oi  und  seine Bedeutung  für  das Amurland  
 ebenso wie das Küstengebirge der östlichen M andshurei, welches als sogenannter Sichota-  
 Alin in seinen Verzweigungen zum rechten untern Amurlaufe der ganzen dortigen Gegend  
 den  Charakter ’eines  Berglandes  von  nordischem  Vegetations-Charakter  verleiht,  und  in  
 welchem  zur  linken Seite  des  Stromes  die  letzten  östlichen  Verzweigungen  des  B ureja-  
 Gebirges  hie  und  da  vortreten;  so.dass  sich  zwischen- ihnen  und  dem S ichota-A lin  die  
 verbreiterte  Furche  des Amur  mit  nur  sehr  geringem  Gefälle  zum  T atarischen  Meere  
 hinzieht.  Jene angedeuteten  drei Abstufungen aber, ,wie sie das Bette des Am ur selbst aufzuweisen  
 hat,  würden  sich  also  folgenderart  aneinander  reihen:  Oberste Stufe  im QuelL  
 lande des Amur,  den mittleren und unteren A rgunj- und Onon-Lauf in sich fassend,  mit  
 circa  1600' hoher mittlerer Erhebung,  westlich.durch die Ostabhänge des Apfel-Gebirges  
 umgrenzt,  östlich durch  die Westverflachungen  des Chingan.  Zweite Stufe  von  den  östlichsten  
 Vorbergen des C hingan,  etwa  unterhalb  der Kumara-Mündung  bis zum  scharf  
 abgesetzten  Westabhange  des  Bureja-Gebirges,  mit  einer  durchschnittlichen  Höhe  von  
 8 — 9 0 0 'übgr  dem  Meere.  Dritte  Stufe,  vom  Mochada,  dem  SO.-Ende  des  B u reja-  
 Gebirges bis zum Kurflusse mit einer durchschnittlichen Höhe von 4— 500' über dem Meere. 
 Wir  kehreu  nun,  um  zum  Schlüsse  dieser  Einleitung  zu-gelangen  und  das  Nöthige  
 über den  oberen und mittleren Amurlauf zn  sagten,  zum  Chingan-Gebirge zurück. 
 In jener geräumigen Ecke,  welche durch die nordöstliche Richtung des mittlem  und  
 unteren Argunj-Laufes und die südöstliche  des  oberen Amur gebildet wird,  und  den  54°  
 nördl. Br. fast erreicht,  sehen wir den Hauptstock des  Chingan zwischen  dem 139— 140°  
 östl. Länge von Ferro zum rechten Argunjufer streichen.  Seine Höhen und Gehänge  tragen  
 den  ernsten  Charakter  sibirischer  Nadelholzwaldung,  welcher auch den östlichen wie  
 den  westlichen  seiner Verflachungen  bis  nahe  zum  51?» nördl. Br.  eigentümlich  bleibt.  
 Mit dieser Breite jedoch  treten  nicht  nur  ostwärts  im  Amur-Thale,  sondern  auch  schon  
 westwärts am Rande  der M andshurei  und Mongolei  einzelne Pflanzen-  und Thierarten  
 auf,  denen wir bis dahin nirgend  in O stsib irien  begegneten,  und  bringen  wir,  dies  festhaltend, 
  in Erinnerung,  dass westwärts im  Selenga-Thale  in  einer Höhe  von  nicht  mehr  
 als  1500  über dem Meere zwischen  dem  50° und  51° nördl.  Br.  sich  in  der  Zwergulme,  
 den  sibirischen  Apricosen  und  dem  Faulbaume  (Rhamnus)  ausdauernde  Laubholzarten  
 finden,  denen  wir  erst  wieder  am  Ost-  und  Westabhange  des  Chingan  in  fast  gleicher  
 Höhe über dem Meere begegnen,  so  kommen wir zu  der Ueberzeugung,  dass zwischen diesen  
 Breiten  ein  Wechsel  der  Flora  angedeutet  wird,  der• zweifelsohne  überall  auch  in