
2 . Das obere D itschun-Thal (links) 8 Werst unterhalb meiner Wohnung.
3. Die Salbatsche (obere) Höhe, südöstlich von der Schachscha-Chada-Höhe.
4. Das Dshewin-Thal (rechts) schon in der unteren Hälfte des Gebirges.
5. Vornehmlich das Golin-Thal, wenige Werste oberhalb des M o-chada, welcher
auf linker Seite das Ostende des Bureja-Gebirges bildet.
6 . Das Mo-chada-Gebirge.
Er schweift ausserdem überall in einzelnen Exemplaren umher und wurde, wie schon
oben gesagt von mir im Verlaufe von 18 Monaten 14 mal begegnet, ohne dass ich seiner
Spur je nachgegangen wäre. Aus der Zeit meines dortigen Aufenthaltes ist mir noch Folgendes
über das Vorkommen des Tigers am mittlem Amur bekannt geworden. Im Januar
1858 zogen einige B irar-T ungusen in die Gebirge oberhalb des Dshewin-Thales um
Eber zu erlegen, kehrten aber schon Tags darauf am 6. (18.) zurück, weil ihnen über Nacht
eines ihrer Pferde durch den Tiger gewürgt wurde. Im Februar desselben Jahres erlegte
einer meiner bekannten B irar-T ungusen 2 junge Tiger, als er vom Ostabhange des B ureja
Gebirges in die Ebenen des Sungari trat. Diese jungen Thiere waren vom vorigen
Jahre und mochten etwa ein Alter von 9— 10 Monaten haben. Ihre Grösse übertraf die
eines ausgewachsenen Luchses, der Schwanz überragte das Fers'engelenk um Einiges, auf
ihm sah ich nur 6 breite Ringelzeichnungen, diese sowohl, wie noch mehr die Querbinden
des Körpers waren zwar viel breiter, als bei alten Thieren, aber heller und weniger scharf
begrenzt. Das Gelb der Grundfarbe zog fast in’s Guttigelb. Ich konnte leider durch kein
Gebot von dem D äuren, welcher diese Tiger bei dem B irar-T ungu sen, sammt der ganzen
übrigen Ausbeute erpresst hatte, erstehen. Indessen erfuhr ich doch soviel, dass im
Gebiete dieser D auren, welche 15 — 20 Tagereisen im SW. leben, weder Tiger noch Bär
vorkämen. Dies sowohl, sowie auch die Kenntniss der den Hochsteppen eigenen Antilopen-
Art, der Manul-Katze etc. lässt mich schliessen, dass diese D auren, welche mit den K al-
chasen am D alai- und B u ir-n or Beziehungen haben, den Hochsteppen der Mongolei
ähnliche Länder bewohnen.
Auf dem rechten Amurufer an der Mündung der Sungari zeigten sich im Januar
1858 allnächtlich zwei grosse Tiger bei dem durch die Chinesen hier errichteten Posten.
Am U ssuri wurden im Winter 1857— 1858 die Dörfer Turme, Dshoada, Kinda etc,
von einem hier stationär gewordenen Tiger sehr belästigt, auch weiter aufwärts ein anderer
erlegt. Endlich trafen die Prophezeihungen der B irar-T ungusen für den Ort, an welchem
ich mich angesiedelt hatte ein. Sie sagten mir nämlich, dass zum Frühling die Tiger von
der Salbatsche-H öhe (gegenüber meiner Wohnung auf der rechten Seite) zu mir kommen
und meine Pferde würgen würden. Am 14. (26.) April fand das statt. Mein unvergesslicher
Grauschimmel, die Freude der Gesellschaft im langen einsamen Winter, wurde einer solchen
Bestie zum Opfer. Es muss noch bemerkt.werden, dass im unteren Theile des B ureja-
Gebirges die Tigerspuren im Sommer 1857 häufiger als die Behspuren angetroffen wurden
und dass die Seltenheit der letztem vielleicht eine Folge der Häufigkeit der erstem sein
dürfte. In den Ebenen oberhalb des Bureja-Gebirges wird er seltener und stellt sich nur
zeitweise ein, so erschien er im Herbste 1857 in der Nähe der Jurten der B ira r-T u n gusen,
welche hier an dem Orte den man Adingna nennt, wohnen. Er richtete viel Unheil
an, zerriss am hellen Tage die Pferde der armen Leute, aber Niemand wagte ihn anzugreifen.
