at&6. 331 9telief Bcr 3u n g frau im Qllpinen Sffiufeum 311 OHüncfjen
machen, bafj faft alles befe^t fei, aber 2tacf)mittag tDürbert ein ^ a a r fel;r fdmne
Simmer mit birettem 351i<f auf bie gungfrau frei.
^ a p a Süttge bad)te in feinem prattifd;en ©inn, bajj es in gnterlaten aud;
genug anbere ©afthöfe gebe unb man bie gungfrau aucf> fonft nod> genug fef>en
roerbe. ©od; beoor er nod; ben STlunb öffnete, fprang fchon ber Slllermelts-
arrangeur 2Balbftetten ein: „211), bie gimmer ienn’ id>/fie haben ben fcfmnften
93lict über gnterlaten, bie muffen ©ie nehmen“.
Unb oor ber aufgeftellten ©d>ar ber Spotelbebienfteten ionnte man nicf)t
tpiberfpredjen. 21lfo naf>m man fie unb las bann an bem angefchlagenen Sarif
im gimmer mit gelinbem ©rbleichen, bag bie 3tad;t pro gimmer 10 grancs
foite, allerbings intlufioe grül;ftücf.
23ater Süttge brummte, aber feine g rau muffte ifm ju beruhigen. ,,©s
ginge nid>t, fid; fo inauferig ju jeigen, aud) batten fie es mirtlicf) nicht nötig,
namentlich bei ihrer Stellung, noch baju in fo eleganter ©efellfchaft; auch müffe
man ®lfe bas Seben jeigen, man tönne nie toiffen, fie toolle ja nichts fagen,
aber es fcheine, als ob ber 93aron ein 2luge auf ©Ife habe; jebenfalls gefalle er
ihr fehr gut unb fcbliefjlicf), fie fühle fich fehr toohl in biefer ©leganj, fie brauche bas.
gum erftenmal auf ber ganjen Steife mürben bie feibenen 23lufen ausge-
padt, bie man jur 23orforge, unb mie fich l ^ t ermies, höchft notmenbigermeife
mitgenommen hatte, ©enn bas mar eine nie gefef>ene ©leganj auf bem
$) ö h e n meg; man mar bod) auch fchon in groffen ©täbten gemefen unb juletjt
erft auf biefer Steife in 92tünd>en, aber ba mar es auch auf ber ©onntagsparabe
oor ber gelbherrnf)alle bei meitem nicht fo elegant, ge^t oerftanb man erft,
marum fich bie hohe ©iplomatie im ©ommer in gnterlaten ihr ©tellbichein gab.
©m ©orfo eleganter ©efährte mogte unter ber prächtigen STufjbaumallee auf
unb ab, oiele ©amen tutfcfnerten felbft unb aud) jene, bie fich i>amit begnügten,
auf ben ©ehfteigen auf unb ab ju roanbeln, trugen manchmal ganje Vermögen
an Kleibern, ©piijen unb gumelen am Seibe. ©a trug ber gallonierte ©iener
ein feibenmeiges, langhaariges i)ünöd;en feiner §errin nach; promenierte
eine ganje ©ruppe alter ©legants, mit bem SJtonotel fo recht unoerfchämt bas
frifche unbefangene ©efichtchen oon Klein-@lfe mufternb, ber es trotj ihrer
©rfolge in ber Ofcherslebener ©efellfchaft aufging, meid) feltfames unb oer-
mirrenbes ©ing boch bie „grofje 2Belt“ fein müffe. ©in mahrer Staufd; ftieg ihr
ju Kopf; ber leibhaftige 23aron an ihrer ©eite muftte fo fid>er unb gemanbt ju
plaubern, auf ben erften 33lict mertte man ihm an, er gehöre ju jener grofjen
2Belt ringsum, unb auch fiß roar nun mitten brin unb fchmamm in einem Slteere
oon ©ntjüden.
'Uapa Süttge mar merilich tüf>ler; märe er allein gemefen in biefer oon
grauenfchönheiten erfüllten Sülee, hätte er fie mof>l freier unb unbefangener
betrachten fönnen, als unter ben gittigen ber Familie. 2luch toar er ju lange
3 ah re ©efchäftsmann gemefen, um nicht herausjufinben, bafj fo oiel ©leganj
fogar für bie 3ufd)auer nur mit großen Soften genoffen merben tönne. ©as
ermies fich auch fd)on in bem 2lugenblid, ba man ben K u r g a r t e n betrat,
benn es toftete ©intritt, nicht oiel, aber immerhin einen granc pro ^erfon.
SItama Süttge hatte ihn heimlich angeftoffen, er müffe fich nobel jeigen unb ben
93aton als feinen ©oft betrachten. @s beburfte aber beffen nicht, benn ber hatte
eine gaf>restarte. ©in mertmürbiger 93erbad)t ftieg in bem bieberen SRanne
auf, als er an bem überaus eleganten Kurhaus eine 2luffchrift erblicfte: „ 8 u
ben ©pielfälen“, unb ihn ber ©icerone fragte, ob er fich nicht bie berühmten
©pielfäle anfehen molle. 2lber fofort fchämte er fich biefes 93erbachtes, benn
ber 23aron fügte hinju: „geh mürbe gfmen aber nicht raten, einen 33erfud) ju
machen, ©s ift jmar nur bas unfdmlbig ausfehenbe ©ifenbahnfpiel, tro^bem
ift es f<habe um jeben granc, ben man hier oerliert. frü h e r beim ‘•pferbchen-
fpiel ift fogar manch einer hier banterott gemorben,“ unb er führte fie an ben
©pielfälen oorbei.
©s maren herrliche jmei Sage, meld)e bie gamüie Süttge in gnterlaten oerlebte.
Stafd; ging es biefen einfachen unb tlugen 231enfd;en auf, marum ihnen bisher
bie Steife bei meitem nicht fo nachhaltige ©inbrücte gegeben, als gerabe hier,
©afj ein gemiffer großer 3ug ber £ebensbetrad;tung, ein freies £)inmegfd)reiten
über bie tleinlichen ©orgen bes Sllltags bajugehöre, ein forglofes Sichhingeben
an ben ©enuf; bes 2lugenblicfes, um bie mahre Schönheit eines folgen Supus-
ortes austoften ju tönnen.
©er ^rofeffor, bem fie in biefen Sagen mehrfach begegneten, mar bei
meitem nicht fo entjücft oon gnterlaten als fie unb brängte ju r Slbreife, ba
fie fchon früher befchloffen hatten, auf ber ganjen ©dnoeijer Steife 2Beg-
genoffen ju bleiben, ©r oerfoftete mohl gar nichts oon jener betaufchenben
2ltmofphäre um ben Kurgarten; ihm tarnen biefe Stachtfefte bei bengalifcher
Beleuchtung ber ganjen Umgebung mie eine ©ntmeilmng bes herrlichen gled-
<hens ©rbe oor, auf bem fich biefes §otelbabel erhob, unb es mar ihm mie eine