21«' biefe Sd;redgefid)te mögen wohl mit her Unheimuchteit ber Berg-
natur unb oielleid>t mit einem früheren größeren Beid>tum ber Berge an
Reptilien zufammenhängen. ®s gibt übrigens im 28 a 11 i s unb £ e ff i n
tatfäc£>ticf) eine ©erlange, bie g e l b l i c h e B a t t e r (Elaphis Aesculapii),
bie tatfächlid) eine Sänge bis 311 annäf>ernb 2 m erreichen tann. Unb wenn im
allgemeinen gejagt wirb, baf; bie 2«pen arm an ©iftferlangen finb, fo wirb man
bocf> an biefer allgemeinen Behauptung irre angefid)ts ber g a lten über ben
{Jang ber K r e u z o t t e r (Pelias berus), oon ber man in 30 Safwen in manchen
©egenben allein 300 000 S tü d getötet haben foll. Sratfäcf>Iid> ift biefe gefähr-
lidjfte ©iftfchlange, bie man in ber Schweiz gewöhnlich K u p f e r f c h l a n g e
nennt, faft auf allen 23ergen, namentlich bes ©d;iefergebirges, häufig, wenngleich
fie aud; im Kali nid>t fei;lt. ©afc man fie tro^bem fo feiten zu ©efidjt
betommt, rül;rt baoon l;er, baf; fie bie oielbegangenen 28älber oermeibet unb
fid> in ben Blpen roenigftens am Hebften in ©fluchten unb Karen unb in bem
feiten befudüen ©ebiet zwifchen ber Blatten- unb Sd;neeregion aufhält. 2lucf>
ba jagt fie bes Bachts unb ift am £age eigentlich nur bann anzutreffen, toenn
fie fich fonnt. Bur unmittelbar oer bem 2lusbrud> oon ©etoittern treibt fie eine
eigene Unruhe aus ihren Berfteden; in jenen ©tunben ift fie auch angriffsluftig
unb ihr Btfj ift bann toirilich gefährlich* £rot}bem fürchten fie bie 2ilpter
toeniger als man glaubt, unb es gibt genug unter ihnen, bie eine Kreuzotter
ohne weiteres in bie §anb nehmen, fich an ihr toütenbes ©ezifch nicht lehren
unb fogar behaupten, fie lönnten fie zähmen, wofür allerbings teinerlei Be-
weife oorliegen. gm Büttelalter würbe ja beianntlid; bie Kreuzotter zufammen
mit ber ihr oerwanbten r e b i f d j e n B t p e r (Vipera Redii) mebizinifch
oerwenbet, unb noch W beginn bes gahrhunberts gab es 2lpotheten, bie beibe
in $äffern mit Kleie züchteten. 2lucf> ihres gieifches halber würbe ihnen nad>-
geftellt, wenngleich mir für bie oon alten ©d;riftftellern fo gelobte nahrhafte
Otternfleifchbrühe nur mehr wenig Berftänbnis aufbringen.
Oie alte Baturgefdnchte ift überhaupt 00« ber feltfamften f>iftörd;en bar-
über, oon benen ich mir nicht oerfagen tann, einige nach £fd;ubis 23eifpiel
hier anzuführen, gn ben franzöfifchen 2llpen follen bie 93ipernfänger nach
folgenber Btetljobe oerfahren fein: Büt einem Keffel unb einem ©reifufs begaben
fie fich auf einen 23erg, zünbeten ein geuer an unb Juchten eine Otter
Zu fangen. Oiefe warfen fie bann lebenbig in ben Keffel unb röfteten fie. „ghr
fürchterliches g if te n lodte bie Ottern aus allen Biijen herbei, bie ber gäger
mit einem lebernen §anbfd;uh aufhob unb in ben ©ad fd)ob.“ Baioer, wenn
auch nicht glaubwürbiger, fchilbert ber gute alte K o n r a b ©e f j n e r ben
Otternfang. Sr meint, es genüge bazu, ben 93ipern an Steinhaufen 2Bein
hinzufehen, benn aisbalb tommen bann bie lederhaften 2Bürmer heroot, be-
faufen fi<h, bis fie einen Baufd) haben unb fönnten bann im Kahenjammer
leicht gefangen werben.
©ine fehr turiofe unb grauenhafte ©efchichte wirb ferner oon bem bewährten
gorfcher Dr. S f a r a l b O t m a r f i e n j überliefert, beffen „©chlangen-
tunbe" oiele gahre hinburch fich bes größten 2lnfehens erfreute. ®r erzählt
barin, baf} er mehrere lebenbe Bipern hielt, als fich ein berüchtigtes ©ubjett
bei ihm einftellte, bas fid> für einen ©chlangenbefchwörer ausgab unb fich auf
©runb eines „3auberbud)es“ rühmte, jebe Biper in bie Sjanb zu nehmen.