Ich vermuthe es sei dies derselbe Tiger gewesen, dessen Winterfell ich oben
beschrieb, denn später lebte einer während des ganzen Winters auf einer gut bewaldeten
Insel, welche gleich unterhalb des Chaltan-Postens, sehr nahe am linken Ufer gelegen.
Dieser Tiger war, als er im April bei einem Treibjagen von den Kosaken erlegt wurde,
ausserordentlich mager und hatte den einen der Hinterfüsse sich an den hervorragenden
Eisschollen auf dem Amur verletzt. E r raubte Nachts mehrere Male Hunde im Dorfe der
Kosaken und war bereits so geschwächt, dass er die Angriffe auf Pferde und Rindvieh un-
terliess. Oberhalb der B ureja, wo wir bald in Flächen treten, welche nicht mehr die Uep-
pigkeit der Prairien-Vegetation des mittlem Amur besitzen, ist (1er Tiger zwar bekannt,
allein schon ein so seltener Gast, dass ich sichere Facta seines Vorkommens hier nicht
mehr ermitteln konnte. Die neugegründeten Kosakenansiedelungen und dazugehörigen Heer-
den hatte er nicht heimgesucht. Ueberhaupt scheint es, der Tiger meide kahle Hügelländer.
Nach dem schon oben-über sein locales Fehlen im Dauren-Gebiete am obem Sungari,
Erwähnten, wozu sich noch die Thatsachen gesellen, dass auch in den nackten Hochsteppen
des russischen D aurien die Tiger nicht, soweit die-Erkundigungen reichen, angetroffen
werden’) und ihr Fehlen in den gleichfalls wenig nur bewaldeten Uferflächen eines Theiles
des Amurstromes zwischen derD seja- und Bureja-Mündung statthat', lässt sich die eben
ausgesprochene Vermuthung wohl begründen. D enM onjagern und O rotschonen, welche
die Ost- und Westverflachungen des Chingan bewohnen, ist er wohl bekannt und bei ihnen
finden wir auch Gebräuche, welche dem Aberglauben an den Tiger huldigen, indem diese
Menschen nicht nur das Thier, sondern auch seine Fährte dermaassen fürchten, dass sie
bei zufälliger Begegnung derselben die Hälfte ihrer Ausbeute, welche sie gerade mit sich
führen, opfern,indem sie diese auf die Fährte legen. Aus ihrem Gebiete sind mir denn auch
noch einige Thatsachen über das Vorkommen des Tigers bekannt geworden. So wurde am
unteren A rgunj, oberhalb der U st-S trelk a’schen Grenzwacht in den letzten der vierziger
Jahre im December-Monate ein Tiger schlafend gefunden, er hatte sich einen sonnigen,
trockenen Abhang dazu erwählt und wurde erlegt. Ein zweites Exemplar erlegten im Jahre
1844 zwei Bauern, unweit des Dorfes Ischaga, welches in der Nähe von N ertschinski-
Sawod gelegen und mithin dem Ostwinkel der waldentblössten Hochsteppe sehr nahe
kommt.
Für die westlichen Grenzgebiete im südlichen Apfelgebirge und das Selenga-Thal
sind mir keine Beispiele über das V orkommen des Tigers in neuester Zeit bekannt gewor1)
P a lla s zwar (Zoogr. S. 16.) erwähnt das Vorkommen des Tigers am D a la i-n o r und A rg u n j. Vergessen
wir aber nicht, dass ihm sich hier und in den Niederungen des oberen A rg u n j hohe Geröhre in
Menge bieten und er wenig ostwärts die waldbedeckten Länder der eigentlichen M a n d s h u re i schon betritt.