132 Säugethiere.
Am 16. (28.) Juli 1856 wurde, als ich von der Höhe des Sochondo-Gebirges zum
A ltanskischen Grenzposten zurückkehrte, im Thale des Aguzakanbaches ein Nest des
fliegenden Eichhörnchens im hohlen Lärchenstamme gefunden und die Mutter sammt vier
Jungen, welche es bewohnten, erbeutet. Das alte Thier, dessen Körperlänge 183 Mmtr.
und dessen Schwanzlänge, ohne die Endhaare, nahezu 100 Mmtr. beträgt (mit den Endhaaren
125 Mmtr.) zeigt die obere Körperseite in Folge der gelbbräunlichen Spitzen der einzelnen
Deckhaare sehr abweichend vom Colorit des Thierchens im Winterpelze. Verhält-
nissmässig sind aber diese dunkel gelbbräunlichen Spitzen der einzelnen Haare kürzer als
die weissen und weissgelblichen des Winterhaares und daher scheint im Sommerpelze das
dunkle Schiefergrau, welches die Hauptfarbe der Deckhaare bildet, überall durch. Besonders
ist dies der Fall auf der Hautfalte, wo die weisslich-gelben Haarspitzen kürzer
werden. Auch auf dem Kopfe und dem Nasenrücken werden diese Spitzen heller, und ist
die Oberlippe selbst schon ganz weiss. Der dünne Pelz der unteren Körperseite weicht von
dem viel dichteren des Winterhaares in der Farbe nicht ab. Die oberen Fussseiten sind
besonders den Zehen zu grauschwarz, oberhalb wenig in’s Gelbe gestichelt, die untere
Seite weiss, die Sohlen in Sommer- und Wintertracht nackt, die Nägel weisslich. Der
Schwänz weicht bei den alten Thieren nur in der Dichtigkeit der Behaarung, nicht in der
Färbung in den verschiedenen Jahreszeiten ab; einzelne ganz schwarze, lange Deckhaare
finden sich ebensowohl auf der oberen, als auch auf der unteren Seite desselben, sind unten
aber ungleich häufiger. Auch vom mittleren Am ur, wo im Bureja-Gebirge Pieromys bereits
so selten (47° n. B.) vorkommt, dass ihn die meisten B irar-T ungusen mir nicht zu
benennen wussten, brachte ich ein Sommerfell mit, welches genau mit dem oben besprochenen
aus dem Apfel-Gebirge übereinstimmt, nur finde ich das Weiss der unteren Körperseite
reiner und am Halse höher hinaufsteigen, so dass hinter den Ohren nur eine schmale,
gelbbräunliche Bückenbinde stehen bleibt.
Bei den vier noch nicht ganz erwachsenen Jungen ähnelt der Pelz sehr dem der
Mutter. Das Haar ist verhältnissmässig kürzer, das Gelb der Spitzen nicht soweit abwärts
reichend und matter, zieht nicht mehr in’s Bräunliche. Dagegen ist das Weiss der unteren
Körperseite nicht so rein, oft, namentlich am Kopfe und Halse, leicht rauchgrau überflogen,
die Behaarung der unteren Seite der Hautfalte hat bis auf die Kandparthie eine matt gelbbräunliche
Farbe, welche den Flanken näher am intensivsten wird. Die Schwänze der jungen
Thiere weichen am meisten von denen der alten ab, sie werden auf ihrer unteren Seite
fest reim schwarz. Nur über die Schwanzwirbel hin, sowie im Basaltheile des Schwanzes
schimmert das sanft gekräuselte, graue Wollhaar des Jugendkleides durch. Nur einzelne
der seitlich stellenden Deckhaare haben gelblich-weisse Spitzen und auf diese Weise wird
der Schwanz seitlich von hellem Bande umfasst. Die obere Seite entspricht in der Farben-
vertheilung der unteren ganz. Die oberen Fussseiten sind bei den jungen Thieren überall
weissgrau gestichelt.
