bünne, gelbe SftmgspfflMB bebectte ben Kiesgrunb bes Seebebens, unb auf
biefen Pflanjen würben oerfd;iebene Slrten oon 9?äbertierd;en lebenb gefunben.
©ie 93ebeutung biefer ©ntbedung trat erft fpätet* bemerfenswerter heroor, als
wir fanben, baß ber blaue See wäfjrenb ber jwei Sommer, bie wir am Kap
Stopbs oerbraditen, nicht auftaute, ©ies bebeutet nicht mehr ober weniger, als
bah fi<h biefe Tiere jahrelang, möglicberweife oiele galue troh bes ©infrierens
am Seben halten formen.
Um ben Kältegrab zu beftimmen, ben biefe Tiere aushalten fönnen, würben
©isblöde aus ben Seen gefd)nitten unb ber ftrengften Kälte bes ganzen ffiinters
ausgefej;t. Slls wir ein Soch in biefe 93löde bohrten, würbe gefunben, bah öie
Kälte in ihrem gnnerften ber Kälte ber Suft entfprad). ©ine Temperatur oon
^-40? C tötete bie Tiere nid)t.
©ann würben fie abwechfelnb eine 9Bod)e eingefroren unb in ber nächften
aufgetaut, unb auch öas fcbabete ihnen nicht, ©ann würben fie trocfen gelegt unb
wieber eingefroren, bann abermals aufgetaut unb befeuchtet, bod) noch immer
blieben fie am Seben. ©d;liehlicf) würben fie getrocfnet in eine glafcfie gelegt
unb biefe in !od;enbes SBaffer geftellt; bann liehen wir bie glafche abfühlen, unb
eine ganze SBenge überlebte biefe prozebur. ©<hliehlid> legten wir fie in ©ee-
waffer unb in bie oom 93oben bes grünen Sees heraufgeholte Safe, bie fo falzig
ift, bah fie erft bei —18° C gefriert, gn biefem Salzwaffer blieben fie einen Sftonat
lang, bod> faum würben fie in Sühwaffer zurüdgebtad;t, als fie umher zu £ried>en
begannen, als fei nichts mit ihnen gefchehen.
©ie Sebensfraft biefer flehten Tiere ift berart robuft, bah i*e es aushalten,
aus bem gefrorenen ©ife genommen, aufgetaut, getrocfnet unb einer Temperatur
ausgefetst zu werben, bie nicht weit oom Siebepunfte entfernt ift, unb bas alles
innerhalb weniger ©tunben — ein Temperaturwechfel oon 111° C. Unb nicht
nur bie ©ier überleben biefen rabifaten SBedtfel, fonbern auch i>ie ausgewogenen
Tierchen, bie fchon auf einer oerhältnismähig hl'hen animalifchen ©ntwidlungs-
ftufe ftehen. ©ie Stäbertierchen finb SBürmer, unb bie SBaffetbären, bie ebenfalls
bei biefen 93erfud>en mit heiler § au t baoonfamen, finb 23ettern ber gnfeften unb
©pinnen. 2lud) einige auf fehr nicbriger ©ntwicflungsftufe ftehenbe Pflanzenarten
werben bur<h Ubergiefjen mit Eochenbem SBaffer nicht getötet, unb es unterliegt
feinem Qweifel, bah bie Urtierchen gröbere Kälte aushalten fönnen, als wir
in ber Slntarftis fanben. ©a bie ©een, in welchen fie oegetieren, nur in grohen
geitabftänben unb felbft bann nur für furze perioben auftauen, fo barf wohl
behauptet werben, bah einige fehr alte S Eo t i f e r e n unter bem ©ife am
Seben bleiben unb möglicberweife eine ganze 9Eeil>e oon gahren alt werben.“
©ie Stäbertiere bes Polargebietes führen alfo im wefentlichen biefelbe
Sebensweife wie bie ©cfmeealgen, (Sletfcperflöhe unb fonftigen nieberen Tiere
ber girn- unb ©letfd>ergebiete. ©enn es läht fich wohl annohmen bei ben fonftigen
flimatifchen Ubereinftimmungen, bah aud; biefe nicht weniger gährniffen
unb Unbilben ausgefetjt finb unb eine nicht weniger barbarifche Temperatur
ertragen müffen wie bie Sebewefen ber Slrftis. ©ie finb nur infofern günftiger
geftellt, als fie mehr ©onnenfchein geniehen, boch wirb biefer TSorteil wieber in
grage geftellt burch bie häufigeren, ben gröhten Teil bes galwes hinbutd;
gerabezu täglichen grohen ©chwanfungen ber Temperatur, oon benen man im
allgemeinen bie ©rfahrung gemacht hat, bie auch jebermann am eigenen Seibe
beftätigt, bah ein ptö^liches Umfchlagen flimatifcher 93erhältniffe oon einem
©ptrem ins anbere weit mehr Slnforberungen an bie ©laftizität ftellt, als bas
■ertragen oon fonft nod; fo lange anbauernben ungünftigen ©inflüffen.
