
 
        
         
		seltener der Wolf, ja für die Kämme des Sajan,  sowie  flir  die alpine Region der B aikal-  
 Gebirge  und  des  Apfel-Gebirges  darf  er  nur  als  zeitweise  ausschweifender Irrling  angeführt  
 werden,  und  fehlt  in  schneereichen Wintern  selbst  in  den  viel  tieferen,  dann  vom  
 Rothwilde  verlassenen  Gebirgsgegenden.  In  einer  Höhe  von  4000 — 5000'  im  obern  
 und mittlem  Oka-Thale wird der Wolf schon ein arger Störer  der Heerden,  die  die B u rjaten 
  hier weiden lassen,  und  greift  vornehmlich  die jungen Pferde  an.  In  der Höhe  des  
 Baikalniveau finden wir  ihn  um  den  ganzen See häufig,  auch  die Insel Olchon  bewohnt  
 er.  Hier, wie dort im Sajan rottet er sich nicht leicht zu mehr als drei.bis vier Individuen  
 zusammen, bleibt dem Menschen  ungefährlich  und  übt  während  des  ganzen Jahres  seinen  
 Raub  vornehmlich  an  den  Heerden  der  Nomaden  aus.  Im  hochgebirgigen  südwestlichen  
 Winke]  des B aikals will man alljährlich den Wolf als Emigranten für den Winter bemerkt  
 haben.  E r  zieht*  wie  es  heisst,  hier,  wo  ihm  grössere Ebenen,  Waldränder  so  gut  wie  
 ganz fehlen,  dem Hochrothwild, namentlich  dem Elenthiere nach,  welches vornehmlich die  
 Nordseiten  der  Bergkuppen,  die  immer  dichter  bestraucht  sind  (Ainus,  Betula)  im Winter  
 sucht. Wenigstens thun dies die Weibchen der Elenthiere, welche mit dem Kalbe noch gehen. 
 Diese Thatsache beweist, inwiefern die Lebensweise  des Thieres sich nach  der localen  
 Beschaffenheit  seines  Aufenthaltsortes  modificirt.  Gewöhnlich' nämlich  steigt da,  wo  der  
 Wolf im  Sommer  hoch  im  Gebirge  weilte ,  er  zum Winter  mit  dem Reh  in  die'sanfteren  
 Hügellandschaften, wo  er in  den dichteren Unterhölzern von Larix, Pinus sylvestris  und Po-  
 pulus  tremula  am  Tage  schläft  und  Nachts  im  Vereine  mit  mehreren  anderen Wölfen  die  
 Treibjagden auf Rehe gemeinschaftlich macht, von denen  ich  weiter  unten Genaueres* mittheilen  
 werde. 
 Es kommt auch in Irk u tsk  vor,  dass hungrige Wölfe  selbst die Stadt heimsuchen;  so  
 wurde noch im Winter  1858  einer auf der Hauptstrasse dieser Stadt erschlagen. 
 In T ran sbaikalien  werden dem Wolfe die  kahlen Hochsteppen  der Mongolei,  die  
 nordwärts über den mittlem Onon hinaus sich zur Ingoda fortsetzen,  ganz besonders günstig. 
   Theils liegt  dies darin,  dass  die Natur  ihm  hier  für  die Sommerzeit  einen Ueberflu^s  
 an Nahrung in grossen Nagern (Arctomys,  Spermophilus, Lagomys) schaffte, theils auch darin,  
 dass die Menschen für die Winterzeit, wenn diese Thiere schlafen,  der Natur die Sorge ab-  
 nahmen durch die  zahlreichen Rindvieh-  und Schaf bestände,  die  sie besitzen,  nnd welche  
 dem Wolfe eine nicht minder gesicherte Nahrungsquelle bieten. 
 Auch im Apfel-Gebirge  und  dem  Chingan  ist  Canis Lupus  allgemein,  wird  aber  in  
 den Ebenen  des  oberen  Am ur  bis  zum  Bureja-Gebirge  viel  seltener,  da  ihm  hier  noch  
 die hochaufschiessenden Prairienpflanzen  des mittlem Amur fehlen,  deren Dickichte  er gern  
 zum Tagesaufenthalte wählt.  In der Uferregion  des Bureja-Gebirges  ist er gemein,  geht  
 aber nicht gerne tief in’s Gebirge,  und  wird,  wie H. v.  M iddendorff') berichtet,  in  dem  
 Scheidegebirge  der  mittlem  Amur-Zuflüsse  von  denen  die  zum  Ochotskischen  Meere  
 fliessen,  äusserst selten.  Hier scheint ihn  der Alpenwolf zu vertreten. 
