
Flachvorländem. Thäler, die in dieser Hinsicht den Jägern wohl bekannt, sind namentlich
die der S albatsche- und Ditschun-Bäche. Die Bären kennen die ziemlich vereinzelten
Standorte der Aepfelbäume eben so gut, als die B irär-T ungusen; sie waren die Ursache
davon, dass es mir nicht gelang die Saamen dieser schönen Art in grösserer Menge zu besorgen,
weil die frisch gefallenen Aepfel sehr gierig von ihnen gefressen wurden. Man endet
unter solchen Bäumen die im Laufe des Sommers hoch aufgeschossenen Pflanzen dann
ganz zusammengetreten und wie die Excremente lehren, geht der Dachs und Fuchs, so wie
auch Canis procyonoides ebenfalls gerne hierher, um, wie die B irar-T ungusen sagen, den
Zucker (Schatltn) zu gemessen.
Schon mit dem 25. August (6. September) 1857 blieben die Fährten der Bären in den
nächsten Umgegenden meiner Wohnung, welche;sieimmergeme auf’s Neue wieder benutzen,
merklich unbetreten. Man sah selten frische Spuren und frische Faeces, welche letztere
dann stets ausser einer Menge Hasselnussschalen und Weintraubenkernen auch .die Schalen
der Holzäpfel enthielten. Es wäre hier noch der Ort zu bemerken, dass im übrigen Sibirien
eine solche Herbstwanderung der Bären insofern nicht so deutlich wird, als es dort
die Vaccinien sind, welche als Nahrungsgrundlage für diese Jahreszeit dienen und diese bei
ihrer dort ganz allgemeinen Verbreitung dadurch zu keinen so localen und sehr deutlichen
Wanderungslinien Veranlassung geben. Im Bureja-Gebirge treten (48° 49° n. B.) die
Vaccinien, was ihre Häufigkeit anbelangt, ganz in den Hintergrund und kommen als Nahrung
der Bären hier gar nicht mehr in Betrag.
Nur verspätete oder einmal gestörte Bären entschliessen sich in der Uferregion des
Bureja-Gebirges zu w intto. Im Jahre 1857, welches einen feuchten und kalten Herbst
hatte, begann die Rückwanderung zu den Schlafetellen mit dem 7. (19.) October, im folgenden
Jahre währte sie ausnahmsweise bis zum 5. und 10. (22.) Novemb. bei einigen Spätlingen.
Die wilden L agar- und Murgil-Höhen, von denen her das linke Amurufer im
Bureja-Gebirge seine Bäche erhält, sind die Schlafstellen der Bären. Sie kommen zu ihnen
auch Von chinesischer Seite herüber und fürchten selbst nicht den Eisgang, um schwimmend
unser Ufer zu gewinnen. Die Weibchen mit den Jungen -legen sich ein Paar Wochen früher.
Die Spätlinge sollen fast immer alte Männchen sein.
Was das Erwachen der Bären im Frühlinge anbelangt, so findet dies schon Mitte März
im Bureja-Gebirge statt. Im Jahre 1858 wurde der erste Bär am 12. (24.) März gesehen;
die Temperaturen stiegen damals bis auf -<-10° und 12° R. während 7 Uhr früh noch
10° abgelesen wurde. In den ersten Tagen nach gehaltenem Winterschlaf schweifen
die Bären nur in der Nähe ihres Verlassenen Lagers umher und legen sich noch oftmals zu
einer bald vorübergehenden Ruhe. -
Ich füge zu diesen Bemerkungen noch einige über das Naturell des Bären an. So verschieden
in der Wahl seiner Nahrung, in der Beschaffenheit seines Aufenthaltortes; bald
in der Nähe grösser Ansiedelungen hausend, an den Anblick der Menschen gewöhnt, dann
wieder in den Einsamkeiten ungeheurer Urwälder ungestört sich selbst lebend; zeigen die
Bären der verschiedenen Gebiete, welche ich bereiste, eine eben so sehr variable Grundlage
ihres Charakters. Zwei Extreme ihres Naturells erlaube ich mir hier 'näher zu erörtern.
