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 durch die Quellgebirge dieses  mächtigen Stromes  im Westen  begrenzt  wird  und  sich  
 zwischen  den  Breiten  von  circa  45? — 51° bis  zu  jenen  westlichen  Verflachungen  der  
 D shungarei hin erstreckt,  stellt ein unfruchtbares,  grösstentheils  waldentblösstes Hochplateau  
 dar,  dessen nördlichere Hälfte dem Jenisei-Strome zur Wiege  dient.  Dieses Hochplateau  
 erreicht an seinem nördlichen Endo, wo  es also zum Fusse des aufgesetzten Randgebirges  
 tritt, in seinen tieferen Thalsohlen mindestens eine Höhe  von  5500—6000' engl,  
 über dem Meere und speist die Hauptquellen des Jen isei  westwärts zwischen der Tangnu  
 und E rgik-T argak-T aigan-K ette,  während von ihm ostwärts aus dem  5661' engl,  hoch  
 gelegenen  geräumigen Kossogol-Bassin die Iga (Ekhe, Jek i  oder Jik e,  d.h.  der Grosse)  
 mit der Selenga zum Baikalsee abfliessen und  dieser See  dann  durch die untere Angara  
 und  obere T ünguska mit dem Jen isei von Osten her in Verbindung tritt. Das hohe Randgebirge  
 selbst,  dessen  nördlichste  Haüptkette  zugleich  zur  politischen  Grenze  zwischen  
 China  und  Sibirien  hier  wurde,  streicht  in der Hauptrichtung WrO.  und folgt  ziemlich  
 genau dem 50— 52° nördl.  Br.,  ihm  gebühren  in  seinen  östlicheren  Parthieen  die Benennungen: 
   Sajan,  E rgik-T arg ak-T aig an ,  G urbi,  U rall, T unkinskische  Alpen.  Ihm  
 südlich  streichen  in  gleicher  Hauptrichtung  die  fast  gänzlich  unbekannten  Parallelketten  
 des Tangnu  und Ulangum oder M alakha,  in.deren  westlicheren Theilen die Wohnsitze  
 unabhängiger Nomadenvölker gelegen, während in den östlicheren  die D archaten,  Dsho-  
 ten  und  U rjänchen  hausen  und  bei  eigener Verwaltung doch  der  chinesischen Regierung  
 zinspflichtig sind.  Diese beiden letztgenannten Gebirge  und die zwischen sie geschlossenen  
 Hochländer blieben dem Europäer bis jetzt unzugänglich. Seit 1734 (Gmelin) mussten  
 sich  die wiederholt dorthin abgqfertigten Expeditionen  damit begnügen,  die nördlichste  
 der drei Parallelketten des A ltai  zu  untersuchen,  und  auch  mir  war  es  unmöglich,  weit  
 in  die  Gebiete  der  Mongolei  hier  vorzudringen.  Diese  nördlichste  der  drei  Gebirgsketten, 
   also  das östliche Sajan-Gebirge,  stellt in ihrem Hauptstocke  ein  schmales Kammgebirge  
 dar,  dessen  Südseite  meistens  in  raschen  Absteilungen  sich  zu  den  Hochländern  
 neigt, während die Nordseite bei allmählicherer Verflachung von  den schneegekrönten Höhen  
 hochalpiner  Regionen  sich  zu  einem  starkbewaldeten,  feuchten  Gebirgslande  senkt,  
 welchem  M eglitzky  ebenfalls  den  Plateaucharakter  beilegt’).  In  diesem  nun  gewinnen  
 jene  mächtigen  Zuflüsse  des  Eismeeres  in  ihren  Quellnetzen  eine  weitumfassende  
 Ausdehnung  und treten  dann  in  breiten,  wenig  gebuchteten  Betten  in  die  Niederungen,  
 welche  sich  als  moosbedeckte  Tundem,  von  wenigen  niedrigen  Gebirgszügen  hie  und  da  
 durchsetzt, bis zum Ufer des Eismeeres hinbreiten.  Jenes mächtige Randgebirge aber, dem  
 wir in seinen Kämmen  eine durchschnittliche mittlere Höhe von 9000-<t 10000' über dem  
 Meere (ich spreche  immer  nur  von  den Theilen,  welche in  meinem  Reisegebiete  gelegen) 
 1)  M eglitzky:  Geognost.  Skizze  von  Ost-Sibirien  in  den  Verhandlungen  der Kais.  Russ. Mineral.  Gesellschaft. 
