QtBB. 171 , . ®er Frauenmantel (Alchimillci alpina) ber Qtlpen
nun eine oon ii)m beobachtete 23ergpflange ( Al y s s um m o n t a n u g ,
bie biefen Unterfcbieb bet 93efd>affentieit gmifd;en Slnfang unb Snbe bet 23lüte-
geit befonbers beutlid; aufmeift (St i?at nämtid; in gasreichen gälten beobachtet,
baff unter einer Stenge oon SBIiiten biefer 2lrt oereingelte ©cemplare {eine
¡JruchtEnotenanfchmellungen a'uftoiefen, alfo nicht befruchtet roaren. Ss geigten
fich nun öfters gerabe unter biefen 23lumen gut genannten Seit 23eroegungen,
melcf)e ber 23lüte fonft meift fremb untren, ©iefe 23erlängerung bes grudü-
tnotens, bis bie Starben bie £jöl>e ber ©taubbeutel erreichen, fotoie bas 3 u-
fammenneigen ber legieren gegen bie Starbe führten mit Sicherheit 21 u t o -
g a m i e herbei, ©amit aber mar betoiefen, bafe biefe erft am ©nbe bes 23lühens
unb nur ausnähmsmeife eintretenbe, ©elbftbeftäubung mirtlich eine birefte
(Joigeerfcheinung ber ausgebliebenen fjrembbeftäubung ift.
2Benn man aber hier ben gnfettenmangel als Urfache anfpred;en tann,
fo ift in anberen fä llen bie Xlngunft ber SOitterung ber ffaftor, ber in ber ^Sflangc
feltfame innere Vorgänge auslöft. ©olches behauptete er oon einer anberen
Sllpenpflange, bem 2 3 r i l l e n f d>ö t c h e n (Biscutella), oon bem er berichtet,
bajg es bei Stegenmetter feine 23lütenteile fo abänbert, baff bie ©elbftbeftäu-
bung eintreten muff. ®r fagt, biefe Slbänberung fei eine fehr gmedmäfpge,
benn bei 9tegentoetter fliegen {eine ffnfetten.“
©iefer 2lusflug in bie ^ächmifienfdtaft belohnt ben 33ergfreunb mit Sin-:
fisten, bie fein ©efülü für alle Sllpenpflangen, überhaupt fein 23erftänbnis
ber Statur nid;t nur oertiefen, fonbern aud; in gang anbere 23afmen lenEen.
®s gibt unter ben ©emäd>fen ber Sjochmiefen eines, bas bem SOanberer oielleicht
fchon bestoegen auffällig ift,
roeil es ihm an trüben toarmen
Sagen, ba fonft {ein S au bie g lu r
erguicite, über unb über mit fein-
ften Sautropfen befe^t entgegentrat.
©ie ^Pflange hat nämlich bie
Sigenfchaft, bei großer ffeuchtig-
teit ber Suft felbfttätig aus ihren
23lättern bas überflüffige SOaffer
ausguf<heii>en unb trägt baher ben
beutfchen Stamen Saumantel (A 1 -
c h i m i 11 a al pina) . ©och nicht
bies allein oerleiht ipr ein befon-
beres Sntereffe, fonbern bie meri-
toürbige Satfache, bafg fie ihre
geugungsfähigleit oerloren Imi-
©ie hat äufgerft unanfehnlid;e
23lüten; fie finb toingig unb grünlichgelb,
enthalten nur oier ©taub-
gefäfje unb finb trotg ihrer ijonig-
abfonberung oon ben Snfetten fo
toenig begehrt, bag gar {ein regel- j narf) 11ciytc © ift e l (Cirsium spino- I
mäßiger 23efuci) ftattfinbet. Sroi;- | sibb. 172 sissimum) 5e r 9l lp e n
bem finb bie alpinen Saumantel- f', ongmai
arten fel;r häufig, fie ftellen fich
auf ben §od>matten fogar in folcber SJtenge ein, bafg fie, bie ooin Sßeibetier
oerfchmäht toerben, bem ©enner als läftiges Itntraut toohl betannt finb.
©ie oerbanten ihre große Verbreitung bem Ilmftanb, baß fie imftanbe finb,
jungfräulich Kinber in bie SOelt gu feigen. ©er 23otaniter nennt biefe (Sigenfd)aft
21 p 0 g a m i e unb oerfteht barunter, baß eine ^flange ihre ©amen ohne
oorausgegangene 23efruchtung ausbilben tann. 23ei bem Saumantel öffnen
fich meift nicht einmal bie ©taubbeutel; ihr Keimling bilbet fiel) gar nicht aus
bem ®i, fonbern toädgft aus einem anberen SSlütenteil fo hetr>or, toie man
ein Oleanber- ober 2Seibenblatt unter Umftänben gu einer gangen neuen
^flartge enttoicEeln tann. Sroh biefes methoürbigen Kunftftüdes ober oiel-
mehr infolgebeffen finb bie 2lld)imillen im 2lusfterben, unb es mutet toahrhaft
rührenb an, toie fie fich bagegen mehren, inbem fie alle möglichen Jorm-
änberungen oerfud;en, ununterbrochen neue Slrten heroorbringen, gleichfam
als fud;te bie (pflange nach einer Sebensform, bie ihrem ©ef<hled;t meitere
©auer oerbürgt. 2Ber nid)t imftanbe ift, ben Saumantel felbft gu finben unb
einen ©ennen nach ihm frägt, bem mirb biefer noch gar manch anbere ipflange
meifen, bie ihm als „9H i l ct> b t e b“ nicht meniger oerhafgt ift als jener. 23ei foldter
©elegenl;eit mertt man erft, mie fcharffinnig unb tiefbringenb unfer 25olE bie Statur
beobad)tet unb bafg es in Sßirtlichteit oiel mehr naturmiffenfd)aftlid)e Kenntniffe
befi^t, als man ihm gumutet. ©iefe einfachen §irten, bie {einerlei Elaren 23egriff