gen. Es treten nun die Baikalhöhen unmittelbar zum Ufer vor und sind sehr steil, daher
werden die Ansiedelungen seltener und erst am 16. Ju-li kamen wir zum sogenannten Po-
koinikow -ulus, in welchem nur wenige B u rjaten einige elende Jurten bewohnen. Tags
zuvor versuchte ich die steilen Uferhöhen zu erklimmen, bei welcher Gelegenheit Einiges
von seltenen Insecten (Dorites, Hipparchia) gesammelt werden konnte. In diesem Theile der
unmittelbaren Ufer-Gebirge des nördlichen B aikalsee’s sind die höchsten Punkte derselben
gelegen. Einen derselben erreichten wir noch am 16. Juli Abends; er heisst der
K odshor oder grosse R ytoi. Schneefurchen reichen an ihm weit abwärts, seine Spitze
aber ist schneefrei. Am anderen Tage blieben wir im inneren Winkel der S aw arotnaja-
Bucht (d. h. hier so viel als geschlossene Bucht, weil sie gleichsam hinter einer ganz schmalen
Einfahrt gelegen und vollkommen geschützt ist) zur Nacht. Durch den über Nacht eintretenden
S.-W.-Sturm und Regen wurden wir dann genöthigt, auch bis zum Abend des
18. Juli hier zu bleiben. Die Reise konnte am 19. und 20. Juli nur wenige Werst weiter
fortgesetzt werden, da Platzregen und Weststurm uns daran verhinderten; dazu kam die
geringe Wärme, die nur 8— 9° R. während des Tages betrug, und so blieb denn nichts
anderes übrig, als sich in die Widerwärtigkeiten geduldig zu fügen. Nachdem nun noch am
21. Juli die heissen, Schwefelwasserstoff stark exhalirenden Quellen (-)- 55,5° R.) besucht
waren, welche etwa 20 Werst unterhalb von der russischen Ansiedelung Goremyki gelegen,
kamen wir dann endlich am Abend des 22. zu den wenigen Häusern, in denen einige
Bauernfamilien leben. Zur Beschaffung des nöthigen Proviants und zum Excursiren wurde
hier bis zum 25. Juli gerastet und dann die Weiterreise zur Nordbucht des B aikalsee’s
betrieben, welche etwa 70 Werst von hier gelegen. Auf dem Wege dorthin gelangten wir
noch in die Bugotschan-Bucht, in welcher eine Felseninsel gleichen Namens liegt- Am
27. Juli erreichten wir die Sljüdenka- (Marienglas) Bucht, später das G urubicha-Flüss-
chen und gegen Abend das Dörfchen Sininda, in welchem B urjäten und Tungusen zusammen
wohnen. Zur Nacht blieben wir in dem Botigan-Busen und gelängten Tags darauf;
4 Uhr Nachmittags, zum rechten, schwächeren Mündungsarm der nördlichen Angara.
Bis zum 2. August hatte ich an den Mündungen der oberen, d. h. nördlichen A ngara
vollauf zu thun, indem hierher viele Fischer gekommen waren, welche einer Lachsart, dem
im Eismeere gleichfalls vorkommenden Omul (Salmo Omul), nachstellen und in Folge ihrer
verderblichen Fangmethode die Ergiebigkeit dieser Fischerei schon sehr geschwächt hatten.
Es war mir aufgetragen, insofern der Omul eine vomehmliche Fastenspeise des armen
Mannes im Irk u tsk ischen Gouvernement, sowie in einem Theile des Jeniseischen und
in T ransbaikalien ist, dadurch seine Erhaltung von allgemeiner Wichtigkeit für diese
Gegenden wird, das Nähere über seinen Fang zu ermitteln und nach meinen Beobachtungen
dann die nöthigen Vorschläge zu entwerfen, deren Befolgung zur Kräftigung der in dieser
Richtung sehr geschwächten Natur führen könnte.’) Nachdem ich daher im Laufe der Zeit
1) Einen Auszug aus dem hierauf und auf den ganzen B aikalsee bezüglichen Jahresbericht (von 1855)
hat die K a iserlic h e Geographische Gesellschaft in einer russischen Uebersetzung in ihrem «Anzeiger.,
mich bemüht hatte diese Aufgabe zu lösen und zugleich die Excursionen auf einem Theile
des Talar-See’s; der im vorderen Ende des Deltas der nördlichen A ngara gelegen ist, gemacht
hatte, konnte ich am 2. August die Rückreise, dem Ostufer des B aikals entlang,
antreten und hatte zunächst den Frölichasee (D aw atschanda der Tungusen) zu besuchen.
