ausgeschlössen. Sie meidet sumpfige schattige Orte, am liebsten weilt sie an sonnigen, gut
bestrauchten Abhängen mit spärlich vertheiltem Hochwalde, wo sie die trockenen Wind-
fölle gerne zur Anlage ihres Nestes benutzt. Als wir unsere Wohnung im Bureja-Gebirge
vollendet hatten, stellte sie sich für den Winter in grösser Anzahl bei uns ein und spielte
uns manchen Streich, indem sie selbst die Tische besuchte und Unfug auf ihnen trieb. Sie
vermied die gelegten, vergifteten Talgpillen und hielt sich am liebsten zu den Buchwaizen-
vorräthen in unserem Magazine, auch war sie es, welche die Erbsen verschleppte und sich
davon starke Vorräthe anlegte. Sie wurde am Tage nie angetroffen, war aber in der Dämmerungsstunde
sehr lebhaft und dann so dreist, dass man sie leicht beschleichen und dann
tödten konnte. Sie sieht schlecht, denn es ist mir oftmals vorgekommen, dass ich ihr bis
auf zwei Fuss Weite, vorsichtig vorwärts schreitend, nahen konnte. Ihr Gehör aber ist
scharf. Ihre Bewegungen geschehen meistens in Bogensprüngen und sind ausserordentlich
leicht, sie macht in der Weise der Springhasen mehrere Sätze hintereinander und ruht
dann. Obgleich sie im Mündungslande des Am ur und in dem Ussuri-Gebiete noch nicht
nachgewiesen wurde, so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass sie daselbst vorkomme,
da sie nördlicher, von Ajan, durch Hrn. W osnessenski gefunden und von Hrn. v. Mid-
dendorff (Sib. Beise Bd. H. T. 2. S. 114) angeführt wird.
Diese und alle anderen Mäuse, mit Einschluss auch der Arvicola-Arten, nennen die
Mongolen Cholunguna oder Chologuna, die Tungusenstämme Oeniakan oder Oenjakan..
53. Mus Rgrarim Pall.
Auch die Brandmaus, deren Vorkommen im Osten Sibiriens bis dahin noch nicht
erwiesen1), fand ich in den Wäldern des Bureja-Gebirges und brachte sechs Bälge mit.
Dieselben zeichnen sich vor den europäischen Thieren dieser Art durch die Dunkle ihrek
Rückenhaares, die Breite der schwarzen Längsbinde und dadurch aus, dass diese auf dem
Hinterhaupte zwischen den Ohren sich zu einem breiten Flecken erweitert. Dies letztere
findet indessen nur bei einem durchweg sehr dunklen Weibchen statt. Bei den fünf anderen
Exemplaren, die alle Männchen sind, verschwindet die schwarze Rückenbinde zwischen den
Ohren nach und nach. Sieht man genauer die einzelnen Haare an, so findet man das Enddrittel
der meisten schwarz, woher die Dunkle des Kleides verursacht wird. Im Uebrigen
liesse sich nichts zu den Beschreibungen, die P allas, S'chreber und Blasius gegeben
haben, setzen. Wir haben nun zwar diese und die vorhergehende Art noch nicht vom untern
Amurlaufe erhalten, auch ist es wahrscheinlich, dass das Mündungsland dieses Stromes,
welches sehr feucht und sumpfig ist, sie vielleicht gar nicht, vielleicht nur als .Seltenheit
besitzt, allein ich glaube, dass sie der Ussuri-Fauna gewiss zuzuzählen ist, denn auch
sie liebt die sanfteren, trockenen Abhänge der Waldränder und lebt wie Mus sylvaticus, nur
ist sie viel scheuer und springt nie, sondern läuft sehr rasch. Es würden also, da Mus mi-
1) P allas: Nov. spec. et glir. ordine p. 342.
nulus, die sogleich näher erörtert werden soll, auch im Ussuri-Gebiete vorkommt, die
vier europäischen Mäusearten durch den ganzen asiatischen Continent bis zum Stillen
Meere in diesen Breiten sich finden, aber von der eigentlichen Hochsteppenfauna auszu-
schliessen sein, in welcher wir an dem Nordende der hohen Gobi nur die Hausmaus dem
Menschen in seine festen Ansiedelungen folgen sehen, wo aber zum Ersätze des Mangels
an ächten Mäusen einige besondere Wühlmäuse sich finden. Auch die Brandmaus siedelte
sich zu meiner Wohnung im Winter 1857 — 1858 über, war aber viel seltener als Mus
sylvaticus und machte keinen Schaden.
54. Mus minutus Pall.
Die Niederungen des Onon-Borsa-Flüsschens, welche den anwohnenden B urjäten
und R ussen einen reichen Heuschlag liefern, wurden von der Zwergmaus im Herbste 1856
sehr häufig bewohnt, und noch Ende Septembers sammelte ich dort (bei der alten Festung
T schindantsk) junge halberwachsene Thierchen'dieser Art, welche das mehr gelbgraue
Jugendkleid tragen. Gerne siedelte sich die Zwergmaus unter den kleinen Heuhaufen an,
welche man zum besseren Austrocknen vorläufig stapelt. Herr M aack brachte vier Exemplare
in Spiritus vom Damgu (Ussuri-Gebiet) mit. Die alten Thierchen zeigen das Rostgelb
des Oberkörpers bald heller, bald dunkler, bald auf dem Rücken mehr irfs Braune,
bald wieder fahl gräulich. Ein geringer gelblicher Anflug tritt bei einigen weiter zur Bauchfläche,
bei den meisten bleibt diese rein weiss. Die jungen, wenn auch schon erwachsenen
Thiere sind immer mehr grau-gelblich als rostgelb und nur ein Flankenstreif von hellröth-
licher gelber Farbe zieht sich dem Weiss des Bauches entlang.
A R V I C O L A .
Bei der Bearbeitung des artenreichen Geschlechtes der Wühlmäuse wäre es wünschens-
werth gewesen, tiefer in den osteologischen wie anatomischen Bau der Weichtheile in vergleichender
Weise einzudringen, als es geschah; denn obgleich der äussere Bau zwar in
seinem Gesammtwesen dem geübteren Auge die Arten ziemlich sicher zu unterscheiden
erlaubt (durch Auffassung der Statur und des Habitus der Species) so sind doch gerade die
beiden äusseren artlichen Hauptkennzeichen, die relativen Schwanz- und Ohrenlängen,
meistens bedeutenden Variationen unterworfen. Nicht minder finde ich im Zahnbau der
Wühlmäuse und gerade in dem der beiden vornehmlich für die Species entscheidenden
Zähne (des vorderen unteren Backenzahnes und des hinteren oberen) nicht geringe F ormen-
abänderungen in der Bildung der Endschlinge; so dass diese allein ebenso wenig als durchaus
unfehlbar für die artlichen Unterschiede zu betrachten ist. Ich gebe daher auch in den
Abbildungen stets die beobachteten abweichenden Zahnformen, und wo an einer Art meh