XXX Einteilung.
menen an Pflanzen- nnd Insecten, dass ich recht froh über die Wahl meines jetzigen Aufenthaltortes
wurde.
Nachdem dem Tungusen Iwan und dem Kosaken W asili die näheren Anordnungen
für die Zeit meiner Abwesenheit gegeben worden waren, konnte ich in dem grossen Boote,
versehen mit allem Nöthigen, in Begleitung der beiden Kosaken N icolai und Alexei die
Reise zur ÜSsuri-Mündung am 5. Juli Nachmittags antreten, und hatte meinen beiden
zurückbleibenden Leuten ebensowohl die getreue Ueberwachung unseres Eigenthumes, als
auch die nöthigsten Vorbereitungen zum später gemeinschaftlich auszuführenden Bau unseres
Hauses übertragen. An Fischen und Wild sollte soviel wie möglich zusammengebracht
und gesalzen werden. Am 7. Juli Abends erreichte ich das SO.*Ende des Bureja-Gebir-
ges, blieb hier den 8. bis gegen Abend auf den Verflachungen desM o-chada und machte
eine reiche Ausbeute an Insecten in diesen menschenleeren, schönen Gegenden. Von nun
an befänden wir uns in ausgeprägtester, m ittjelam urischer Prairienlandschaft und indem
wir der Strömung folgten, gelangten wir am 11. zum Sungarisehen Kosaken-Pikeft'‘f Die
Einförmigkeit der Ufer erlaubte uns zu eilen, und nur da, wo einige Gebirgsparthieen zum
Ufer vortreten, rastete ich einige Zeit, um von Neuem die Natur in Augenschein zu nehmen.
Sehr bald wurde ich indessen darüber klar, dass hier zur Sommerzeit es verhältniss-
mässig viel weniger zu thun gäbe, als im Bureja-Gebirge, und dass die Prairien wie die
Steppen und alle Flachländer im ersten Frühlinge auf ihre naturhistorischen Raritäten und
Eigenthümlichkeiten zu untersuchen sind.
Einen günstigen Westwind zeitweise benutzend, legte ich die Strecke vom Sungari-
schen Piket bis zur Ussuri-Mündung bis zum 13. Juli Abends zurück und kam am 14.
früh zn dem hart am Fusse des Chöchzier-Gebirges und an der Mündung des U ssuri auf
rechtem Ufer gelegenen U ssurischen Piket, wo ich etwa eine Woche zu bleiben gedachte.
Bis zum 21. Juli wurde hier nun excnrsirt, die Höhe des Chöchzier Gebirges erstrebte
ich, indem ich dem Bachgerinne, welches zwischen dem russischen Piket und
dem m andshurischen Posten Turme zum U ssuri mündet, folgte; erreichte aber nicht
ganz die Höhe (natürlich der Ufergebirge nur) und gerieth in so verwachsene Urwaldgestrüppe,
dass das Umkehren gerathen erschien.
So nöthig es nun freilich in diesem Falle war, der Reise zum U ssuri Zeit und Mittel
zu opfern und so unerlässlich solche grösseren Excnrsionen überhaupt sind, wenn es sich
darum handelt, weite Gebiete in ihren ganz allgemeinen Eigenthümlichkeiten aufzufassen,
so muss ich doch gestehen, dass dabei an wirklichen Ergebnissen nicht viel erzielt werden
konnte und ich unvergleichlich mehr da zusammenbringe} wo ich mit den Oertlichkeiten
bekannt bin, deshalb auch schon vorher weiss, was heute hier, morgen dort zu thun sein
wird. Es ist dies letztere Verfahren das bei Weitem vorzüglichere für die systematisch
betriebene Ausbeute, die wir erzielen und welche schliesslich doch von wesentlicherem Interesse
wird, als ein flüchtig gemachter Einblick in die weiten Bäume einer uns durchaus
unbekannten Natur. Ich gab daher auch ohne Weiteres die Idee ganz auf, das B ureja-
Itinerär, historischer Gang der Reise. xxxi
Gebirge nach überstandener Winterung zu verlassen, wurde vielmehr jetzt schon darin bekräftigt,
in ihm ruhig zu bleiben und möglichst meine ganze Thätigkeit .ihm zuzuwenden.