 1)  Sibirische  Reise f  c.  p.  71. 
 Wie für den Bären** so  gilt  es auch für den Wolf,  dass je näher wir ihn den Ansiedelungen  
 der Menschen  finden,  wo  er Gelegenheit  hat  die  Hausthiere  zu  Überfällen,  um so  
 dreister und blutdürstiger er auch wird. Nirgend rottet er sich in Sibirien in solcher Zahl  
 zusammen  wie z.  B.  in Polen  und  dem  westlichen R ussland,  nirgend  wird  er  einzeln in  
 Sibirien dem Menschen gefährlich.  Die Wölfe des Bureja-Gebirges fürchten die wenigen  
 Pferde der B irar-T ungusen und kannten bis  1857 weder Rindvieh noch Schafe. Nachdem  
 diese Hausthiere mit den herübergesiedelten Kosaken hierher gekommen, blieben sie,  soweit  
 mir bekannt, vom Wolfe verschont;  dagegen würgten diejenigen Hunde,  welche im Winter  
 1857— 1858 den Am ur aufwärts von der Mündung des Stromes (also von den Giljaken)  
 kqmen (dreimal, von denen die des H. Baron von  Schlippenbach im Paschkow a Posten  
 blieben und von dort noch bis zur Bureja-Mündung vertheilt wurden) und das Schaf gleichfalls  
 nicht kannten,  sehr viele und wurden in Folge dessen,  da sie sich auch an die Kälber  
 machten,  mit schweren,  halsbeugenden Knütteln belastet. 
 Im Winter  fand  ich  die Wölfe  des Bureja-Gebirges  meistens  zu  dreien  bis  fünfen  
 zusammen, wie die Spuren es mir zeigten, selten nur einzeln.  Die ausgehungerten,  oft im  
 Pelze sehr dürftigen Thiere scheinen gesondert zu leben.  Jenes Zusammenleben hat seinen  
 wohlberechneten Zweck.  Sobald nämlich die Flüsse zum Stehen kommen, verliert der Wolf  
 nicht mehr die Spur des Rehes, was im Sommer dann geschieht, wenn dasselbe zeitig genug  
 noch einen Bach oder breitem Fluss,  oder am besten den Amur selbst auffindet.  Um nun  
 die Beute im Winter bequemer und rascher zu machen, jagen die vereinigten Wölfe abwechselnd  
 dem Reh nach, indem die Ermüdeten dem Vorauseilenden langsamer folgen und  einer  
 von  ihnen,  dann wieder gekräftigt,  jenen ersten ablöst.  Auf diese Weise soll oft schon in  
 wenigen Stunden das Reh durch beständige Verfolgung ermüdet sein, während selten es nur  
 einem einzelnen Wolfe gelingt ein starkes Reh einzuholen. 
 Im Sommer legt  sich der Wolf gerne  in Hinterhalt,  um die Rehe,  welche Nachts die  
 Sümpfe  besuchen,  zu  überfallen.  In  den  Hochsteppen  D auriens  wartet  er  stundenlang  
 hinter  den  aufgeworfenen Hügeln  der Murmelthiere,  um  sie  bei  dem Herausschlüpfen aus  
 ihren Bauen  zu  überraschen.  Ihn  an Geduld  noch  übertreffend,  thun  dasselbe  die Hunde  
 der  nomadisirendep Mongolen-Stämme  und  der Bussard.  In  diesen  Gegenden stellt man  
 ihm  viel  und  auf  verschiedene Weise  nach.  Früher  war  es  am  T arei-n or  gebräuchlich  
 l ’/2 Faden im Quadrat fassende und mehrere Fusse tiefe Löcher mit Steilwänden zu graben,  
 in deren Mitte man auf einem Pfahle den Köder legte und von ihm aus mit Schilf und Rohr  
 (bei  K ulussutajefsk  am  T arei-n or  und  im  obern  Argunj-Thale  wächst  solches)  das  
 Loch verdeckte.  Zuerst kommen nun Raben und Rabenkrähen zum Köder und diesen,  die  
 ihn umfliegen,, folgt der Wolf.  Er ist aber meistens gewitzt genug, um nicht ohne Weiteres  
 zum  Köder  zu  laufen  und  dabei  zu  verunglücken,  vielmehr  legt  er  sich  an den Rand der  
 ihm verderblichen Grube,  scharrt  mit den Pfoten  den Verdeck derselben und wird mit der  
 Zeit lüsterner nach dem Köder,  den die Vögel schon tüchtig bearbeiten.  Endlich entschliesst  
 er sich  zum gewagten Sprunge und fällt in die Grube.  Auch  in  dieser,  so  erzählen  glaub- 
 8*