ber Überwinbung fo lte r Felfenßänge. ©ie 6 d;icf>tung bes ©efteins bringt es
mit f i t , baß fie gewöhnlich in einem gangen, mehr ober minber gufammen-
hängenben ©pftem bie Qelswanb fo gliebern, baß fich baburd; ein wahrer
©erpentinweg gur Höhe ausfinbig machen läßt.
©er Blpenbauer fieht bie ©ache oom anberen ©efichtspunit an; er nennt
bie ©rasbänber „28 i I b h e u p l a n f e n “ unb hat fie iängft in feinen lanb-
wirtfdjaftlichen Betrieb einbegogen, freilich in einer Bßeife, bie bem unbeteiligten
Sufchauer oft genug bas Blut in ben Slbetn erftarren läßt. Qene Bafenbänber
unb Blattenflede, bie an Qelfenbergen ihrer fteilen Böfchung halber weber
oon ber Binberßerbe befucht werben fönnen, nocb für ©chafe unb Siegen gu-
gänglich finb, gelten im ©ebirge überall für Qreilanb, ©ie finb bas Befißtum
ber gang Banen, bie fein ©tiict 2Beibe noch gelb ihr eigen nennen, ©iefe finb
bie (Eigentümer ber „B ö f e n e n “, wie ber Schweiger Bauer bie 28ilbßeu-
planten nennt; fie fönnen fich bort mit her ©id;el herunterholen fooiel fie
wollen, wenn fie bafür ihr Seben einfeßen.
©er 28 i l b ß e u e r ift ben größten Seil bes 3aßres Sagelöhner ober
Holgfchnißer, auch 2Balbarbeiter ober irgenbein ©orfhanbwerfer. 3m Sluguft
unb September aber läßt er bie friebfame Slrbeit ruhen, benn bann fommt ber
Sag, an bem burch ©emeinbebeftluß bas „2Bilbheuet“ erlaubt ift. 3n manchen
©cßweiger ©örfern lautet bie feftgefeßte Orbnung fo, baß er fich noch »ov Blitter-
n a ^ t an ben gefährlichen B u p e g wagen muß, benn ber Heuertrag ber ©rasbänber
gehört jenem, ber an O rt unb ©teile bei Sonnenaufgang ben erften
3ucf>ger ausftößt. ©ein ganges 2Berfgeug ift ber Bergftocf, • bie ©teigeifen,'
bie ©ichel unb ein großes Such, um barin bie ©rnte heimgutragen, freilich
finbet er auf feinem ©rnteplaß ein fo buftiges unb üppiges ©ras, wie es bem
reidjften Bauern bes ©orfes nicht auf feiner Bergwiefe befcfneben ift. Oft genug
aber auch, namentlich an.trocfenen Qelsabfäßen, eine fehr bünnftengelige
unb gierliche Begetation, fo baß fein Berbienft im Sage wohl nicht oiel mehr
als einen Sentner Heu beträgt, ©ies gilt jebocl) nur im Falle fd>önen 2Betters;
wie oft aber fchwemmt ber Begen bas bünne Heu hinab unb gerftreut es entlang
ber gangen Qelswanb; jeber heftige 2Binb fchäbigt ben armen Seufel, ber nur
gu oft oergeblid) fein Seben gewagt hat, wenn er wieberfommt um feine ©rnte
gu Sal gu bringen, ©iefer Seil ber Brbeit ift eigentlich uod> gefährlicher als
bas Blähen felbft, troßbem auch bei biefem bie m e n ftlit« Habgier bie 23ilb-
heuer gu ben unglaubüdjften 2ßageftücfen oerlocft. Bis gu ben äußerften ßanb-
breiten ©efimfen unb Kanten bringen fie oor, laffen fich an ©eilen auf tiefer-
gelegene ©tocfwerfe herab unb bewältigen touriftifche Bufgaben, bie ihnen bei
Blpiniften als Bergführer getmfachen Bußen einbringen würben.
©ie Heimholung ber ©rnte befteßt im günftigften Falle barin, baß ber
28ilbheuer bas gebörrte ©ras in ein Bünbel oerfcßnürt unb einfach ßinunter-
wirft. 3ft jebocß bie Qelswanb fo hoch, baß bas Bünbel gerplaßen würbe, ober
ift fie fo gerflüftet unb in Bbfäße geteilt, baß. er baburcß bie Salfoßle nUßt erreichen
fann, bann muß er bie gentnerfcßwere Saft auf bie ©d>ulterri laben
unb hinabtragen auf einem Kletterfteig, bei bem er oft genug iaum Baum hat,
einen Fuß oor ben anberen gu feßen. Bei biefem 2tbftieg gefcßehen bie meiften
Olnglüdsfälle, gewöhnlich babutd;, baß ber 2Bilbheuer mit feinem p u f ad
an einem ©traut ober Qelfenoorfprung hängen bleibt. Sroßbem ift bas ©e-
werbe ber 28ilbheuer nicht nur begehrt, fonbern bie Seute betrauten bie 2Bod;en,
ba fie täglich bermaßen ißr Seben einfeßen müffen, als waßre Qeftgeit bes
3aßres, bei ber fie gewöhnlich auch ißre Kinber, nocß gang unerwacßfene 3ungen,
mitneßmen, bamit ber ©oßn früßgeitig ficß „an ben Berg gewöhne“ unb einft
bas Hanbwerí bes Baters fortfeßen iönne.
