
 
        
         
		ich  danach  die  Art  und Weise  meiner  nächsten  Reise  möglichst  vorteilhaft  modificiren  
 konnte.  Das Mündungsland  des grossen Stromes verdiente bei  der Wahl eines Territoriums,  
 dem  das  nächste  Jahr  gewidmet  werden  sollte,  keine  weitere  Berücksichtigung.  Einmal  
 waren  die Herren L.  v.  S chrenck  und Maximowicz  dort  seit  1855  gewesen  und  zweitens  
 war  die  Fauna  und  Flora  des  Festlandes  hier  nicht  überreich  zu  verm uten,  weil  
 geographisch  die  höhere Breite  und  klimatisch  die Feuchtigkeit  der Ostküste Asiens  auf  
 beide  sehr  influiren  mussten.  Meine  Proposition  im  kommenden  Sommer  daher,  nur  die  
 südlichst gelegene Krümmung des Amurstromes zu untersuchen, wurde als  das N ötigste,  
 was dort in naturhistorischer Beziehung geschehen  könnte,  angenommen,  und  im Einverständnisse  
 mit  Herrn  Astronomen  Schwarz  der Plan  und  Kostenentwurf für  eine  solche  
 Reise näher besprochen. 
 Durch  eigene mehrjährige Erfahrung  bereits  belehrt,  war  mir  sehr  wohl  der  grosse  
 Unterschied in Bezug auf zoologische Ausbeute bekannt,  den  ein  rasches Durchreisen weiter  
 Strecken,  von  dem wenigstens  zeitweisen  ruhigen  Verweilen  an  den  günstigen  Orten,  
 bedingt;  das  erstere Verfahren  mag immerhin  n ö tig   und  erfolgreich  da  sein,  wo. es gilt,  
 durch die Auffassung grösser Räumlichkeiten,  deren Details bereits bekannt sind,  zur Klarheit  
 des Gesammtbildes der Natur beizutragen.  Das  letztere  hingegen  ist nö tiger, wo  es  
 sich  darum  handelt,  erst  die Einzelnheiten  der  Natur  kennen  zu  lernen,  ohne  deren  genauere  
 Kenntniss wir nicht im  Stande sind, ein treues Naturbild zu  entwerfen.  Wem daran  
 gelegen sein muss,'in einem kaum  dem Europäer erschlossenen Lande,  wie es das A m urland  
 damals war,  ein möglichst grosses Maass naturhistorischer Gegenstände zusammenzu-  
 bringen,  der muss sich für die zweite Art der Reise entschliessen und so  that auch ich  diet. 
 Die weiten Strecken,  welche zurückzulegen waren,  um  an den Ort meiner Thätigkeit  
 und von ihm wieder zurückzukommen;  die Mangelhaftigkeit der Communicationsmittel;  die  
 nicht vorherzusehenden Widerwärtigkeiten, welche  auf solchen Expeditionen  immer mehr  
 oder weniger noch die Zeit beeinträchtigen, Alles dieses bestimmte mich, die Reise  auf zwei  
 Jahre anzulegen,  und  indem  ich  zuversichtlich  darauf hoffte,  es  würde  die K aiserliche  
 Geographische Gesellschaft mir  gütigst  meine Reisezeit  verlängern,  ging  ich  an  die Ausführung  
 dieses Planes. 
 Die Ausarbeitung meines Jahresberichts,  der Entwurf mehrerer  dazu  gehöriger Karten  
 und Abbildungen nahmen den grössten Theil  der Zeit ein,  welche ich  in Irk u tsk  noch  
 bleiben konnte, bevor die Reise zum mittleren Am ur beginnen sollte.  Diese  hatte  ich die  
 Absicht spätestens mit dem  1.  April  1857 anzutreten.  Von T schita  aus  wollte  ich  dann  
 auf einem Flosse die Ingoda und Schilka abwärts reisen,  so sehr wie thunlich diese Reise  
 forciren, um  das so  ergiebige Frühjahr nicht ganz auf der Hinreise zu verlieren. Den Amur  
 abwärts  sollte  ich  in  gleicher Weise  reisen,  bis  ich  im Bureja-Gebirge,  (Kamni in  der  
 officiellen  Sprache der Mandshu,  Gom-me-dshan in der gelehrten der C hinesen,  d.  h.  
 d reith eilig es  Gebirge) wo ich Mitte Juni anzulangen gedachte, mir-einen passenden Ort  
 suchen konnte, wo ich später im Winter  bleiben  würde.  Dazu  sollte  aus  den Balken  des 
 Flosses  ein Haus  gezimmert  und  mit  dem  Nöthigsten  versehen  werden.  Nachdem  dieser  
 Platz einmal bestimmt,  war es mir zur Aufgabe gemacht worden,  in einem Boote noch  bis  
 zur Ussurimündung zu reisen,  diePrairien  der mittleren Amurufer kennen zu lernen  und  
 das Chöchzier-Gebirge zu ersteigen.  Ueber die Beschäftigungen im nächsten Jahre konnten  
 vorher  ebensowenig  Entwürfe  gemacht  werden,  als  über  die  Mittel  zurückzukehren.  