Sro^bem er gewarnt würbe, griff er in bie 93iperntifte, nahm eine ber ©drangen
heraus unb murmelte fein £oEus ^Jotus. „Oie ©«hlange blidte ihn grimmig
an unb züngelte fehr ftart; beffen ungeachtet ftedte er fdmell ihren Kopf in ben
Btunb unb tat, als ob er baran taue. Balb zog er fie wieber zurüd unb warf
fie in bie Kifte, fpie breimal 23lut aus unb fagte, inbem fich fein ©eficht fdjnell
rötete unb feine 2lugen benen eines Bafenben glichen: ,mit meiner 2Biffenfchaft
ift es nichts, mein Buch hat mich betrogen“, ©r weigerte fich, feine Sunge zu
Zeigen, ertlärte, bie Schlange habe ihn in bie Qunge gebiffen, oerlangte nach
§aufe zu gehen, wo er fchon Btittet habe, bie ihm helfen. gnzwifcf>en fiel er
jeboch mehrfach nieber, unb man mußte ihn auf einen ©tuhl tragen, ©r forberte
28affer, tränt aber nicht, fing an zu röcheln unb ftarb binnen 50 BHnuten. Oie
£ei<heneröffnung ergab, baß bie ©chlange ihn tatfächlich in bie Sunge gebiffen
hatte, bie hierburch angefchwollen unb faft fd;roan erfchien.
Btan hat bemna<h alle Urfache, eine nähere 23etanntfchäft mit ben 23ipern
Zu meiben, obzwar auch übertriebene 2ingftlichteit nicht am ^3lat;e ift, ba teine
Kreuzotter einen £eberfd;uh butd)beif}en tann unb niemals höher an einem
28enfchen emporzüngelt, als bie ©chuhe reichen. Bamentlid) ber weitoerbreitete
©taube, fie fei imftanbe, an ihrem Opfer emporzutlettern, ift burchaus un-
begrünbet. immerhin ift eine 93egegnung mit Kreuzottern nicht ratfam, unb
man tut gut baran, fich ihre Blertmale einzuprägen. Oie gemein geglaubte
unb in oielen Schulbüchern oerbreitete Behauptung, fie fei äußerlich leicht
burch bie eigenartigen geid>nungen, namentlich bie buntle gidzadlinie bes
Biiderts zu ertennen, ift fidjerlich am „grünen £ifd>“ aufgeftellt worben; für
bie Batur, in ber bie Schlangen in rafchefter Bewegung für ben 2lugenb«d
auftauchen unb wieber oerfchwinben, oerfagt fie oollftänbig. Um fo mehr als
es färben- unb Seichnungsabänberungen ber Kreuzotter gibt, bie mit benen
nichtgiftiger Schlangen übereinftimmen. ^rofeffor £ a f d ; e n b e r g erzählt
in feinem Buche über bie giftigen £iere, baf} er fogar einem ©peziatforfcher
auf bem ©ebiete ber ©chlangenfunbe begegnet fei, baf} er eine B i p e r -
n a 11 e r , alfo eine harmlofe Berwanbte ber B i n g e i n a t t e r , oor fich
Zu haben glaubte unb nach ber ihm begegnenben Schlange griff, bie ihn jeboch
als echte Kreuzotter lebensgefährlich oerwunbete. ffm befonberen ift es bie
g l a t t e B a t t e r (Coronella laevis), mit ber oft genug zum Unheil bie
Kreuzotter oerwechfelt wirb, wenn ihr gidzadbanb in einzelne gtede auf-
gelöft ift.
Oie Schweizer fürchten ganz befonbers eine fchwarze 2lbart ber Kreuzotter,
bie fie f j ö l l e n n a t t e r nennen; bocj> bürfte beren übler Buf nur burch
ihren eigentümlichen Barnen entftanben fein, ber wieber auf ben an fich ganz
harmlofen Bielanismus zurüdgeht. Qm übrigen finb gerabe in ber Schweiz
mertwürbige ©rzählungen über bie Kreuzotter oerbreitet, beren Kern man heute
nur mehr fehr fchwer feftftellen tann. ©0 erzählte man fich b B . um 3 e r m a 11
folgenbe turiofe Schlangengefchidjte: Oie Kreuzottern hätten fich öort bermaßen
oermehrt, baf; bie ©inwohner einen Schlangenbefchwörer riefen. Oiefer burch