9t66. 329 ® a^ ®c&re<f5 orn im SIcBclmeer (6 djtDet3)
Original öon QI. O tu p p , 6aar6rücfen
atemlos, ben ©ampfer befteigt. ©in lebtet furjer spfiff unb ein mächtiger toeifjer
göafferfchroall trübt bie tiefbunfelgrünen flu te n bes Sees, ©ie gal>rt beginnt.
3n brangooll fürchterlicher ©nge ift bie Stenge in bem Meinen alten ©ampfer
oerftaut. 6üb- unb Sorbbeutfd>lanb, Öfterreich unb Ungarn fitsen t>ier brüber-
lid) beisammen unb ein Summen unb SBifpern, je nach ber öftlid>eren §ertunft
ungenierter, i>ebt nun an unb jafüloje freiroillige Qmtuer erilären gefcfjäftig
an §anb ber Setfebüd)er ben Seulingen bas immer roeiter unb größer auf-
fteigenbe ©ebirge.
2lud> bie faft ju fpät getommene Seifegefellfchaft i>at if>r ^lä^chen gefunben,
wenngleich es nur in einigen Koffern befte£)t, auf benen fie fiel) am äufcerften
©nbe bes Skiffes nieberlaffen muffte, um bie g afut nicht ftehenb aurüdaulegen.
„©ajj bie SBeiber nie fertig toerben iönnen ju r rechten Seit“, grollt nod>
bas oäterlid)e ©etoitter nad) unb ein befonbers oortourfsooller 93üd trifft bie
ältere ©amenroelt, beftef)enb aus ber jroar nid)t torpulenten, aber bafür um fo
ftrenger bliefenben Slama unb aus „©ante Siesbeth", bie ben fefnoinbenben Sauren
buref) reid)e unb eigenartige ©Toilette nad)3ut>elfen fuchte/beftehenb, aujjer bem
ed)t magbeburgifd)en „©igentleib“, aus einem reichen fchroarjen Pointlace-Über-
hang unb einem gellen Sd)al nad> fjungmäbdjenart, ber jugleid) bie Sufammen-
geijörigieit mit bem 93adfifcj> anbeutet, bem juliebe bie ganje foftfpielige
Schtoeijerreife unternommen mürbe.
©od> bie ©amen haben roenig 93erftänbnis für bas oäterlicf)e ©orgatorium;
nietjt einmal ber fünfte Seifeteilnef>mer, ber eifrigft befd)äftigt ift in ben ©afcf)en
ju tramen, aus beren jeber er einen umfangreichen Seifefüf)rer jiel^t, bie auf
bem Koffer ausgebreitet, ihm toenigftens einen Slbglanj ber geliebten heimatlichen
Stubierftube oortäufchen.
„ 3 ft bas bie gungfrau?“ roenbet fich nun ©ante Siesbeth an ihn, überr
a g t bur<h ben mächtig auffteigenben gelsgipfel im Süben, auf ben fofort
bie ringsum Siijenben, bie mehr ober minber anfejmlichen gerngläfer richten,
©in eifrig 23lättern in bioerfen „Rührern“ hebt an, ba ertönt eine männliche
fpmpatfnfche Stimme:
„Sein, gnäbige grau, bie g u n g f r a u ift pom 93 r i e n j e r S e e noch
ni(f)t ju fehen. Sie toirb oerbedt burch bas 5 a u 1 h o r n. Unb bies linfs
ift bas S p a l p h o r n , ber Saden barüber bas S c h t o a r j h o r U ' ®ar-
über fieht man ein toenig oon ben S c h r e d h ö r n e r n “.
©ante Siesbeth banit oerbinblichft bem freunblichen Suslunftgeber, ber
fofort oon bem männlichen ©eil ber ©efellfchaft mit neuen fra g en beftürmt
toirb. Unb fünf Statuten fpäter ift eine neue 93eianntfchaft gefchloffen.
„Sentier Süttge aus Ofd)ersleben“, ftellt fid; ber bide alte fjetr oor —
„unb bies meine grau, meine ©ochter @lfa, ©ante Siesbeth". Unb ber gtoeite
§err ber ©efellfchaft, ber fich nur zufällig angefchloffen hot, entpuppt fid) als
ije tr sprofeffor Dr. Sehmann, ©pmnafiallehrer aus Stagbeburg.
©er neue 93efannte aber oerfügt nicht über fo oiele ©itel. ®r oerbeugt
fid) mit ©leganj unb fagt leichthin: „oon Söalbftetten". ©abei überreicht er
feine Karte, bie oon ijanb ¿u Sjanb geht unb bei bem toeiblichen ©eil ber
Seifegefellfchaft ein toonniges ©rufein auslöft, benn auf bem jierlichen
93lättcf)en fteht: ©heobor Seichsfreiherr oon SEßalbftetten.
©ante Siesbeth ftöjjt Stama Süttge an unb flüftert heimlich: ,,©as ift
echt, id) tenne bas, ber toirlliche 2lbel gibt fi(f> immer fo".
©er ©on ber gamtlte -Süttge ift unoerlennbar toärmer getoorben unb
ijerr sprofeffor Sehmann, ber bisher ber betounberte ©icerone bes Seifeflubs
mar, hot an 2lnfei)en oerloren.
©er f)err oon SEßalbftetten mar aber auch ein ibealer gül)rer.
„§ier lints, too fie bie brei gelstürme fehen, ift g f e l t r o a l b , ber
oorfpringenbe Reifen am See ift ber „© a n j p l a ij“ , oon bem erjählt
eine Sage" — unb ber liebenstoürbige güf>rer roenbet fid) mit oerbinblichem
Säbeln an gräulein ©Ifa —, „baf$ einft ein Siebespaar oon ben gelfen hinab-
roirbelte. Unb jettf roerben Sie gleich i>cn © i e ff b a cf) fehen".
eprofeffor Sehmann rüdt unruhig auf feinem mangelhaften SU5 bin unb
her, er erträgt es nicht, fich fo enttront $u fehen. Über ben ©iefjbacf) roeifj
auch er einiges.
„©er ©iefebad) ift einer ber bebeutenbften Söaff er fälle ber Schroeij,“
reifet er rafcf) bas ©efpräch an fid;, „320 m hoch. 98irb jeben Slbenb bengolifch
beleuchtet. Stuf; ein feenhafter Slnblid fein“.
„ga, er ift ganj hübfeh,“ lächelt in feiner ruhigen SEßeife ber 93aron, „toenn
nur bie 320 m e i n gall roären, finb aber 14 gälle. ©a ift ber Schteierfall