§ a u n o l i> hinetnführt, trat man in bas ©einet ber m i t t l e r e n Srias
(SB e n g e n e r unb K a f f i a n e r © cf> i cf> t e n). ©s tat ficj> bem Sluge
funb als ein maffiger unb ungefd;ichtetec ©olomit unb bas gleiche ©eftein begleitete
uns bis S)öi>tenftein. Spier ift man bann mitten im ijerzen ber ©olomiten,
bie hier auch petrographifch biefen Stamen oerbienen unb in tlaffifcher
SBeife bas oielgerühmte ¡Phänomen zeigen, baß biefe Berge nicht aufgefaltet,
fonbern herauserobiert finb unb aus burchaus wagredpt liegenben Ablagerungen
beftehen. Sroßbem ift ihr ©efüge nicht oöllig unberührt; in großen
©palten tourben hier bie ©rbfdjollen zertrümmert unb ganz getoaltige Kaltplatten
müffen es getoefen fein, bie an folgen ©patten entlang in bie Siefe
gefunten finb. ©o fommt es, baß namentlich an ber ©übfeite oerfcfuebener
biefer Berge oiel jüngeres ©eftein unmittelbar an ben triaffifchen Kalt angelagert
ift. ©in folcher ©palt zieht fich 3um Beifpiel oon A11 - ¡p r a g s über
© <h l u b e r b a ch bis zum SK i f u r i n a f e e , unb bie h o h e © a i f e I ,
beren Bezeichnung man allerbings ben toohltlingenberen italienifchen Barnen
ber S r o b a r o f f a oorziehen mag, fowie ber SKont e ©r i f t a l l o gehören
bem abgefuntenen Seit ber ¡platte an. Soldpe ©palten burdpfeßen auch
fonft ziemlich regellos unb manchmal in fo toeiter ©rftrectung bas ©ebirge,
baß einer baoon oom ©riftallo bis nach K t a u f e n im ©ifacftale reichte.
Abgefeßen oon biefen etwas oerroirrenben Störungen ift bas ©ebirge um
bas §öhlenfteinertal in feiten lehrreicher SBeife auch bem geologifcßen fiaien
oerftänblich, benn er fieht hier roie an einem ©chulmobell, toie immer jüngere
©Richten bie älteren überlagern, ©erabe an ben brei ginnen tann er beutlich
ertennen, baß fie auf einem ©ocfel oon ©efteinen aus bem mittleren Srias,
nämlich jenem SBengener unb Kaffianer ©olomit ftehen, ben toir foeben betrachtet
haben, ©er eigentliche Surmaufbau ber ginnen ift ein helles, gefeuchtetes,
fcheinbar ganz oerfteinerungslofes Kaltgeftein, bas, roie bie nähere
llnterfuchung ergibt, oon benfelben Kaltalgen aufgebaut tourbe toie ber © a ch"
ft e i n im Borben. ©s ift alfo nicht nur ein ©ebilbe ber oberen, bas heißt jüngften
Srias, es hat fich nicht nur um gahrmillionen fpäter gebilbet, toie ber Kaffianer
©olomit, auf bem biefer einftige Kallfchlamm ruht, fonbern es ift auch ein
tlarer Betoeis, baß feinestoegs alle Berge ber ©olomiten biefen Barnen oerbienen.
Anb toer bisher über bie ©palten unb bas Abgleiten ber Schollen im Antiaren
toar, ber roirb fofort oerftehen, toorum es fich hanbelt, toenn er erfährt,
baß auch ber ©ipfel bes SK o n t e © r i ft a 11 o , ber mit 3199 m oiel höher
ift als bie nur 3003 m hohe höchfte ginne, troßbem noch oiel jünger ift als bie
ginnengipfel, ©as ©eftein am ©ipfel ber ginnen entfpricht gerabe bem an
ber Bafis bes ©riftallomaffios.