   1855— 1856. 
 geben  müssen  und  das  in  seiner  Culminationshöhe sogar  bis‘11400' engl,  ansteigt,  zieht  
 nicht  allein  die  politische  Grenze  der  beiden  grössten  Reiche  der  Erde  auf einer  weiten  
 Strecke,  sondern es deutet in nicht minder scharfen Zügen grosse Unterschiede an,  welche  
 sich südwärts und nordwärts von ihm in den physikalischen Bedingungen kund thun,  unter  
 denen die  angrenzenden  Länder gelegen und unter deren Einflüssen die organischen  Schöpfungen  
 dieser Länder entsprechende Contraste zu einander bilden. 
 Hier im Süden wurde das an und für sich rauhe Klima,  wie es dem Centrum des gros-  
 sen Continents eigen sein muss,  noch  verstärkt  durch  die  hohe Gesammtlage  der Gebiete.  
 Den fast beständig klaren Himmel deckt selten nur das regen- und schneebringende Massengewölk  
 und vorherrschende Weststürme jagen die auftauchenden Nimbus-Gruppen meistens  
 den  östlich  liegenden  B aikal-  und  Kentei-Gebirgen  zu.  In  südöstlicher Richtung  wird  
 die Armuth an wässrigen Niederschlägen noch deutlicher, und je mehr wir  uns  dem westlichen  
 Theile  der hohen Gobi nahen,  um so mehr verschwinden dann auch die Quellen und  
 nur kleinere,  seichte Bächlein, welche entweder zu Seen sich sammeln,  die keinen Abfluss  
 haben,  oder die nach urd nach versiegen,  wird man hie und da gewahr. 
 Dort dagegen an der Nordseite des Randgebirges stellt das zunächst gelegene Plateau  
 ein  gleichartiges,  überaus wassersüchtiges  Gebirgsland  vor,  dem  in  unzähligen  Bächlein  
 die  mächtigeren  östlicheren  Quellflüsse  des  Jen isei  sich  in  engen  Schluchten  entwinden,  
 dessen  zusammenhängende  Höhenzüge,  von  Flechten  und Moosen  überwuchert,  meistens  
 gut bewaldet sind und die sich regelmässig im Winter in tiefe Schneedecken hüllen. 
 War es dort  am Südabhange  die Lärche,  der wir  an  den Grenzen  des Baumwuchses  
 vornehmlich  begegneten,  und  traten  wir  bei  dem  weiteren  Herabsteigen  zu  den  Flächen  
 sehr bald aus der Region  strauchender Zwergbirken  und Rhododendron,  dann in  den kräuterreichen  
 Vegetationsgürtel  engerer Thäler,  wel eher meistentheils aus subalpinen Pflanzenarten  
 besteht, um endlich zu  der anSpecies armen,  aber eigenthümlichen Flora der humus-  
 armen, hochgelegenen Flächen  zu gelangen;  so  ist  es  dagegen  hier  am Nordabhange  desselben  
 Gebirges die Dunkle der Zirbelkiefer und Pechtanne, welche uns an der Baumgrenze  
 umfängt  und  es  folgen  auf  diese  die  ausgedehntesten  Gebiete  der Moossümpfe  und Vac-  
 cinien,  welche  beide  in  den Thälern  und  an trockeneren Orten durch  Birkengehölze  und  
 kräuterreiche Wiesen unterbrochen werden. 
 Nicht  minder  deutlich  treten  die  Unterschiede  in  animaler  Beziehung  hervor,  wenn  
 wir  die  Nordseite  des  Randgebirges  der  Südseite  desselben  vergleichend  gegeneinander  
 stellen; ja selbst in dem Leben und Treiben  der Menschen  lässt  auch  hier  sich  nicht  verkennen, 
   wie einflussreich und bestimmend dafür die natürlichen Verhältnisse wurden,  unter  
 denen  die  betreffenden  Landstriche  gelegen.  Hier  an  der Nordseite,  wo  dem Kamme  des  
 Gebirges Aegoceros-Banden,  als  dem Altai-Systeme  eigen,  bis in seine östlichsten Theile  
 bleiben,  hier  begegnen  wir  bei  dem Herabsteigen  im  ganzen  gebirgigen,  bewaldeten Ge-  
 birgsplateau den Rothwildarten,  in Reh und Hirsch, im Elennthiere und auf den Höhen auch 
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