suchten Reisegebiete gelegenen Länder eine passende Localität zu finden, an welcher gleiche
Untersuchungen angestellt werden .könnten, lag um so näher und war um so. natürlicher,
als die Altai-Kette in ihren südlichsten und westlichen Gliederungen theils durch Lede-
bour, Meyer und Alex. v. Schrenck, sowie durch E versm ann und G ebier, theils
endlich auch durch Semeneff und Kinderm ann in verschiedenen naturwissenschaftlichen
Richtungen vielfach untersucht wurde, mithin sich hier Anknüpfungspunkte bieten dürften,
die verglichen mit Ergebnissen der Reisen von P allas, M iddendorff, L. v.-Schrenck,
Maximowicz und Maack, sowie mit denen meiner Reisen zu allgemeinen.phyto- und
zoographischen Ergebnissen für Asien in diesen Breiten führen müssten; wie denn auch
andererseits vom zoologisch-geographischen Standpunkte aus beurtheilt, jene Hochsteppenfauna
der M ongolei zu der südwestlich-sibirischen Fauna in manchen Beziehungen steht,
die hei Vergleichung und Aufdeckung der Einzelnheiten erst klar werden.
Demnach wendete ich mich schon im Jahre 1858 schriftlich an die K aiserliche
Geographische Gesellschaft, und indem ich die oben angedeuteten Ideen auseinandersetzte,
bat ich mir ein fünftes Jahr zu bewilligen, in welchem also durch die Untersuchungen im
östlichen Sajan, dem östlichen Quelllande des Jen isei, Materialien gesammelt werden
sollten, welche spätere Vergleiche der w est- und o stsib irisch en Fauna und Flora zwischen
den 47° bis 51° nördl. Br. ermöglichen könnten. Die Hochgebirge der Sajankftte
sollten, ferner das vergleichbare Material für die Verbreitung der Pflanzen und Thiere in
verticaler Richtung liefern, indem ich an sie anknüpfend, ähnliche Beobachtungen aus dem
Apfel-Gebirge und von den Baikal-Höhen zu verwerthen gedachte. Bereitwillig ging die
K aiserliche Geographische Gesellschaft auf meine Vorschläge ein, es wurde mir eine
Summe von 500 Rub. Silb. für diese letzte Reise zugestellt und ich konnte Anfangs April
an die Ausführung derselben gehen.
Meine Absicht war es, von der Südseite des östlichen Sajan im Sommer, nachdem ich
die Scheitelhöhe des hohen M unku-Sardik bestiegen haben würde,-die Grenze zu überschreiten,
mich im Niveau des Kossogolsee’s haltend, direkt Südlich zu wenden, und nun
soweit wie möglich, wenigstens doch bis zum 'mongolischen Grenzposten vorzudringen.
Der Ausführung dieses Planes aber stellten sich Hindernisse in den Weg, deren Beseitigung
nicht in meinen Kräften stand. Einmal waren die U rjänchen am Kossogol durch eine
militärische Recognoscirung, die im Sommer 1858 seitens des Generalstabes in Irk utsk
ausgeführt wurde,, eingeschüchtert und vorsichtig geworden, und gestatteten nur-.solchen
Beamten das Vordringen in ihrem. Gebiete, welche im Besitze des sogenannten.Grenzbrett-
chens’) waren, dass man mir russisch er Seits verweigerte. Zweitens aber gerieth auf
unserem Gebiete ein lamaitischer Priester aus dem Darchatenlande, wie man sagte, reli1)
Die, sogenannten Grenzbrettchen sind zwei länglich viereckige Holzplatten, welche durch Spaltung
eines Holzsttlekehens entstanden. Die eine Hälfte wird im m ongolischen Grenzposten, die andere, im
russisch en verwahrt; nur bei der' officiellen Revision der Grenze, welche alljährlich im Frtthlinge ra s sisch
er Seits, und im Herbste m ongolischer Seits stattfindet, bringt man die beiden Hälften in die
giöser Umtriebe halber, in Gefangenschaft und blieb in dieser längere Zeit, so dass die
Grenznachbaren davon wussten und jeden Fremdling, besonders aber Beamte, mit grossem
Misstrauen behandelten.
