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 Das  Wollhaar  besitzt  bei  den  hellsten  Individuen  eine  nur  schwach  rauchgraue  Färbung  
 und  ist  stark  gekräuselt,  das  Oberhaar  misst 110 — 120 MM.  und  liegt  in sanften “Wellungen  
 an.  Die Haare  der Weichen  sind  etwas  kräftiger und länger,  haben aber eine nur  
 wenig intensivere Färbung.  Bezüglich  auf die  langen Deckhaare  des oberen Körpertheiles  
 wäre hier noch zu erwähnen,  dass sie erst in ihrer Oberhälfte glänzend,  auch  etwas dicker  
 und  rein isabellgelb  werden,  dann  in  der Färbung einer dunkleren,  fahlen Bauchdinte am  
 nächsten  kommen,  und  dem  Basaltheile  zu  aus dieser in ein lichtes Grauweiss enden.  Die  
 struppigeren Haare  des  Schwanzes  sind  nächst  den Füssen  am  dunkelsten  gefärbt ’).  Nur  
 die Füsse erinnern durch ihre Farbe an die Bären tiefer gelegener Gebiete, sind aber mehr  
 braun als schwarz.  Diese Bleiche des Colorits  ist überhaupt  ein  allgemeiner Charakterzug  
 in  den  organischen  Schöpfungen  so  hoch  gelegener  Gegenden.  Es  mag  wohl  die  Eigen-  
 thümlichkeit  der  Nahrung  wesentlich  mit  dazu beitragen,  diese,  wenigstens  im  östlichen-  
 Sajan  gan^  allgemeine  Farbenvarietät  des  Bären  zu  erzeugen  und  eben  derselbe  Grund  
 mag  die  durchweg  geringere Grösse  der Exemplare bedingen.  Dunklere  und grössere Bären  
 werden  erst  allgemein  im  Lande  der Tus'hinskischen  U rjänchen  angetroffen,  welches  
 in  seiner  Hauptausdehnung  noch  nicht  die Verbreitungshöhe  der Weissbirke,  d.  h.  
 circa  5000' engl,  (im  östlichen  Sajan)  erreicht  hat.  So  werden auch im Allgemeinen bei  
 dem  weitem  Herabsteigen,  den  Irk u t  abwärts  zum Spiegel  des B aikals  hin,  die Bären  
 dunkler  und  nur  einzelne  unter  ihnen  tragen  silberweisse  oder  gelbe  Haarspitzen.  Die  
 dunkelsten,  alten Bären sind mir vom südwestlichen Baikal-Winkel (Kultuk) und aus der  
 A lbasiner Gegend zu Gesichte gekommen. 
 Ueber  das  Legen  der  Bären  zum Winterschlafe  und  das  zeitige  Erwachen  im  Früh-  
 linge, wäre Folgendes zu bemerken: 
 Es giebt einige Localitäten in O st-Sibirien, in welchen sich gewisse Individuen nicht  
 zum Winterschlafe  anschicken  und  in  diesem Falle  sehr  gefürchtet  werden.  Vielfach  hat  
 man mich versichert,  es habe das seinen Grund darin,  dass solche Bären geplagt seien durch  
 rothe,  gänsekieldicke  und mehrere Zoll lange Würmer,  die ihnen so  arg zusetzen,  dass sie  
 in  eine Art Wuth  dadurch  gerathen,  welche  sie  zum  rastlosen Herumirren  antreibt.  Der  
 gemeine  Mann  bezeichnet  das  als  das  Närrischwerden  der  Bären  (MeABkiH  aypauaTcs)  
 und will man in den letzten  30 Jahren  in den Baikalgegenden  zweimal diese Erscheinung  
 in grösserem Umfange als gewöhnlich bemerkt haben.  Kultuk,  die zum B aikal sich absenkenden  
 Höhen des Kamara-Gebirges mit ihren Thälem, namentlich der Snjeshnaja,  sind  
 Orte,  wo  es  alljährlich solche Bären giebt,  die im Laufe des Winters nicht selten mehrere  
 Menschen zerreissen (im Novbr.  1855,  60 Werst in SO. von K ultuk zwei B urjäten. 
 1)  Bei  der Unvollständigkeit des Materials  (2  Felle),  das  ich  für  diese  helle Farbenvarietät  mitbrachte,  
 lege  ich  anf  die  Länge  der  Schwänze  nnd  eines  theilweise  stehen  gebliebenen  Ohres  keinen Werth,  da  
 diese  Theile  vielleicht gereckt  sein  durften. 
