
 
        
         
		giger,  auch  die Zitterpappel  bemerkt man  öfters  und  an  dem  bei A tschinsk  fliessenden  
 Flüsschen (K rasnaja retschka) sah ich zum ersten Male Motaeilla citrinella  Pall. 
 Am nächsten Tage kam ich dann in K rasnojarsk an,  wo ich ein wenig ruhen musste  
 und die Bekanntschaft mit Herrn Dr. L essing machte (einem Bruder  des  berühmten Malers  
 und  einem  Grossneffen  G otth.  E phr.  L essing’s),  der  hier  schon  seit  15  Jahren  
 ansässig war und viele Reisen südlich in’s Saj an-Gebirge, vornehmlich botanischer Sammlungen  
 wegen, unternommen hatte. 
 Am  24. Mai gegen Mittag, setzte ich  die Reise nach Irk u tsk  fort.  Das Terrain wird  
 bergiger und ist gut mit Lärche und Kiefer (P. sylvestris) beholzt.  Erst  am  27. Mai wurde  
 das kleine Städtchen N ishne-U dinsk erreicht, von wo man,  seitwärts blickend, Ausläufer,  
 der Saj ankette  noch  mit  schneegekrönten  Höhen  sah.  Am  nächsten  Tage,  als mir  noch  
 etwa nur  300 Werst bis Irk u tsk  zurückzulegen übrig blieben,  traf ich  die  ersten dauri-  
 schen  Dohlen (Conus dauricus)  an,  und  am  29. Mai  befand  ich  mich  bereits  im Bereiche  
 b u rja tisch er  Völkerstämme,  indem  ich  hier (etwa  150  Werst  von  Irk u tsk ) die  A lar-  
 schen B u rjäten  die  Poststrasse  ausbessem sah. 
 Am nächsten Morgen,  dem  30. Mai,  lag mein einstweiliges Reiseziel vor mir und befand  
 ich mich, nachdem die breite A ngara auf einer Fähre passift wurde, in Irk u tsk . 
 ,  Es war, bei einer bereits so vorgeschrittenen Jahreszeit, nicht rathiam für den  ersten  
 Sommer  eine grössere Reise zu projectiren,  um so mehr,  als  die Abreise von Irk u tsk   aus  
 nicht ohne Weiteres vor sich gehen konnte,  sondern vielmehr  hier  erst  das Nöthige  dafür  
 anzuordnen,  Gelder zu heben, Einkäufe zu besorgen, und endlich eine  gewisse,  für  solche  
 Unternehmungen  unentbehrliche Anzahl  officieller Papiere  zu  erhalten  waren.  Zudem  ist  
 es gewiss Jedermann  wünschenswerth  und  rathsam,  sich  zuerst  auf kleineren  Touren  mit  
 Land  und  Leuten,  mit  Klima  und  Communicationsmitteln  bekannt  zu  machen;  kurz  und  
 gut sich einigermaassen einzuleben in, die Verhältnisse,  welche  für  eine Reihe  von Jahren  
 dann in wenig ahändemder Weise  dem Reisenden sieh  bieten und die er nur  dann mit Voi-  
 theil wird benutzen können,  wenn  sie  ihm  durch  die Gewohnheit  weniger  fremdartig  geworden  
 sind. 
 Theils deshalb, namentlich aber auch, weil seit G eorgi’s Zeiten, 1772, Niemand eine  
 Rundreise um den Baikalsee gemacht hatte’) und die Nähe des grossen See’s von Irk u tsk   
 ebensowohl,  wie  die  leicht  zu  beschaffenden  Mittel  zur  Ausführung  einer  solchen  Reisfe  
 noch besonders dazu riethen,  entschloss ich mich,  im  Sommer  1855  den See seinen Ufern  
 entlang zu befahren. 
 Dass dafür entscheidend auch die  Grossartigkeit seiner Natur,  die interessanten Ein-  
 zelnheiten  derselben,  sowohl  der  Land-  als Wasserfauna,  wie  anch  der  Flora,  die  viele  
 schon ächt o stsib irische, alpine,  ausgezeichnete Formen besitzt;  dass  endlich  dafür  entscheidend  
 auch die ethnographischen Interessen  waren,  welche B u rjäten  und T ungusen 
 1)  Wenigstens nicht in zoologischen  Zwecken. 
 hier bieten,  und vor allen Dingen die unbeschreibliche Sehnsucht,  in einer wilden Urnatur  
 zu leben, mit ihr zu kämpfen und sie kennen zu lernen,  dieses versteht sich wohl von seihst. 