©iefe brei gelstürme entzücten aber nicht nur bas gerz bes ©rbforfchers,
fonbern oiel mehr bas bes Souriften. Sie finb berühmte Klettergerüfte, unb
feitbem © r o h m a n n im gaßre 1869 bie „große ginne“ zum erften SKal
erftieg unb B o r m a n B e r u b a alle brei ginnen, unb, roeil noch geit toar,
au<h ben ¡Paterntofel an einem Sage überfletterte (1889) (2), haben gahllofe
ihre Kräfte auch ou ber feßwierigften, nämlich an ber „tleinen ginne" oerfucht,
obtoohl oon ihr ein fo geübter Bergfteiger toie ber feitbem oerunglüctte SK i ch e l
g n n e r t o f l e r bas tlaffifche Arteil fprach: „Schlechter als bie tleinfte ginne
tann a Berg feßon nimmer fein, bie is a Seifl.“
©iefelben ©inbrücte toie in Spößlenftein toieberholen fich in bem nur brei
Kilometer entfernten © dp l u b e r b a dp. SBas bort bie brei ginnen, ift hier
SKont e © r i ft a 11 o unb ß o ß e ©a i f e l . ©en eigentlichen ©ipfel bes
SKonte ©riftallo tann man allerbings oon bem großen unb orbentlicß geführten
jjotel oon ©chluberbach nicht erblicten, benn er liegt im füböftUchen Seile, ©as
©etoirr oon gacten, an bem fich oon ber Straffe aus bas Auge toeibet, gehört
bem © r i ft a 11 i n o an. ©afür gibt es Ipier ein neues ©cßauftüct: einen waßr-
haftigen ©letfeher. ©r ift gerabe in bem Sale eingebettet, bas ztoifchen ©ri-
ftallin unb ©riftallo fich in unglaublicher SBilbßeit unb ©üfterteit hinaufzieht,
unb fo tlein er auch erfcheint, ift er boch fo außergewöhnlich zertlüftet, eine
wahre SBilbnis oon ©eracs, baß eine Aberfcßreitung bes ©r i f t a l l j o c h e s
an fich eine aeßtunggebietenbe Sour barftellt, wenn auch fonft SK o n t e © r i-
ft a 11 o unb ¡p i z ¡P o p e n a , bie zwei Spauptpfeiler bes oöllig ifoliert fte-
henben ©ebirgsftoctes feineswegs befonbere ©chwierigfeiten bieten. Auf
biefem ©letfeher oerunglüctte g n n e r t o f l e r , bem oiele Souriften naeß-
fagen, baß er ber tüchtigfte aller ©olomitenführer gewefen fei. f i e n b e n f e l b
erzählt hierüber: „Am 20. Auguft 1888 hatte er mit zwei Souriften ben ©riftallo
beftiegen. Beim Büctweg über ben g irn brach bie ©«hneebrücte über ben
oberen ber beiben, biefen SKiniaturgletfcher butdpzießenöen ©palten, ©er
oorbere Sourift ftürzte hinab, riß ben zweiten unb auch BAeßel, ber nicht feft
genug ftanb, mit fi<h- alle brei oerfeßwanben im ©hrunbe. Anbere ¡Partien
hatten oom ©ipfel bes ©riftallo aus bas Anglüct bemertt unb zwei güßrer
eilten fofort hinab zue Anglüctsftätte. ©iefen gelang es, bie brei Berunglüdten
aus bem ©cßrunbe heroorzuziehen. ©ie Souriften waren nur unbebeutenb
oerleßt, SKichel aber lag tot ba, mit zerfhmettertem ©häbel.“
©in Sonnenuntergang in ©<hluberba<h ift in feiner Art auch in ben ©olomiten
unübertroffen burch bie unbefcl>reibli<hen Abftufungen bes Bot unb
Biolett, welche bie gelswänbe ber hohen ©aifel im Abenbfheine bieten. SKan
muß, um bas Bilb oolltommen ausgenießen zu tönnen, etwas oorgehen bis zu
bem Ort, ber im Bolfsmunbe: im © e m ä r t genannt wirb, wo bie zwei
Kreuze ftehen. Auch ohne Alpenglühen wirb man an biefem ¡punite but<h
einen entzüctenben Ausblict auf bie oon weißen ©hneeflecten befeßten SBänbe
ber S o f a n a belohnt, ©ie gelfen ber unmittelbar zur Bechten aufragenben
Berge finb oon folcher Buntheit, wie man bem bloßen Kaltgeftein niemals zu-
getraut hätte. SBenn man im ©eröll ber ©olomiten bas ©eftein betrachtet,
wirb man neben fdmeeweißen Srümmern eine ganze garbenftala oom zar"
teften ©reme unb leichten Bofenmarmor bis zu brennenben Boftfarben unb
hellblutroten Steinen auflefen tönnen. ©ine an fich gemz bebeutungslofe Bei-
mifchung oon ©ifenroft, bie auch juj ben heimifd;en SKergeln unb Sehmwänben
uns auf Schritt unb S ritt entgegenblidt, gibt biefen fübüchen ©ebirgen ben ungewöhnlichen
garbenreiz, ber fie auch bann berühmt gemacht hoben würbe,
wenn er fich nicht mit einer außergewöhnlichen Kühnheit ber gormen oermählt