Die sehr übereinstimmenden Winterkleider von fünf Thieren aus dem Apfel-Gebirge
geben mir zu keinen weiteren Bemerkungen Veranlassung, wohl aber muss ich erwähnen,
dass ein sechstes Thier, welches ich im Juli 1859 bei der Besteigung des M unku-Sardik
(östliche Sajan) an der Grenze des Baumwuehses Abends erlegte, in qiner Höhe von 7000
engl., um diese Zeit hier einen Pelz trägt, welcher dem Winterpelze an Dichtigkeit ganz
gleich kommt und sich von ihm nur durch eine etwas dunklere Nüance der gelben Haarspitzen
unterscheidet. Besonders macht sich an ihm das Vorwalten von gelb am Schwänze
bemerkbar, da an diesem die meisten Haare bis auf einen geringen Theü der Basis licht
lehmgelb sind, nur wenige von ihnen in ihrer vorderen Hälfte schwarz und noch weniger
ganz schwarz werden. Auch die oberen Fussseiten dieses Thieres sind mehr weiss als grau.
Das fliegende Eichhörnchen wurde von mir überall im waldbedeckten D aurien, den
Baikalländem und dem östlichen Sajan-Gebirge angetroffen oder erkundet, aber es bleibt
der Hochsteppenfeuna D auriens fremd. Am häufigsten traf ich es im Apfel-Gebirge an,
im Quellande der Ingoda z. B., wo es weniger die Birkenbestände als die der daurischen
Lärche zum Aufenthaltsorte wählte. Am mittlern Ononlaufe in dengmgegenden von Ak-
schinsk und.Mogoitui traf ich es, den Ansiedelungen ganz nahe recht häufig an und kam
es Abends selbst in die Gemüsegärten der Kosaken. Es fehlt auch nicht dem unteren
S chilka- und Argunjlaufe entlang; aber in dem Bureja-Gebirge bleibt es, wenigstens in
denüferparthieen dieses Gebirges, eine grosse Seltenheit und dürfte mit dem 47° nördlicher
Breite wohl s e i n e Aequatorial-Verbreitungsgrenze erreicht haben. Hier nun werden auch die
beiden Baumarten, nämlich die Weissbirke und die Lärche, welche Pteromys allen anderen
zum Aufenthalte vorzieht, schon sehr viel seltener und dürfte darin das nur vereinzelte Vorkommen
des Thierchens seine Erklärung finden. An der Baumgrenze im östlichen Sajan
ist es auf die Nahrung angewiesen, welche ihm die Zwergbirke und Lärche in ihren Zäpfchen
und Knospen bieten. Auch hier verliess es erst nach Sonnenuntergang seine Schlupfwinkel
und sprang von Baum zu Baum.
Zur Nestausfütterung bedient sich das fliegende Eichhörnchen des trockenen Mulmes
der hohlen Lärchenstämme; sein Fell ist werthlos.
3 8 . S c iu r u s v u lg a r is L.
Bei den m ongolischen Völkerstämmen der Baikal-Gegenden T ran sb aikalieiis, der M ongolei
und bei den D aüren und S'ojoten: Kirmi oder Chtrmi.
Bei den Völkern tnngusischer Abkunft: Uluki, hiermit nabe verwandt ist auch die Benennung der
Mandshu: Uluchi.
Bei den C hinesen: Chuidshü.
Die Literatur, bezüglich auf die verschiedenen Kleider der Eichhörnchen, ist in
neuerer Zeit ebensowohl für den Hochnorden A siens, wie für den Südosten S ibiriens so
bedeutend angewachsen, dass etwas Allgemeineres sich nicht leicht den hierüber handelnden,
Arbeiten der Herren v. Middendorff und L. v. Schrenck zusetzen lässt ). Ich will daher,.
1) v. M iddendorff’s.Sibirische Reise ü . p. 79 ff. und L. v. Scbrenck’s Reisen und Forschungen im
Amurlande Bd. I. 1. Lief. p. 119 ff.