 Hierauf hin,  soweit  es  in Irk u tsk   möglich  war,  unterrichtet,, konnte  die Reise  am 
 17.  Juni,  nachdem  die  erforderlichen Sachen  alle  besorgt  waren,  angetreten  werden  und  
 will ich,  ehe ich über sie einige Daten gebe,  nur noch bemerken,  dass gerade diese Reise,  
 obgleich  damals  nicht  im  Hinblick.auf  die.  späteren,  grösseren  Expeditionen,  planmässig  
 angelegt,  sich  dennoch  in  ihren Ergebnissen  als  unbedingt  nöthiges Mittelglied  zwischen  
 die  Untersuchungen  in  T ranshaikalien  und  indem   östlichen  Sajan  reiht-  Schon  die  
 Gliederung  der verschiedenen  Gebirgssysteme  O stsibiriens  aufzufassen,  welche  um  den  
 Baikalsee  sich  legen  und  denen  dieser  tiefe,  grosse  Süsswassersee  gewissermaassen  als  
 Centrum dient, ist dem Reisenden und sei es. auch immerhin  für  ihn  zunächst Absicht  und  
 Pflicht,  nur eine Menge Materialien zusammen zu bringen,  die zunächst  dem Systematiker  
 von Werth  und für ihn bestimmt sind,  dennoch eine  sehr wichtige Aufgabe,  da die Lösung  
 derselben  das  richtige  Licht,  nicht  nur über die Reliefbildung  der Oberfläche,  hier  wirft,  
 sondern  für die  geographische  Verbreitung  vieler  Thiere  und  Pflanzen  sehr  entscheidend  
 wird. 
 Es  war  mir  also  zur  Aufgabe  gemacht  worden,  dem "Westufer des See’s entlang  auf  
 einem Boote zu reisen,  die Insel  Olchon  zu  besuchen,  womöglich diese zu durchwandern,  
 dann über das sogenannte kleine Meer (MaJioe Mope)  setzend,  die Westküste wieder  zu  gewinnen  
 und ihr entlang bis zum nördlichsten Winkel des B aikals vorzudringen.  Hier sollte  
 ich  den  im August  stattfindenden  Fang  der  Omul  (Salmo  Om-ul)  beobachten  und,  insofern  
 derselbe  durch  unzweckmässigen Betrieb  stark  geschwächt  war,  untersuchen,  in  welcher  
 Weise, man  durch  zweckmässige  Maassregeln  der  Natur  wieder  kräftigend  helfen  könne.  
 Damit fertig blieb mir die Ostküste zu befahren und wurde  mir  besonders  empfohlen,  den  
 nahe von ihrem NO.-Winkel gelegenen F rö lich a-  oder D aw atschanda-See zu besuchen,  
 über welchen manche fabelhafte  Gerüchte verbreitet worden waren und in  dessen Wassern  
 eine sehr schöne,  eigenthümliche Forellen-Art (Salmo Erythraeus  P.)  lebt.  Falls Alles  gut  
 von Statten  ginge, würde  ich  dann,  so  hiess  es  in  den Instructionen  weiter,  noch in  der  
 ersten Hälfte des Septembers die B argusin-B ucht erreichen und  könne von  dort  leichter  
 zur Selenga kommen.  Bis hierher hatte ich mir  vorgenommen,  etwa  zum  15.  September  
 zu gelangen,  dann aber, um noch den Rest der Zugvögel beobachten und sammeln  zu können, 
   wollte  ich  per  Post  zum  sogenannten  Gänsesee  (rycimoe  o3epo)  reisen  und  einige  
 Zeit  an ihm  bleiben.  Im Winter  gedachte  ich  den  südwestlichen Winkel  des B aikals  zu  
 bereisen,  . 
 Die  Zeit  aber  bis  zum  17. Juni  wurde  durch  mehrere  Excursionen  in  die  nächsten  
 Umgegenden  von  Irk u tsk   zweckmässig  benutzt'und  schon  hier  der  erste  Grund  zu  den  
 Sammlungen gelegt, die dann im Laufe meiner Reisezeit zu grossen Vorräthen anwuchsen.  
 So  wurde  zweimal  das  schöne  Kaja-Thal jenseits  der  A ngara  besucht  und  einige  Male  
 nordwärts vor der Stadt zum Wege nach Jak u tsk  excursirt.  Auch zum B aikal see selbst