198 Säugethiere.
Zacken am Aussenrande, was denn die Gestalt der letzten Schmelzschlinge etwas ändert,
wie solches in unserer Abbildung (Taf. VI.) dargestellt ist. Form und Zahl der Prismen
sind am zweiten und ersten der oberen Backenzähne in beiden verglichenen Gebissen nicht
verschieden und reihen sich in beiden an die bei den Arvicola-Arten gewöhnlichen Verhältnisse.
Im Gaumen zähle ich acht Falten, die erste von ihnen ist triangulär mit weit nach
vorne gezogener Spitze und etwas verlängerten Flügeln an der Basis, die beiden folgenden
gerade und ununterbrochen, die drei dann folgenden in der Mitte getheilt, mit ihren inneren
Enden nach hinten gerichtet, die siebente ist kürzer, die achte mit ihrem inneren Ende
nach vorne gerichtet, berührt die sechste, so dass die siebente mit ihrem gerade gestellten
Ende zur Berührungsstelle der sechsten und achten vortritt.
Von den sibirischen Geschlechtsgenossen kann diese Wühlmaus schon ihrem äusseren
Baue nach auf den ersten Blick durch die grossen Ohren, die langen weissen Schnurr-
borsten, ihre gedrungene Gestalt, den dicken kurzen Schwanz und das Mausgrau der oberen
Körperseite, sowie das Weiss der Extremitäten und des Bauches unterschieden werden.
Von der Mus alliarius Pall., die von keinem der späteren Beisenden aus O stsibirien mitgebracht
wurde, unterscheidet sie sich durch den kurzen stumpfen Schwanz, welcher bei
jener 1 Zoll 4 Lin. nach P allas messen soll. Bei dieser Gelegenheit muss man aber auf
die nicht übereinstimmenden Angaben, die P allas in seiner Beschreibung1) der M. alliarius,
den Schwanz anlangend macht, hindeuten. In der Beschreibung heisst es: cauda brevis,
unten bei den Maassen wird er zu 1 Zoll 4 Lin. gemessen und in der Abbildung von über
halber Körperlänge gezeichnet'. Nimmt man die erste dieser Angaben, so könnte man, da
alles Uebrige zu Mus allianus trefflich passt, das Thier von den Sajanischen Alpen als
solches bestimmen. Indessen sind die beiden anderen Angaben (das Maas und die Zeichnung)
dem ganz zuwider. /Später führt D esm arest zwar in den «Caractères essentielles» für
Mus alliarius Pall.2) die Worte auf: queue égale au tiers de la longeur totale du corps, in den
Maassen aber wiederholt er die Angaben Pallas, nach denen diese Wühlmaus eine Körperlänge
von über 4 Zoll hat. Bei unseren zwei Thieren beträgt die Schwanzlänge ohne Endhaare
kaum 1/4 der Körperlänge. S chinz3), welcher D esm arest’s Angaben, bezüglich auf
die Länge des Schwanzes, in der Diagnose wiederholt, giebt das Maass der überragenden
Endhaare des Schwanzes (6 Lin.) fälschlich als die Schwanzlänge selbst an.
W ir sind demnach genöthigt, einstweilen diese Art von der bis jetzt nicht wiedergefundenen.
alliarius Pall, zu trennen, obgleich der Gedanke sich aufdrängt, dass Irr-
thümer, denen P allas, wie jeder Andere unterworfen war, sich in die Tabelle de! Maasse,
die er für seine Mus alliarius giebt, einschleichen konnten, die in die Abbildung übergehend,
sich dann in die spätere Literatur verbreiteten, und da die sibirische Art unseres Wissens
nicht wieder nach Europa kam, einer späteren Berichtigung noch harren, welche, die
1) Nov. spec. e glir. ord. p. 253 und Taf. XIV. C.
2) Mammalogie p. 284.
3) Systematisches Verzeichniss aller Säugethiere Bd. ü . p. 245.
Arvicola (Hypudaeus) Brandii. 199
Maasse entweder bestätigend, dann sicher die Mm alliarius P. von meiner Arvicola macrotis
trennen muss, oder sie beide, mit einer Correctur der Angaben Pallas und seiner Zeichnung,
zu einer Art vereinigen wird.
65. Arvicola (Hypudaeus) Brandt! n. op. Tai. VII. Fig. 3 a -— k.
Hyp. auriculis vellere paululum longioribus, palmis pentadactylis, plantis nudis, rnpra flavi-
cans, leviter cinereo indutus, pilis nigris, elongatis iniermixlis, cauda brevi.
Bei den Mongolen: Olbi.
Diejenigen zahlreichen Exemplare einer Hypudaeus-Art, welche ihrer Lebensweise
nach zu den Lemmingen gehört, ihrem Zahnbaue nach aber ein ächter Hypudaeus ist, und
die zeitweise wandernd um den T arei-nor erscheint, muss ich nach dem Vergleiche mit
in Spiritus bewahrten und im Balge vorhandenen Exemplaren des Hypudaeus migratorius
Liehst. = Georychus luteus Eversm. von diesem durchaus verschieden und als eine bis dahin
nicht gekannte, der Gobi angehörenden Species halten, welche ich meinem verehrten Gönner,
dem Herrn Akademiker v. B randt, zu Ehren Hypudaeus Brandti nenne, und nun im
specielleren Vergleiche mit Hypudaeus migratorius Liehst, genau erörtern will.1)
1. Vergleichung des äusseren Baues beider Arten:
Totallänge ohne hervorstehende Schwanzhaare..........................................................
Kopflänge. ............ ......................................................... . - . . . . . . . . . . . . .
Grösste Kopfbreite am Grunde des Ohres '................................ .....................
Abstand der inneren Augenwinkel von einander......................................................
Nasenränder (vorne an den Aussenrändern der nackten Nase gemessen)..........
Grösste Ohrhöhe ......................... ................................................................................
Grösste Öhrbreite........................................................................................................
Längste Bartborsten ......................................................... ..............................
Grösste Breite des Vorderfusses, (auf der Sohle gemessen)....................................
Länge des Vorderfusses mit Nagel.......................................... . . ............................ ..
Länge des Hinterfusses mit Nagel .............................................................................
Länge des Schwanzes ohne Endhaare............... ............................................
Vorstehende Endhaare .......................................................................
Hypudaeus
Brandti
mihi.
Hypudaeus
migratorius
Liehst,
130 113
; 32 30
16 ,23
10 13
2,75 K p l |
11 5
10 5
30 ' 42 -
4,5 .7...
10 12,5
19 21
25 10
6 7
Unsere Art wird sich aus diesen Maassen schon leicht erkennen und von H. migrato-
rim unterscheiden lassen. Sie ist im Ganzen genommen schlanker als die Lemminge, jedoch
gedrungener als die meisten Wühlmäuse gebaut. Die Füsse sind viel feiner, als bei dem
H. migratorius Liehst.; der Kopf endet spitzer, die Lippenhaare sind weniger steif, wodurch
die Schnauze um fast Vjmal schmäler, als bei der w estasiatischen Art ist. Der Kopf ist
kürzer, weniger hreit, die Ohren, sehr viel grösser, werden vom davorstehenden langen
1) B. migratorius ist ein von Myodes obensis sicher ganz verschiedenes Thier.