©iejenigen Pflangen nun, bie nicßt burd) bie Kleinheit ißrer ©amen allein
in bie Süfte gu biefen 28itbßeuplanien fteigen tönnen, ¡teilen gewöhnlich eine
flugfd)irmartige Borricßtung ßer, um bennod; bie ©rasbänber unb ßößeren
Horigonte bes ©ebirges gu erreichen, ©ie meiften oon ißnen ergeugen einen
„ P a p p u s “ , beffen B e tre ib u n g ficß erübrigt, wenn man baran erinnert,
baß fein Borbilb bie betannten „Sicßter“ bes S ö w e n g a ß n e s finb. Buf
biefe 28eife oerbreiten fiä) g. B. bas © b e l w e i ß , b i e H a b i c ß t s t r ä u t e r
(Hieracium) unb bas K a ß e n p f ö t cß e n , ber p i p p a u unb bas K r e u g -
t r a u t (Senecio), bie B e r g a ft e r n (Aster) unb bie © e m s w u r g (Doro-
nicum). Btit einem 2Bort, faft alle jener Blpenpflangen, bie ber Botaniter als
K ö r b cß e n b l ü 11 e r (Kompofiten) gufammenfaßt.
©ine anbere ©tttppe ber Blpenblumen bebient ficß als Flugapparat ber
langen Haarftöpfo, bie bem Sieflänber oon ben Pappeln unb 2Beiben ßer
betannt finb, wenn er anfonft oerfteßt, bie Batur gu beobachten. B o t beffer
entwidelt finb fie in ber ö ft lite n ©teppe bei bem Sßaifenmäbtenßaar (Stipa),
bas intereffanterweife a u t auf ben trodenenBergwiefen bes 2Bal l i s n i t t feßlt.
3n ben übrigen Blpen ßat es fein wunberßübfd^es ©egenftüd in ben p rä t*
tigen wallenben F eberbüften, bie man n a t bem Sanbesteil, balb als „ w i l b e r
Bl ä n n “, „ a l t e r 2H a n n “ ober F r a u e n h a a r begeitnet. ©as Bol!
ift u n e rftö p flit >m ©rfinben origineller unb begeitnenber Barnen für biefe
ßübften, perrüdenartigen F rut^ ä n b e , bie n am en tlit für gwei ©ebirgs-
pflangen, bie © i l b e r w u r g (Dryas octopetala) unb bas B l p e n w i n b -
r ö s t e n (Anemone alpina) aufgebratt worben finb. ©ilberwurg begießt
f i t allerbings n i t t auf ben F rud)tftanb, fonbern auf bie mit b itte n Haaren
bebedte filbern ftimmernbe Xlnterfeite ber Blätter unb bie p i n g g a u e r
Sotalnamen „ K a r t ß e i n e l “ unb „ w e i ß e r © a t ß a u “ finb in ißrer
©eutung oolltommen ungewiß. Xtm fo netter unb oerftänblid;er ift es aber,
wenn man bas 20inbrösd)en bie „ßaarigen“ ober ,,b' alten 2Ilaner“ nennt.
Ober „petersbart“ i n O b e r b a p e r n , „Bärentaßen“ in S i r o l , „©eufels-
bart“ im B l g ä u , „Haarmanteli, ©raumannli, Bergmännli, Bodsbart“, a u t
„©¡tubermanne“ ( © t a u b e r m a n n l i ) in ber © t u> e i g.
©ine befonbers eigenartige ©ruppe oon Berbreitungseinrittungen geigen
m a n te © n g i a n e , ber © l e t f t o r ß a h n e n f u ß ober ber buníle ©üßi l ee
ber 28eibepläße (Hedysarum obscurum), ber mit feinen wunberbaren purpurroten
Blumen n i t t nur gu ben ftönften, fonbern a u t 3U ^en üppigften unb oom
Bieß befonbers geliebten © t m e t t e r l i n g s b l ü t l e r n ber Blpen geßört.
22lit biefen Hilfsmitteln ift ber Beftanb bes alpinen F l° rs für immer ge-
fite rt unb mag f i t n o t f° ief>r biß Kultur a u t im ©ebirge breit mad;en. ©ie