 Man stellte  es mir  anheim,  das  Zweckmässigste zu thun,  und  so  oft  als  möglich  von  mir  
 Nachricht zu geben, 
 S.o  schloss, sich  denn  diese jetzt  projectirte  und in  den  Jahren  1857  und  1858  mit  
 Glück  vollführte  Reise-als  eine,  auch  im  räumlichen Sinne  genommen,  natürliche  Fortsetzung  
 an  die  von  1856  an.  Die  Gegenden  am  mittleren  A rgunj  hatten  mich  bereits  
 einen flüchtigen Blick in eine Natur thun lassen,  welche  sehr verschieden war  von  der  in  
 O stsibirien  gewöhnlichen.  Der Oberlauf  des  Onon  und  der  Ingoda  waren  mir  bereits  
 aus eigener Anschauung bekannt, ich sollte nun auch die Schilka und die Vereinigung der  
 beiden Quellflüsse  des Am ur sehen  und endlich,  seinem Laufe folgend,  in den südlichsten  
 Breiten,  welche  sein Bette  durchschneidet,,in  ein  menschenleeres Land kommen,  dessen  
 Natur  zwar  noch  viele  der  nordisch-typischen  Formen  aufzuweisen  hat,  wo  diese  aber  
 merklich verdrängt werden durch eine grosse Zahl anderer Faunen- und Florenglieder, die  
 dem  übrigen Sibirien fehlen und -theilweise nur als  dem Süden  des  asiatischen Continents  
 angehörend betrachtet wurden. 
 Bis zum  1.  April hatte ich die nöthigen Arbeiten,  meine  voijährige Reise  betreffend,  
 beendet  und Alles  vorbereitet,  was  die Amurreise  erforderte.  Das  viele  Gepäck  war  in  
 drei Postequipagen gepackt und  Mittags konnte  ich Irk u tsk  verlassen.  Tags  darauf kam  
 ich  nach  W erehne-U dinsk,  wo  ich  blieb,  um  in  den  nächsten  Tagen  einen  Abstecher  
 nach K jachta zu machen, um auf diese Weise wenigstens die Gegend vpn Selenginsk und  
 M aim atschin dem Anblicke nach kennen  zu  lernen  und  in K jachta Herrn Popoff,  der  
 sich für die Insektenkunde der dortigen Gegend lebhaft interessirt, zu besuchen.  Auch hot  
 sich  eine  vortheilhafte  Gelegenheit  jetzt  dar,  das  dortige  Treiben  der  C hinesen  näher  
 kennen zu lernen,  da bei der Anwesenheit des Herrn Ausserordentlichen Gesandten  Grafen  
 P u tjätin ,  russischer  und  chinesischer  Seits Ceremonielle  und  Festlichkeiten  veranstaltet  
 wurden,  welche zu sehen den Reisenden interessiren musste. 
 In K jachta  am  7. Abends  angekommen,  blieb  ich  dort  eine Woche  und  reiste  auf  
 der gewöhnlichen Poststrasse über AVerchne-Udinsk  nach  T schita,  wohin  das  Gepäck  
 vorausgeschickt wurde.  Ich muss  hier  einschaltend  noch  bemerken,  dass  zur Ausführung  
 dieser Reise mir drei Kosaken  bewilligt  wurden.  Der  eine  von  diesen war  ein Kosak  des  
 Irk ujskischen  berittenen Kosaken-Regiments.  Den später  im Bureja-Gebirge  verstorbenen  
 N icolai  B orodino  und W asili Nomochonoff hatte  ich  in T ran sb aik alien   im  
 Jahre  1856  kennen gelernt.  Der erste von diesen beiden  war einer  der  bekanntesten  und  
 tüchtigsten  Schützen  und  Arbeiter,  den  zweiten  kannte  ich  als  einen  zwar  unbegabten,  
 aber  gutwilligen  und  treuen  Menschen,  sehr  phlegmatischen  Charakters  und  voller