Gewicht von 10 — 11 Pud, wie von uns ein solcher am 15. (27.) August 1857 erlegt
wurde, als er durch den Strom schwamm. Hier frisst er vorzüglich die Zwiebeln von Lilium
spectabüe und der Magen der Wildschweine im Bureja-Gebirge war im Sommer damit fast
immer ganz gefüllt. Im Sommer bleiben die Eber dort gerne in den schattigsten Thälern;
alte Keiler, die abgeschlagen vom Rudel leben, sind Standthiere und kommen Mittags ein
Paar Stunden gerne an die Pfützen, die sich hie und da auf den Gebirgshöhen finden (so
auf der Chotschio-Höhe bei meiner Wohnung), oder sie legen sich in Ermanglung solcher
in die Quellen der Bäche, die sie gerne vertreten. Das Scheuern an Eichenstämmen voll-
iuhren sie dann auch vor und nach dem Baden, und haben diese sogar, wie es scheint, lieber,
als die Harzbäume. Niemals sah ich hier ihr Blatt so mit Terpentin verharzt, wie dies
in Europa stattfindet. Mit drei Uhr Nachmittags, wenn gewisse Mücken-Arten bis zum
Abend zu schwärmen beginnen, verlässt der Eber die Schlammpfützen und zieht wieder in
sein Standquartier auf die Mast. Im Herbste machen die Wildschweine imBureja-Gebirge
nicht unbedeutende Emigrationen, indem sie sich an diejenigen Orte begeben, wo die
Eicheln gut gedeihen, was nicht immer überall geschieht. Im Herbste 1858 verliessen sie
die obere Hälfte des Bureja-Gebirges und begaben sich zum Mochada. In den Thälem
des D shewin und Golin, sowie in denen der Ditschun-Bäche, wintern sie am liebsten
und bestehen die schmalen Gebirgsverflachungen, die zwischen je zwei Seitenthälchen zum
Hauptthale vortreten (Strjelka). Auf den Höhen solcher Querthälchen haben sie ihr gemeinsames
Lager, welches sie erst nach einer Störung verlassen und. ein neues wählen. Auch
die Zirbelkieferbestände besuchen die Wildschweine häufig und wühlen weite Strecken des
Bodens in ihnen um. Soweit ich Erfahrung über das Naturell und die Klugheit, sowie über
die Schärfe der Witterung der Wildschweine hier gemacht habe, so muss ich gestehen,
dass sie sehr friedlicher Natur sind, und es mir mehrmals passirte, mittelalte Wildschweine
sich mir bis auf vier Faden Weite nahen zu sehen. Dies wird man vielleicht für übertrieben
halten, und ich muss daher erzählen, wie es damit einmal seine Bewandniss hatte.. Ich
kehrte Mitte October am Sonntage von der Eichhörnchenjagd heim zu meiner Wohnung
und befand mich noch auf dem oberen Theile der Chotschio-Höhe, da, wo das Tigerthal
sich von ihr abzweigt. Es war ein trübes Herbstwetter und die Bäume nur noch dünn belaubt.