Ich musste also vornehmlich im Bereiche unserer Grenze bleiben und konnte nur ab
und zu dieselbe auf kurze Zeit überschreiten, indessen bleibt es doch gewiss, dass hier in
diesem hochgelegenen Theile des östlichen Quelllandes vom Jen isei der vermuthete Vegetationswechsel
jedenfalls viel südlicher zu suchen ist,- als ostwärts, denn hier schliesst sich
au den gebirgigen Nordrand H ochasiens, der durch drei Parallel-Gebirgsketten gebildet
wird, im Süden ein wasserarmes Hochsteppengebiet, welches bei wohl durchschnittlich
gleicher Höhe und Bodenbeschaffenheit, auch alle Eigenthümlichkeiten der hohen Gobi in
sich schliesst; Eigenthümlichkeiten, von denen einige sich über die Ulangum- und Tangnu-
kette hinaus gegen Norden drängen und den Südabhang des Sajan beinahe erreichen, t)
Andererseits spricht das weite Vorkommen des Rennthiers im wilden sowohl, wie auch im
gezähmten Zustande nach Süden hin dafür, dass hier, durch die bedeutende Höhe, in wel-
cher-die Länder südlich vom östlichen Sajan gelegen, viel weiter nach Süden hin im Thier-
und Pflanzenreiche der nordische Charakter erhalten bleibt, als in dem östlicher gelegenen
Quelllande des Amur, und namentlich am Mittelläufe dieses Stromes, dem man bei’m Beginne
des Bureja-Gebirges nur eine Höhe von 700' über dem Meere beilegen darf, und
es dürfte sich selbst im Khangai-Gebirge kaum der Süden in Flora und Fauna zu ver-
rathen beginnen.
Nachdem ich mich Mitte April (den 13.) in die Tunkinskische Festung am mittlern
Irkutlaufe begeben hatte, wohin der Weg über die Baikal-Gebirge nach K ultuk und
von dort über die Wasserscheide zwischen den Irk u t- und Baikal-Zuflüssen durch die
Toros-Ebene führt, blieb ich daselbst bis zum 28. Mai, besorgte die meteorologischen
Beobachtungen, notirte den Zug der Vögel und förderte die zoologischen und botanischen
Sammlungen. Bei den alltäglich ausgeführten Excursionen lernte ich denn diesen Theil
des mittleren Irkutlaufes genugsam kennen, begab mich, weil es hier nur sehr langsam
mit der Entwicklung der Flora vor sich ging, am 28. und 29. nach K ultuk in die geschützten,
tiefer gelegenen Thäler, die hier zum Baikalsee münden, und holte Herrn
L’weff darauf aus Irk u tsk ab, da er so gütig sein wollte, während der Besteigung, des
M unku-Sardik ein Barometer am Fusse dieses Gebirges zu beobachten, während ich zu
gleichen Zeiten die Höhen während der Besteigung ablesen wollte. Die hierzu verwendeten
Parrorischen Barometer waren mit einander verglichen worden. Am 8. Juni konnte die
Reise von Tunka das Irkut-T hal hinauf angetreten werden und nachdem wir durch hohes
betreffenden Grenzposten und passt die Spaltflächen aufeinander, stimmen sie genau, SD sieht man das als
ein Zeichen der Innigkeit freundschaftlicher Beziehungen beider Reiche an und ist nur auf diese Weise
dem officiellen Ceremoniell Genüge zu leisten.
- 1) Ich gedenke hier vornehmlich einiger Steppenthiere, so der Antilope gutiurosa, der Manul-Katze
dés Argal-Schafes und dés Corsac-Wolfes.