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   den liehen Gefährten in winterlicher Einsamkeit, an diesem Tage erwürgte. 
 Es wurden  nun  alltäglich Excursionen  gemacht  und  eine  durch  den  Herrn General-  
 Gouverneuren schriftlich mir proponirte Heise  den U ssuri aufwärts,  bei welcher  ich  mich  
 einem  Militair-Commando  anschliessen  sollte,  aus  den  schon  oben  angeführten  Gründen,  
 nicht gemacht.  Dagegen musste ich den Vorschlag, mich hei den  in  diesem Sommer auszuführenden  
 Colonisationen am mittleren  Amur  zu  betheiligen,  annehmen,  und  wurde,  als  
 am  24.  Mai  der  durchreisende  Herr  General - Gouverneur  mich  mit  seinem  Besuche  beehrte  
 und diesen,  seinen Wunsch,  mittheilte,  mir  der Auftrag  zu  Theil,  eine  Cölonie von  
 24 Kosakenfamilien in der Nähe meiner Wohnung zu gründen.  Soweit es in meinen Kräften  
 stand,  habe  ich  diesen Auftrag  mit Gewissenhaftigkeit  erfüllt,  wurde  freilich  dadurch  in  
 den  eigentlichen Zwecken  meines  Hierseins beengt  und  kann  nicht  sagen,  dass  die Vollführung  
 jenes Auftrages mir Freude bereitet hätte.  Allein,  wenn ich bedenke,  wie interessant  
 es ist,  die Entwicklung  dieser  ungeheuren,  jetzt  zu Russland  gehörenden Länder  zu  
 verfolgen,  sie gleichsam in  ihren  ersten,  embryonalen  Zuständen  studiren zu können und  
 dabei nothgedrungen  zu  einer Auffassung  und Beurtheilung  der  principiellen Richtung  zu  
 kommen,  nach welcher der jugendliche Organismus ein europäisches Gepräge erhalten soll,;  
 so bleibt mir gerade das genauere Bekanntwerden und Eingehen in diese principielle Riih-  
 tung  ein  zur Erkenntniss  nnd  richtigen  Beurtheilung  des Ganzen  nöthiges,  ja  allein  nur  
 mögliches Mittel, und einer Kenntniss der Entwicklungsgeschichte des Amur muss die-der  
 obwaltenden Motive und Maximen, nach  denen diese Entwicklung angestrebt wurde, vorangehen. 
 So verstrich denn der Sommer unter den verschiedenartigsten Beschäftigungen. Zweimal  
 wurden die Excursionen bis zum Ende des Gebirges vollführt,  öfters vom rechten Ufer  
 aus in die M andshurei vorgedrungen und soviel, wie möglich an Notizen und Sammlungen  
 zusammengebracht. 
 Der Herbst nahte und ich wurde um  den Transport  meiner Sammlungen  besorgt,  da  
 diese so  umfangreich geworden waren,  dass ich sie,  falls die Reise  im Winter mit eigenen  
 Pferden vor sich gehen sollte,  nicht hätte fortbringen können.  Es war deshalb  ein. grosses  
 Glück,  dass noch am 29. September das Dampfschiff «Amur»  zum dritten Male in diesem  
 Sommer  die Strecke zwischen N icolajefsk  und  B lagow estschensk zurücklegte und am  
 Abende dieses Tages bei meiner Wohnung anlegte, um Feuerungsmaterialien einzunehmen.  