geh habe biefem fcheinbar untergeorbneten ©egenftanb beswegen mehr
Staum gegönnt, weil mir bie Sllpen in einer fehr wichtigen Beziehung eine fehr
wertoolle ©infiept zu geben fchejnen. geigen fie uns benn burch bas Seben auf
■bem g irn niebt auf bas beutiiehfte bie über alles triumplnerenbe 3Bad;t bes
Sebens? SKan hat fich lange barjn gefallen, bas Seben nur als eine oergänglicf>e,
■angefid;ts ber langen ©efd>ichte wieber rafch oerwelfenbe ©tüte biefes ©rbballs
hinzuftellen. ©ie neuere Staturanfdjauung hat ben SBenfchen niept nur aus allen
Fimmeln herabgeftürzt, fie hat ihm nid>t nur bas erhebenbe sßewuhtfein geraubt,
ber SBittelpunft altes SBettgefchebens zu fein, fonbern hat ihn als ein ©lieb ein-
georbnet in bie grofje Sebensfette, unb oon biefer felbft hat fie uns bie Überzeugung
beigebracht, bah fie angefichts ber Sionen, auf bie ¡ich bie Sebensbauer
ber ©rbe erftredt, gewiffermahen nur bie für ein geft bereitete 23lumengirlanbe
fei, bie fchon lange abgeftorben ift, beoor fid; noch bie lebten Säfte entfernt haben,
gn zahlreichen wiffenfd;aftlid)en unb populären SBerEen malt fich bie Phantafie
aus, bah in noch red)nerifd) erreichbaren Seiten bie SBärme bes ©rbballs fich
weit oerflüd>tigt haben wirb, bah aud) unter ben Tropen bie ewige ©tarre unb bas
weihe Seid>entuch bes gochgebirges.unb be-r-SlrEtis fich breiten muß. SBan hat es
fich ausgemalt, bah bamit bas ©nbe alles Sebens gegeben fei, unb bah es ber ©rbe
nichts nütjt, wenn fie auch noch barnadi ungezählte gahrmillionen ihren ewigen
©ang um bie ©onne befdjreibt.
©ie winzigen SEäbertiere unb ©IetfdE>erflöhe belehren uns barüber eines
SZefferert. ©ie hochalpinen Pflanzen unb bie ©dmeealgen finb lebenbige Beugen,
i>ah bas Seben bie Kälte nicht zu fd;euen hat, bah feine SlnpaffungsEraft über alles
triumphiert, unb man fie fich feh1' uwbl oorftellen Eann: eine 2Belt ber ©cf>nee-
tmb ©iswefen, fo wie fich wiffenfchaftliche SogiE f<hon mit bem ©ebanEen be-
freunbet hat, bah bas Seben Eeineswegs nur ein SrEaltungsprobuEt fei, gewachfen
auf ben Slfdjenreften bes langfam ausgtühenben ©rbballs, fonbern bah es in ben
"Urzeiten ewiger Sof>e unb ©lut einftmals auch geuerwefen gegeben habe,
benen bie jehigen guftänbe auf ©rben nicht weniger als fchredhaftes eifiges ©rab
-erfcheinen hätten müffen, wie uns jeijt ber ©ebanEe an ein einftiges oollEommenes
■©rEalten unferes Planeten.
Unb wenn es nüchtern wägenbem TSerftanb aud) nur als mahlos Eühne
Phantafie erfebeinen mag, fich foldien SBöglichEeiten hinzugeben — fie finb bie
einzigen ©ebanEen, bie ber erhabenen unb ewigen ©röfje ber girnf)äupter
würbig finb, oon benen wir nun, nachbem wir ihr Seben oom guhe bis zu ben
lebten weihen Baden im Utijerblau erforfd;t haben, enbgültig 2lbfd;ieb nehmen.