 Gewöhnlich  Verlässt  der Bär  am Baikal-See  schon  Mitte  Septembers  die üferregion  
 und  zieht sich tiefer  in’s Gebirge  zurück  um  dort  zu wintern.  Einzelne Bären  bleiben  bis  
 Mitte  Octobers  auf ihren Wanderungen,  die. sie  hier-der  Cedemüsse  und  Preisselbeeren  
 (Vacc.  Vüis Idaea)  wegen  machen.  Auch  diese  verspäteten Bären sind  besonders  wüthend  
 und  gefürchtet.  Die  Höhe  des Vorkommens  scheint  nicht  von  wesentlichem Einflüsse  auf  
 das zeitigere  oder spätere Eintreten des Winterschlafes zu sein.;  nur  ist zu bemerken,  dass  
 die  alpinen Bären  im September  thalabwärts  ziehen und die Schneehöhen meiden.  Ueber-  
 all im Sajan und A pfelgebirge  gab  man  mir  die Zeit  des Legens zum Winterschlafe als  
 in  die  ersten  Tage  (alt. Styls)  des  Octobers  fallend  an;  so  in  den  Gebieten  das  mittleren  
 Okalaufes'(Okinskische Karaul 3987' engl.) im Systeme der B jellaja, am Baikalsee etc.  
 Erst am mittleren Amur, in den gemischten Waldungen des Bureja-Gebirges tummel« die  
 Bären  sieh  bis  gegen-Ende Octobers  und lassen  sich  durch  die  geringen  Schneefälle,  die  
 bisweilen  schon  mit  dem  10.’(22.) Oct.  hier  beginnen,  aber  nicht  anhaltend  sind,  nicht  
 stören.  So wurden am 14.(26.)Oct. 1857 noch frische Spuren eines jungen Bären bemerkt,  
 am  28. Oct.(9.Nov.) abermals und am 29.0ct.(10.Nov.) kamen uns zwei Exemplare noch  
 zu Gesichte.  Die Temperatur  aber 7 Uhr früh war am  30. Oct.(11 .Nov.) schon — 11° R.  
 und am  81. Oct. (12. Nov.) zur selben Zeit — 16° R. 
 Auch nehmen die Wanderungen der Bären in diesem Gebirge einen  sehr eigenthümli-  
 lichen,  durch die Verschiedenartigkeit der Nahrung im Laufe der Sommermonate wesentlich  
 bedingten  Charakter  an  und finden in einer  gewissen Periodioität  alljährlich  statt,  was  in  
 den  übrigen  Gegenden  meines  Reisegebietes  nicht  der  Fall  ist.  Der  Bär  des  B ureja-  
 Gebirges  nimmt  im Juni  und Juli,  wenn  ihm  die  vielen Gebüsshe  noch  keine Beeren  und  
 Saamen zur Nahrung bieten,  nicht  ausschliesslich  zu  den Ameisen  seine Zuflucht,  sondern  
 er kehrt die alten Windfälle, am liebsten der Eichenbestände um,  in deren Mulm und Moder  
 er ausser manchen niedern Thieren (namentlich auch Myriapoden)  um  diese Zeit gerade  
 eine grosse Anzahl prächtiger Carabiden findet.  Da nun am Ost-Ende  des Bureja-Gebirges  
 lichte Hocheichenwälder  in  grösserer Ausdehnung  vorhanden,  als  in  den  feuchten Thälem  
 des  Gebirges  selbst,  so  lässt  sich  ein  aüsommerliches,  allgemeines Herüberschweifen  zum  
 Ost-Ende hier beobachten und ist solches den B irar-T ungusen so wohl bekannt,  dass sie  
 meistens  zum  Golin-Baclie,  der  dort  in  den  Amur  mündet,  den  Bären  nachziehen.  So  
 fand ich  auch  leider  im  Sommer 1858,  als  ich  auf dieselbe brillante Ausbeute an grossen  
 Carabiden,  wie ich sie im Jahre  1857  gehabt hatte, rechnete,  aber etwas später zu suchen  
 begann, keinen einzigen Eichen- und Lindenstamm mehr an seinem Platze und brachte mit  
 Mühe  nur  wenige  Exemplare  zusammen.  Die  Bären  «issen  eben  so  gut  wie  ich,  dass  
 feuchter Moder'den  Carabiden lieb ist und lassen die trockenen jungen Stämme, mit oft von  
 der Sonne zerbersteter Rinde ruhig liegen. 
 Ende Juli und im August schweift der Bär dann wieder einzeln umher,  aber  mit dem  
 Reifwerden  der Weintrauben  und  der Früchte  von Pyrus  üssuriensis,  beginnt  die  entschiedenste  
 Wanderung  der Bären  in  die Uferregion  des  Gebirges  zu  den  Thalmündungen  und 
 R a.dde,  Reisen im  Süden  von  Ost-Sibirien Tbl. I.  2