Zu diesem See kann man am Bequemsten kommen, wenn man entweder das Ne-
ründa-Thal oder das sechs Werst weiter gelegene Aj aj a-Thal aufwärts wandert. Geleitet
durch zwei. Tungusen zogen wir es vor, am 3. August unsere Excursion im letztgenannten
der beiden Thäler auszuführen. Ich fand, dass das, was man von diesem See erzählt hatte,
durchweg übertrieben oder ganz unwahr sei, konnte aber die schöne Forellen-Art, welche
ihm eigen ist;,deshalb nicht bekommen, weil diese jetzt zum Laichen den D aw atschanda-
Bach aufwärts gezogen war, und wir uns zu diesem entfernt gelegenen Gewässer, welches
in den SO.-Winkel des Sees fällt, ohne zu grossen Zeitaufwand, nicht hätten begeben können.
Ich liess mir also, an Zeichnungen, Erkundigungen und Ausbeute anderer Art genügen.
Am nächsten Tage, dem 4. August, kamen wir wieder zu heissen Schwefelwasserstoff
exhalirenden Quellen, deren Temparatur -+- 35° R. betrug. Der 5. August musste im
Zelte verlebt werden, weil es fast beständig regnete. Am 6. August fuhren wir weiter und
trafen am 7. Abends mit zwei tungusischen Familien zusammen, welche hier der Jagd auf
Seehunde nachgingen; von deren Fleische sie sich ausschliesslich ernährten. Bis zur Mündung
des grossen Bargusinflusses waren dies die einzigen Eingeborenen, denen wir be-
gegneten. Sie belehrten uns insofern, als sie sagten, wir hätten an den beiden letzten
Tagen unserer Reise die Vorgebirge S chirigli, Amnündaga und B alaga passirt und
würden nun weiterreisend, die Pongi-, Irb ich a-, K adanni- und Jesowka-Buchten sehen,
denen Vorgebirge und Bäche gleichen Namens angehören.
Obgleich ich zwar schon seit meiner Ausflucht zum F rölichasee unwohl gewesen, so
hatte mich dies nicht sonderlich in meinen Beschäftigungen gestört. Am 8. August indessen
wurden die Fieberanfälle, die bis dahin nur schwach gewesen, viel stärker und anhaltender.
Demnach musste die Weiterreise nach Möglichkeit forcirt werden, um wenigstens sobald
als möglich die Mündung des B argusin zu erreichen. Am Abend des 9. August konnte
man schon ziemlich deutlich die NO.-Spitze der gebirgigen Halbinsel Sw jätoi-nos erkennen,
wo hingegen die Westufer des Sees undeutlicher wurden, weil hier der B aikal an
Breite sehr gewinnt.
Durch Regen am 10. August zum Halten genöthigt, kamen wir erst am 11. Mittags
an die Mündung des S’as’nofka-Flüsschens. Herbstwetter und meine Krankheit schritten
beide zusehends vor. Am 12. August konnten nur fünf Werst zurückgelegt werden. Die
neunte Woche unserer Reise begann und ich musste im Zelte mein Krankenlager Aufschlägen.
Am 14. August erreichten wir das Nordkap der Halbinsel Swjätoi-nos. Ihrem Ufer
entlang rudernd kamen wir in der Nacht vom 14. — 15. August an den vier Haseninseln
erscheinen lassen. Siehe EliCTHiucj. HMnep. Teorp. Oßmecrsa 1857. Vgl. auch: Beiträge zur Kenntniss des
Russischen Reiches Bd XXIII, p. 293—310.
ß a d d e , Reisen im Süden von Olt-Sibirien. Till. 1. H