©er Sufammenhcmg zn>ifd;en Bolfsfunft uni) afabemifcher Kunftübung
ift auch in feer bilbenben Kunft nid;t weniger beutlid) als in ber SKufif. ©as
burd)aus nach fünftlerifchen Prinzipien gestaltete © i r o 1 e r ober O b e r b a p -
r i f c B a u e r n h a u s , an bem als ©d;ni^erei ober aud> SBanbmalerei
bie Kunft ein re ife s Betätigungsfelb finbet, ift nid)t nur ber lebenbige Slus-
brud eines hochentwidelten fünftlerifchen ©mpfinbens, fonbern erzog auch immer
toieber neue ©efdüechter baju, bie ihre ©riebe bann als fjolzfdmitser, als wan-
bernbe „©uifelemaler“ ausjuleben trachteten unb aus bereu Steihen immer
toieber namhafte Sttaler unb 33ilbl)auer in bie groffe Kulturwelt übertraten.
© i 5 i a n unb © a n 0 0 a finb Silpler, unb © e f r e g g e r mar in feiner
Heimat gu © ö l f a cf> erft ijüterbub, beoor fiel) fein liebenstoürbiges ©alent
Bahn brach. Unb barum ift bie alpine Spezialität bes „Sit a r t e r 1 s “ , bas
fid> nirgenbs als in ben Oftalpen finbet, mit feinen treuherzigen unb oft beffer
gemeinten als oertoirtlichten Sclnlöereien nicht bloß eine „brollige“ Sutat ber
©iroler ober baptifchen Bergwanberung für bie oberflächlich urteilenbe große
Slienge, ober eine folfloriftifdje Quelle erfter Orbnung für ben ©enter, fonbern
gerabezu ein Spmbol für bie tief in natürlichen Beziehungen oeranferten
fflut'zeln bes Zünftlers im SUpenmenfchen, ber fid> auch im fonft pofitio
unb nüchtern gerichteten Schweizer — man benie nur an © a l a m e (21),
an SB e 11 i ober S) 0 b l e r - I zu tbealen glügen erhob.
Unb zu guterieht brachte biefer herbe ©iroler Boben ooll ©rbgerud) auch
eine überrafchenbe SItenge oon ©ichtern heroor — mehr als es ber geringen
Bollszahl unb ber traurigen Bergangentjeit bes Sanbes entfpridd. ©erabe
biefe ©efetnehte macht es freilich erflärlich, roarum faft alle biefe ©ichter unb
©enter Kämpfernaturen unb SItärtprer für ein oon ihnen fchmerzlich erfefmtes
Kulturibeal waren, ihnen ooran § e r m a n n 0. ©i l m, ein echtes fjnns-
bruder Kinb in feiner merfwürbigen ©oppeleigenfchaft als Beamter unb freifinniger
Sprifer. Sie finb ein fprechenbes Spiegelbilb aller ben Stiltag be-
brüdenben aber in ber ©iefe bafür um fo fchmerzlid>er wirtenben ©jemmniffe
©iroler Stehens, biefe „Sonette aus 2ßelfd)tirot“ ober bie „©ommerfrifchlieber
aus S t a t t e r s “, feine „Sd)üi$entieber“, bie aus ber Bewegung oon 1809
bas lebenbig neu erweden möchten, was in ihr zum Sjeile ©irols bienen hätte
tönnen ober feine „ffefuitenlieber“, bie oielfagenberweife aus ben meiften ber
Sammlungen feiner ©ebiefde fehlen (20).
©ine echte ©iroler Kernnatur ift auch ber ©ichter oon „©laube unb Sjeimat“,
ber ffnnsbruder S < h ö n h e r r , in bem fich für ben Kenner ber ©efefdehte
bes Stanbes alles bas intarniert, was in bem tnorrigen Bauernfchlag ber SBieber-
täufer unb Slnfjänger © a i s m e p e r s bie Satwhunberte hinburch immer
wieber in bie ©efchide ©irols eingriff unb — niebergetämpft würbe. SBohl in
feinem ©ichterwerfe ber SBeltliteratur hot bie in alle Jafern bes Silpters unzertrennlich
oerwobene ffeimatliebe einen fo erfchütternben unb berebten Slusbrud
gefunben, wie in bem ©egenreformationsbrama biefes ©irolers, bas ben ge-
bilbeten ©rbball aus leicht burchfchcxubaren ©rünben umlief, hierin ruht auch
fein wahrer unb unoergänglicher SBert, ber freilich heute ganz gegen bie für bie
Slot unferer Seit oerftänbücheren Süge barin zurüdtritt.
©in glänzenber Seuge für bie unoerbrauchte Kraft unb höhe Begabung,
bie in bem ©iroler Bolf ftedt, ift enblid) auch ber Snntaler S lb o lf oonpi d; l e r ,
eine ©oethefche Statur in ber ©otalität ihres SBefens, ber linioerfalität ihres
©efichtsfreifes, ein SItann ber Statur unb Kultur gleicherweife umfaßte, aber
zugleich ein marfiger echter, herzfrifdjer Silpler war ooll „©rbgeift“ in ber
Schneibigfeit unb Sluflehnung, im Stingen um bie fulturelle Hebung feines
Bolfes, an bem auch er mit allen gibern feines gerzens hing in echt beutfd>er,
unb — f>iöt fällt es in eines zufammen — in echt tiroler ©reue (22).
©in grunbgefcheites, bis ins ©ieffte fchauenbes, bieberes unb treuherziges
Slntlih blidt uns in biefem ©idderprofil entgegen, fei es, baf$ man feine „Seit-
gebichte" ober ©rzählungen, feine oon glühenber Staturliebe getragenen Statur-
fchilberungen, feine literaturgefchichtlid>en Slbhanblungen ober geologifchen
SOerfe über Sirol zur f)anb nimmt, unb es lüfjt uns beutlich empfinben, welche
Kräfte für beutfehes SBefen in ben füllen ©älern ber Sllpen noch f<hlnntmern
unb eines ©ages bie SBeit überrafchen werben, ba fich ber ffimtnel auch für fie
lichten wirb, wenn, wie eine ber fchönften Sllpenfagen fagt, ber § e rr bes
Hntersberges heroortritt aus bem llnterweltfchlaf unb ausreitet znr großen
©ntfcheibungsfchlacht.