Meine Büchse hatte ich nicht geladen, weil kurz vorher ein Eichhörnchen in der Spitze einer
Zirbelkiefer dreimal damit erzielt, aber nicht getroffen war, und ich das Gewehr waschen
wollte. Der Doppellauf enthielt grobes Schrot. Ich liess mich am Abhange der Chotschio-
Höhe an einem Eichenstamme nieder, um ein wenig zu ruhen und zu rauchen; aber kaum
sass ich, so hörte ich deutlich, wie thalwärts von mir ein Thier, als ob es im Galopp laufe,
die Füsse setzte. Es war zu spät die Büchse zu laden, denn schon kam von unten her
langsamen Schrittes eine Sau auf mich zu. Ich drückte mich hart an den Baumstamm und
blieb bewegungslos. Die Sau blieb stehen, beroch den Boden, drehte ein Paar Mal mit dem
Schwänze und that dann wieder einige'Schritte. Ging sie, so konnte ich langsam die Kugeln
aus der Tasche ziehen und sie je zu zwei in den Lauf des Doppelgewehrs auf die
Schrotladung gleiten lassen. Stand sie still, so blieb ich regungslos. Die Kugeln waren
schon in beiden Läufen, aber da sie zu klein für das Caliber des Gewehres waren, so bedurften
sie eines Pfropfens, oder ich konnte nur schiessen, wenn ich den Lauf schräge nach
oben halten würde. So kam es, dass ich ruhig abwartete, bis die Sau mir vorbeigegangen
war und nun höher stand, als ich sass. Sie passirte den Baumstamm, welcher mich ihr verbarg,
in nicht einmal zwei Faden Weite von mir ganz langsam und blieb etwas weiter
stehen, worauf ich ihr die Ladung in’s Blatt gab und sie eine halbe Werst weiter verendet
fand. Nach den Erzählungen der B irar-T ungu sen ist in den letzten 30 Jahren nnr einer
ihrer Jäger vom Eber auf der Jagd getödtet worden. Der verwundete Eber geht gemeiniglich
bis zum nächsten Bache, diesen im Wasser dann aufwärts und legt sich in demselben,
so dass seine weitere Spur für Hund und Jäger verloren geht. E r verendet auch so im
Wasser.
Der Eber wird im Bureja-Gebirge auch maassgebend für die Wanderungen des Tigers,
dem er als Fundamental-Nahrung hier dient. E r ist im Winter das Hauptwild, welches
die Tungusen erlegen, falls nicht besonderes Einwandern der Rehe, wie solches bisweilen
stattfindet, diese zum Hauptjagdthiere macht.
Zu denjenigen Gegenständen, welche vom Am ur an den Kaiserlichen Hof nach P e king
gebracht werden, gehört ausser dem Flusslachs (Salmo flmiatilis, oder eine ihm nahe
stehende, neue Art), dem lebendigen Zobel und jungen Hirschen, auch wohl noch das Eberfleisch
und das Eis des Stromes. Die M andshu, die D auren und Solonen nehmen es
gerne und erpressen es von den Jagdvölkem. Sie spalten stets den Kopf der Länge nach,
um das Gehirn zu gewinnen, und lösen die Zunge ans, worauf sie die gespaltenen Hälften
wieder an einander gefrieren lassen und dieses so geschickt zu machen verstehen, dass man
nicht leicht etwas davon bemerkt. Mit Eberrippen weiheten die B irar-T ungu sen ihre
Götter ein, welche ich ihnen gemalt hatte. Das unbereitete Fell findet nur zu Decken oder
allenfalls als Schutzwand der unvollkommenen Jurten eine Verwendung.
b. Sus scrofa dumesticus Briss.
Von den Kosaken-Posten im östlichen Sajan, die über 4000' über dem Meere gelegen,
ist das Hausschwein ebenso wie von dem Nordufer des Kossogolsees ausgeschlossen.
Erst mit dem T uranskischen Posten finden wir es dann ostwärts in allen russischen
Ansiedelungen. Bei den Chinesen in M aim atschin, denen es, wie bekannt,, ein besonders
beliebtes Hausthier ist und in ihrer Küche in den variabelsten Zubereitungen eine grosse
Rolle spielt, sah ich nur das gewöhnliche Hausschwein, nicht die nackte, kurzbeinige, chinesische
Raqe. In T ransbaikalien ist es überall und auch in den Hochsteppen der
m ongolo-daurischen Grenze entlang, vorhanden; wird aber.nirgends auf dem Lande als
Stallthier gemästet. Im Jahre 1857 fehlte es in den neugegründeten Ansiedelungen bis
zum Bureja-Gebirge noch und wurde hierher, sammt der Hauskatze, erst im Sommer