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 Bei  «jen  B irar-* T u ngu sen:  lmdlu. 
 Die Literatur  über  diese Art  ist  leider  so  gering,  und  ihre  Verwandtschaft  mit  der  
 Ant.  Goral Hardw.  des  Himalaya scheint so gross zu sein,  dass es mir bei dem Vergleiche  
 des von mir mitgebrachten vollständigen Thieres, welches im  Bureja-Gebirge 1858  erlegt  
 wurde,  mit  den  betreffenden  Beschreibungen  der  beiden  Arten  nicht  möglich  wurde,  es  
 strenge  von  der  einen  oder von  der  anderen  zu  unterscheiden.  Mein  Exemplar  schliesst  
 sich sogar in vieler Hinsicht besser  an Ant.  Goral als an  Ant.  crispa an.  Da uns vom Texte  
 der  Fauna japónica  auch  auf  die  schon  1857  seitens  der  Academie  nach  D eutschland  
 gerichteten  Anfragen  an  die  Buchhändler,  der  weitere  Text,  welcher  bei Canis  viverrinus  
 abbricht (S. 40) nicht zugegangen ist, das Erscheinen eines  solchen sogar verneint wurde, so  
 ist es auch unmöglich unser Thier mit der etwa erschienenen Originalbeschreibung,  die von  
 Giebel mit Seite 55  citirt wird (die Säugethiere p. 302) zu vergleichen, und wir sind daher  
 nur auf  das Wenige  angewiesen,  was  Andr. W agner'),  S chinz2) und  Giebel?)  von  ihr  
 erwähnen.  Die Zweifel,  ob  ich es mit der Goral-Antilope  oder  der kraushaarigen Antilope  
 zu thun hahe,  drängen  sich mir  um so häufiger auf,  als  vom Standpunkte  geographischer  
 Verbreitung betrachtet, beiden Thieren gleiche Hechte auf ihr Vorkommen im  Amurlande  
 zuerkannt werden  müssen,  da  die Fauna  sowohl  des Südrandes Mittelasiens,  als  auch  die  
 bis dahin als insular abweichend betrachtete Fauna Japan s ihre Vertreter im Amurlande  
 in fast gleicher Anzahl hat,  und  die Ansicht Herrn L.  v.  Schrenck’s “),  dass  dieses Thier  
 nur der Küstenregion  der M andshurei  angehöre,  durch  das Auffinden  desselben im B ureja 
 Gebirge berichtigt werden muss.  Endlich nun noch ist es gewiss,  dass hier, wo diese  
 Antilope zweifelsohne ihre äusserste nordwestliche Polargrenze der Verbreitung erreicht hat,  
 ebenso wie die übrigen bis hier her vorkommenden südasiatiscjien Säugethierarten, im äusseren  
 Baue bedeutende Abänderungen erfuhr,  eine Folge der so  ganz  anderen  allgemeinen  
 physikalischen Verhältnisse, unter denen diese Thiere in diesen Breiten existiren. Der Gedanke  
 an  eine  vielleichtige  Identität  beider  Arten  dürfte  daher  erlaubt  sein,  wennschon  es  für  
 jetzt nicht thunlich ist, seine Richtigkeit  nackzuweisefl,  indem  die Antilope crispa  nach  der  
 v.  Siebold’schen  Reise,  unseres Wissens,  nicht  nach  Europa  kam  und  als  höchst selten  
 in den Gebirgen von Nippon und Sikok lebend angeführt wird,  mithin  auch nicht genauer  
 mit Antilope  Goral verglichen werden konnte.  Soviel  darf man  indessen  mit Sicherheit behaupten, 
   dass das längere Haar  der japanischen Antilope,  wie solches auch unser Amurthier  
 in noch stärkerem Maasse trägt,  nicht  als  sehr  gewichtig  bei der specifischen Trennung  
 der beiden in Rede stehenden Arten zn betrachten sei,  sondern  vielmehr  nur  als  die 
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 1)  Andr. W agner.  Die  Säugethiere  Supp.  4.  S.  461. 
 2)  Schinz.  Synopsis  mammalium  2.  Bd.  p.  555. 
 3)  G iebel.  Die  Säugethiere S.  302. 