War uns bei unserer Hinreise zum U ssuri sowohl Strömung als Wind günstig geworden,
so änderte sich dies hei unserer Heimkehr zum Bureja-Gebirge und ich hätte die
Rückreise wohl kaum mit den beiden Kosaken im schweren, befrachteten Boote vollführen
können, wenn mir nicht durch Herrn K isseleff, dem Kommandeuren des Ussuri-Postens,
zwei heimkehrende Fusskosaken freundlichst bewilligt worden wären, die gegen Vergütung
erwünschte Dienste leisteten. Am 21. Juli traten wir diese langweilige Rückreise an und
kamen nach mancher Mühe am 9. August zu unserem Ansiedelungsplatze. Die beiden hier
zurückgebliebenen Leute hatten bei der Fischerei ein arges Abentheuer bestanden, indem
ihnen einer der grossen Amurhausen (Ac. orientalis) viel zu schaffen gemacht hatte und sie
dabei mit ihrem leichten Fahrzeuge umgeworfen wurden. Dank sei es der Geschicklichkeit
meines lieben T ungusen Iw an, er hatte den plumpen Steppenkosaken W asili vom Ertrinken,
gerettet, und beide liessen den Fisch sammt Apparat davon ziehen. So waren wir
denn Gottlob wieder gesund beisammen,
Am 10. August wurde der Bau unseres Winterquartiers frisch in Angriff genommen.
Die Ziegeln für den Ofen waren während meiner Abwesenheit gemacht worden, und weil
die 40 Balken des Flosses nicht ausreichten, um ein geräumiges Häuschen zu bauen, ich
das frische Krummholz aus den nächsten Umgegenden nicht verwenden wollte, so hatte
ich den Boden in der Grösse unseres Hauses eine Arschin tief ausgraben lassen, mir dadurch
Zeit und Mühe erspart und für den Winter doch auch eine etwas wärmere Temperatur
gesichert.
•Unser Wohnort nahm nun bald ein anderes Ansehen an. Die grosse Blattsäge zerlegte
einige Balken in Planken, das Haus wurde abgebunden, die Thür und Fenstergerüste kunstgerecht
vom nun seligen N ikolai in einander gefügt,, unser Glasvorrath kam zu Ehren,
und bald ging es an die Construction des Back- und Küchenofens, den wir aus fettem,
trockenem Lehm schlugen. Später zogen wir die Bretterwand, welche die Küche von meinem
Zimmer trennte, und nun bauete ich mir noch, der Nordseite meines Zimmers entlang,
einen prächtigen chinesischen Ofen, welchem mit Recht das Prädicat eines Universal-Meu-
bels beigelegt werden darf, da er Tisch, Divan, Bett und Promenade auf sich vereinigte.
So kam denn der 1. September, an welchem Tage wir das fast fertige Haus bezogen
und das erste frische Brod aus dem Ofen nahmen. Ein Nothdach wurde über die Decke
unserer Behausung gemacht und so hoffte ich denn dem Winter getrost entgegen leben zu
können, da die Jagd ergiebig war und wir mit anderer Provision, wenn auch nicht reichlich,
so doch genügend versehen waren.
Nachdem wir Alles eingerichtet hatten, immer auch soviel als möglich die Collectionen
gefördert wurden, begann dann jene freudenreiche Zeit der Herbstjagden, die bis zum harten
Winter währte, .und während welcher wir vielfach Gelegenheit fanden, uns genaüer mit den
nächsten Umgegenden unseres Wohnortes im,Bureja-Gebirge bekannt zu machen. Zudem