Im Bureja-Gebirge ist der Bär ein gutmüthiger, scheuer Pflanzenfresser, der, selbst
verwundet, lieber das Weiteisucht, als sich zur Wehr setzt. Er wird von den Eingebomen
wenig gefürchtet und nur mit kleinen Piken abgefangen. Von Jägern, welche hier bei den
Bärenjagdten verunglückt, wussten mir die B irar-Tungus en nichts zu sagen, dagegen behaupten
sie, dass die Bären des Wanda-Gebirges sehr böse seien und meinten, das käme daher,
weil man dort'die Zobel allgemein mit Fallen fange, in welchen die Bären oft ihre Tatzen
klemmten, was hier im Bureja-Gebirge nicht geschieht, da die1 Zobel nur geschossen werden.
Im Kamara-Gebirge dagegen, am südwestlichen Winkel des B aikals, erreicht der
Bär den höchsten Grad seiner Wildheit, oft, ohne angegriffen zu sein, dringt er auf einen
Kampf und setzt sich zur Wehr auf die Hinterfüsse. E r soll hier die Gewohnheit haben,
die Reisszähne in das Hinterhaupt seines Gegners zu schlagen und dann, den Schädel an
sich ziehend, ihn nach vorne reissen. Er ist hier, sowie in den bargusinschen Gegenden
bis auf die Herbstzeit, in welcher er den Vacmien nachgeht, ein vernehmlicher Camivor und
verringert die- Rindviehbestände der Ansiedelungen oft bedeutend.
Einzelne Züge aus seinem Leben habe ich gleichfalls Gelegenheit gehabt zu beobachten.
Am 15. (27.) Sept; 1858 begegnete ich zweien schwimmenden Bären und verfolgte
sie in meinem Boote. Es war ein Paar. Näher kommend, eüte das Weib voraus und wurde
von dem Männchen (dem ich bereits so nahe war, dass es sich zum Kampfe anschicken und
meinem Boote sich zuwenden wollte) durch häufiges Hinneigen zum Halse und sanftes Zausen
zum Kampfe ermuntert, flüchtete aber weiter. Zuletzt, nachdem das erzürnte Männchendem
feigen Weib heftig in den Hals biss, liess es dasselbe dann weiter schwimmen und kehrte allein
zu uns um. Uebertriebene Prüderie der Weibchen bestrafen die Bärenmännchen mit dem
Tode, wie dies die K aragassen behaupten. Am B aikalsee erklettern die Bären, wenn die
Zapfen von Pinus Crnbra reifen die Spitzen dieser Bäume und indem sie einigemale kreuzweise
die Hauer in den Stamm geschlagen, brechen sie die Spitze mit den Vorderpfoten ab.
Die grössten, auf diese Weise abgebrochenen Baumspitzen, sollen 2 Faden Länge und fast
Beinesdicke haben. So sollen auch, wie die Tungusen des obem B aik al’s mir sagten, die
Zirbelfichten, welche in nächster Nähe der Bärenlager stehen, immer auf diese Weise gekappt
sein und bisweilen'sollen die Bären 5ei ihrer Arbeit von der Höhe, wo sie dieselbe verrichteten,
zu Boden stürzen und sich zu Tode fallen.
Die Verwendung der Bärenfelle anbelangend, bemerkeich Folgendes:
Kurzhaarige, tiefschwarze Sommerfelle, die sehr schlecht gegerbt und hart waren,
dienten den Mandshu, welche als Handelsleute zum mittlern Am ur kamen, allgemein zum
Ruhen. Kein Bär im Winterhaar wurde bei ihnen bemerkt. Bei den B irar-T ungusen sind
grosse Bären im Winterhaare nicht leicht verkäuflich. Die zu diesen Menschen als Beamte
und Kaufleute kommenden Solonen und D auren bestellen sie schon im Voraus und den
B irar-T ungusen war aus dem Handel mit diesen Fellen die Gegend der Kalchas-Mon