 4)  Reisen  und Forschungen  1.  c.  p.  159, 
 Folge klimatischer-Einflüsse zu betrachten  wäre, was durch die meisten Thiere,  die südlichen 
  und  nördlichen  Breiten  gemeinsam  sind,  gleichfalls  dargethan  wird.  Der  vernehmlichste  
 Unterschied,  welcher den Ausschlag geben müsste,  wäre die Thränengrube.  Damit  
 aber verhält es  sich nun so: Ant.  crispa soll eine Thränengrube besitzen,  derAnf. Goral soll  
 sie fehlen, wenigstens bringt Giebel beide Arten in  die durch  dieses Merkmal  charakteri-  
 sirte#Unterabtheilungen  des  Subgenus  Caprina.  Bei  der  ersteren  nun,  von  welcher  uns  
 Herr Maximowicz  den Kopf eines recht alten Männchens vom U ssuri einsendete und dak  
 von mir mitgebrachte ganze Thier mir vorliegt,  sehe  ich  die Thränenrinne  und  die  Grube ‘  
 zwar  nur  verkümmert  und  flach,  aber  doch  deutlich,  ja  auf der Grube  selbst  fehlen  die  
 Haare, wie dieses besonders afi dem Kopfe des  alten Thieres sichtbar wurde, von welchem  
 das  Haar fast ganz abfiel,  weil die Haut  nicht  zweckmässig  präparirt wurde,  und  man  an  
 ihm in der verkümmerten flachen  Thränengrube  nur  eine  schwach  gerunzelte Haut  wahrnimmt, 
   aber  keine  Spuren  der  Haarwurzeln.  Die  Thränenrinne  setzt  sich,  im  vorderen  
 Augenwinkel nur eine geringe Strecke weit auf haarloser Haut fort,  wird dann  aber durch  
 kurzes, nach unten gerichtetes Haar verdeckt. Wie gesagt,  so  sehe ich an beiden Exemplaren  
 der Antilope crispa  alles  dies  in nur geringem  Grade entwickelt  und  erkenne es nur als  
 stark  verkümmert.  Der Antilope  Goral wird aber ebensowohl bei Fr.  C uvier')  als  auch in  
 der Original-Beschreibung  von H ardw icke2),  die  Thränengrube  als  eigenthümlich  zugesprochen, 
   und nur Andr. W agner3),- der eine neue Original-Beschreibung nach zwei Thieren  
 entwarf,  verneint ihr Vorhandensein.  Bei  dem Mangel  nun  an  einem Original-Exemplare  
 kommt man  bei  der Bestimmung  des Thieres  vom Amur  in Verlegenheit,  denn wie  
 wir sogleich aus  nachstehendem Schema ersehen  werden,  finden sich grosse Uebereinstim-  
 mungen  in  dem  übrigen  äusseren Baue beider (Antilope crispa,  wie auch der Antilope  Goral)  
 mit unserem m andshurischen Thiere. 
 Ich stelle jetzt die unterscheidenden Merkmale, welche aus den Beschreibungen Andr.  
 W agner’s und H ardw icke’s für Antilope  Goral sich entnehmen lassen,  neben die,  welche  
 G iebel für Antilope crispa giebt (Schinz beschreibt sie nur nach der  Abbildung, auf deren  
 Besprechung ich weiter unten zurückkomme). 
 Antilope Goral Hard. 
 Himalaya (Hardwicke). 
 1. Die Form —  i 
 2. Der Kopf ist stark coniseli  
 ,  zusammengedrückt, 
 Himalaya (Andr. Wagner). 
 Der  Habitus  erinnert  
 sehr  an  die  Ziege,  doch  
 lässt  sich  die  Antilope  
 nicht verkennen. 
 Antilope crispa Temm. 
 Japan (Giebel). 
 Hoch- und dünnbeiniger  
 Typus  (ist  vielleicht  der  
 entstellten Abbildung  entnommen). 
 Kurzer Kopf. 
 Amur  (Radde, Originalbeschr.). 
 Plumpe,  geradrückige  
 Ziegengestalt, mit ziemlich  
 dickem  Halse  und  starken  
 Füssen. 
 Hoher, conisch zulaufen-'  
 der  Kopf,  mit  geradem 
 il)  Hist.  nato\  des  mammifr.  Bouquetin  de Nepoul. 
 2)  The  transact.  of the Linnean  soct. vol.  XTV.  p.  518. 
 3)  Die  Sàugethiere  etc.  4.  Abtheil.  Suppl.  p.  459.