m SOLIMNGULA.
9t. Equus Cnltallus L.
Bei allen m ongolischen nnd tun gu sischen Völkerstämmen hat das Pferd die mehr oder weniger
in der Endsylbe abgeänderte Bezeichnung der M ongolen: Morün erhalten.
Wie dem Rinde, so sind auch dem Pferde in den transb aikalischen Steppen die
vorzüglichsten Bedingungen zu seiner Entwicklung und Vermehrung gegeben, und wir finden
es hier den Reichthum der Kosaken und B u rjäten vornehmlich bilden. Es giebt an
der dauro-m ongolischen Grenze Wirthe, die über 1000 Pferde besitzen. Hier lebt es
denn auch in einer Weise, die durch die Cultur nur wenig beengt wird, halb verwildert in
grossenSchaaren, denen ^in mongolischer Hirt beigegehen wird. Es erfreut sich im Winter
keiner besonderen Pflege und wird nur hei dem Herannahen stärkerer Schneestürme zu
den Grenzposten oder in geschützte Thäler getrieben. Das Pferd dieser Hochsteppen ist es
denn auch, welches wir hei den Russen nordwärts überall in den waldbedeckten Gebirgs-
ländern eingebürgert finden, und nur der,grossen und einzigen Strasse entlang, welche
durch Sibirien führend, dieses Land mit Europa in Verbindung setzt, bemerkt man die Pferde
ebensowohl aus den Steppen W estsih irien s, wie auch seltener solche, die den östlicheren
Tiefländern des europäischen R usslands entstammen. Diese Thiere, welche grösser von
Gestalt und edler in den Körperproportionen sind, kommen mit den Fuhrleuten nach Sibirien
und werden von diesen bisweilen an die Bauern verkauft. Die reichen Besitzer, welche
in den Städten O stsibiriens wohnen, lassen sich oft sehr schöne Pferde aus Europa korn-
men. Das allgemein bei den Bauern und Kosaken verbreitete Pferd ist ziemlich plump, besonders
im Kopfe und in den Füssen gebaut, legt ein sehr langhaariges Winterkleid an und
trägt Schweif und Mähne von ausserordentlicher Dichtigkeit und Länge. Es ist in den
Quellländem des Amur, der Lena und des Jen ise i von vorwaltend weisser Farbe, selten
von schwarzer. Nächst den Schimmeln finden sich die Grauschimmel und Falben am häufigsten.
Die ersteren werden an manchen Orten, besonders bei den B urjäten, so überwiegend
in der Gesammtzahl der Bestände, dass sie mehr als % derselben bilden. Grosse Ausdauer,
Schnelligkeit und ein eigensinniger Charakter zeichnen die Pferde O stsibiriens
aus, weniger sind sie stark, so dass man ihnen im Winter nicht mehr als 20 — 25 Pud im
Schlitten zu schleppen giebt, wobei sie im Schritte gehen. Im östlichen Sajan wird das
Pferd bis über die Baumgrenze hinaus als Hausthier gehalten (A libert’s Graphitwerke und
bei den S’ojoten und B urjäten); südlich von hier sind die Darchatenpferde grösser von
Wuchs und edler gebaut, weshalb sie vornehmlich gerne bei diesem Volke erhandelt werden.
Von hier kam schon vor 50 Jahren die llace der Darchaten-Pferde in das obere
Oka-Thal und hat sich hier bei einigen B u rjäten unterhalb des N orün-choroiskischen
Grenzpostens erhalten. Diese Pferde zeichnen sich durch Kraft und Schnelligkeit' aus; ich
selbst habe mit einem 90 Werst am Tage in den Gebirgen zurückgelegt, und wird von geübten
Kosaken die Strecke zwischen N orün-choroisk und O kinsk (120 Werst) im Sommer
stets in einem Tage auf diesen Pferden gemacht. Russischer Seits kommt das Pferd
vom T uranskischen Posten bis zum O kinskischen in diese Hochgebirge nur zeitweise,
da in dem dazwischen gelegenen C hanginskischen Posten sowohl, als auch im Norün-
choroiskischen alljährlich nur vier berittene Grenzkosaken von der T unkinskischen
Sotnie hierher abcommandirt werden. Bei den B u rjäten und S’ojoten aber wird es gezüchtet.
Ueber die Einführung des Pferdes im Amurlande hat Herr L. v. Schrenck (bis zum
Jahre 1856) in dem schon oft erwähnten Werke bereits gesprochen, und daran anknüpfend
habe ich nun das mitzutheilen, was in Bezug hierauf seit 1856 geschehen ist. Dass die
Prairien der Uferländer des mittleren Amurlaufes dem .Pferde sehr günstige Verhältnisse
für sein Gedeihen bieten, unterliegt keinem Zweifel, aber es ist dennoch natürlich, dass in
ihnen das Pferd der Hochsteppen, welches an einen Ueberfluss von Salz und die Elymus-
Gräser gewöhnt ist, hier nach stattgefundener Uebersiedelung möglichst geschont werde,
bis es sich nach und nach an die saftreichen Prairienpflanzen (namentlich auch Wicken)
und die hohen Calamagrostis-Gräser gewöhnt hat. Eine solche Schonung wurde ihm in den
Militär-Colonien nirgend zu Theil, seine Uebersiedelung selbst geschah grösstentheils ohne
die nöthige Fürsorge. Auf Flössen, die damit überladen wurden, kamen 30— 40 (1857—
1858) unter der Obhut zweier Soldaten, denen der strenge Befehl gegeben wurde, sie
Abends bei’m Landen an das Ufer zum Weiden zu lassen, und die für die volle Zahl verantwortlich
waren. Dass bei der Unkenntniss der Weideplätze, zumal Nachts, leicht sich
ein oder das andere Pferd verlor, war ganz natürlich, wofür der Soldat verantwortete. Am
nächsten Morgen wurde nach dem Signal aufgebrochen, wer verspätete, war ebenfalls verantwortlich.
Während des Tages fielen Bremsen, welche-den waldlosen Steppen T ransbai-
kaliens, über die beständig ein frischer Luftzug weht, fehlen, über die armen Thiere her,
die oft bis zum Fesselgelenke im Wasser standen.
So wurde die Reise fortgesetzt, und nachdem Strecken von mehreren Tausend Wersten
zurückgelegt waren, erreichten endlich die müden Thiere ihren Bestimmungsort. Hier wartete
ihrer übermässige Arbeit. Die Befehle, den Boden zu ackern, lagen schon lange vorher
bei den Commandeuren der neu errichteten Militär-Posten. Es sollten in jeder Kosaken-
Sotnie 100 Dessjatinen geackertes Land noch im Herbste fertig werden. Welch’ Wunder,
wenn die erschöpften Thiere, die bei den sogenannten «gemeinsamen Arbeiten» nicht immer
in die Hände ihrer Besitzer gelangten, sondern von anderen benutzt und gequält wurden,
den Anstrengungen unterlagen. Zudem stellte sich die Huffäule, in Folge der schlechten
Reise häufig ein. Die überlebenden Pferde hatten im Winter Couriere und die Post zu besorgen.
Reichte auch in den Posten das Heu, so war es diesen Pferden doch ungewohnt und