 Ich schaffte also meine Collectionen  auf dieses Dampfschiff,  liess  den Kosaken Wasili  in  
 meiner Wohnung  und  reiste  mit A lexei  nach B lagow estschensk,  woselbst  ich  meine  
 Sammlungen gut deponiren wollte,  bei  ihnen  den Kosaken zu  lassen  gedachte  und  selbst  
 zurückzukehren beschloss, meine Arbeiten zu  beschliessen,  um dann  im  ersten Winter  zu  
 Lande jene  Stadt  zn  erreichen,  und  die  weitere Reise  einleiten  zu  können.  Dieses  Alles  
 geschah ohne besondere Störungen  und nachdem ich am 5. October in B lagow estschensk  
 angekommen war,  dort  bis zum  7.  geblieben,  erreichte ich mit der Schaluppe  des Dampfschiffes  
 am  12.  October  meine Wohnung  wieder,  als  bereits  geringer  Eisgang  auf  deip  
 Amur stattfand. Nun blieb ich  noch bis zum  IQ. November im Bureja-Gebirge,  ergänzte  
 die Notizen über die B irar-T ungusen, schrieb  einen Jahresbericht über  die Amurreise,  
 richtete  Alles  zur  Abreise  ein  und  verliess  am  10.  Abends  meine  Wohnung.  Erst  am  
 14. Abends erreichte ich,  aufgehalten durch Schneestürme,  den Paschkowa-Posten,  kam  
 dann  nachdem  einige Veränderungen  an  unseren Schlitten  vorgenommen  waren,  in  den  
 K asatkina- (Chaltan-) Posten,  gelangte am  20.  zur Bureja-Mündung  in  den  dort  errichteten  
 Posten Skobelzina  und  sejzte  Tags  darauf  die Reise  weiter  nach Blagowestschensk  
 fort, wo ich am l.December eintraf, nachdem  die Ansiedlungen K uprianow a,  
 Pojarkow a, K onstantinofskaja und N ism ennaja  passirt worden waren und  ich  dann  
 auf  gut  befahrene  Strassen  gelangte,  welche  die  chinesischen  Dörfer  unterhalb  und  
 oberhalb  Aigun verbinden. 
 .Die Strecke zwischen B lagow estschensk und U st-S trelk a wurde vom 6.—25. De-  
 cember langsam zurückgelegt,  indem ich von  einer zur  ändern Kosakenstation Pferde  oder  
 Ochsen als Vorspann erhielt und je nachdem diese bei ihrem geschwächten Zustande noch  
 fähig zum Ziehen und Gehen waren, langsamer oder rascher vorwärts kam.  InU st-S trelk a  
 hatte  die  mühsame Reise  ein  Ende,  denn  hier  fand  man  gute,  an  den Kosakenpostdienst  
 bereits  gewöhnte  Thiere.  Nach  mehrtägiger  Ruhe  verliess; ich  am  29.  December .U st-  
 Strelka,  kam  am .®; Januar  1.859  nach T schita,  am  10. Januar  dann  nach W erchne-  
 Udinsk,  wo ich bleiben musste,  weil der B aikalsee diesmal noch nicht,  trotz  der vorgeschrittenen  
 Winterzeit, zum Stehen gekommen war und  erst am  15. Januar konnte ich ihn  
 passiren, worauf.ich nm  17.  Januar  1859  früh in Irk u tsk  anlangte. 
 Die  bis  dahin  von  mir  besuchten  Landschaften  des  Südens  von  O stsibirien  hatten  
 mich durch die Gesammtzüge  ihrer Faunen-  und Floren-Charaktere  in doppelter Hinsicht  
 aufmerksam gemacht.- Einmal darauf,  wie zwischen  dem  50° und 51° nördl. Br.  sich überall  
 hier ein prägnant ausgesprochener Wechsel  ebensowohl in der Thierwelty wie auch besonders  
 in  der Pflanzenwelt  manifestirt  und  in  wenig südlicheren  Breiten  das  rasche  und  
 häufige Auftreten neuer,  dem übrigen Sibirien gänzlich fehlender,  oft  sehr südlicher Formen, 
   einen wesentlich abweichenden,  südlichen Typ  der  organischen Schöpfung  verleihen,  
 dem  indessen  noch die  meisten  nordischen  sibirischen,  ja  selbst  einige  polare Thier-  und  
 Pflanzenformen bleiben.  Zweitens aber auch,  wie sich  gleichzeitig  mit  der Eigentümlichkeit  
 der Configuration und Beschaffenheit des Bodens  der  hohen  GobiSiftalle  an  diese  sich  
 knüpfenden,  auszeichnenden  Faunen-  und Floren-Charaktere  der  m ongolischen  Hochsteppen, 
  tief gegen Norden,  mit dem  Vortreten  des  NO.-Endes  der  hohen  Gobi  in dieser  
 Richtung,  erhalten,  und  in  ihren  Verbreitungsgrenzen  sich  scharf gegen  die  Thier-  und  
 Pflanzenwelt des waldbedeckten D auriens absetzen,  j 
 Hierzu  gesellte  sich  das Interesse,  welches  bei  der  Besteigung  der Scheitelhöhe, im  
 südlichen Apfel-Gebirge erregt wurde.und der Verbreitung einzelner Thiere und Pflanzen  
 in  verticaler Richtung galt,  und die Idee,  für die  westlicher von meinem  bis  dahin durchv* 
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