sbb. 256 ©ip^et Seä Iteincn QäetteltourfS im ^arioenBet (Strol)
X V I . ® a 3 © a lg b e r Q llp e tt
23ieber einmal befteigen mir ben überfüllten 3 ug 2Mnd>en-3 nnsbrud.
Bajd) fliegt er bis K u f ft e i n baf>in, non ba ab mad>t fid> bie öfter-
reid>ifd)e ©emütüd;Eeit bemertbar. 2lber bas ift ben meiften lieb unb bicpt
belagert jinb ftets bie Jenfter, an benen, tnie in einem SBanbelpanorama, balb
liebliche SBalbbilber, balb bräuenbe Jelstoloffe oorüberjiehen. 93is 3 n n s -
b r u cl hat fid) mol>l jeber fatt gefeben an biefem Kinematographen ber Statur
unb menn bie richtigen ©djauftüde ber Qnntaltette, bie 9 3 o mp e r b e r g e
unb ber 9 3 e t t e l r » u r f auftaucf)en, finben fie nur mef>r tnenig iprer
Srl>abenbeit mirflid; gerecht tnerbenbe Bemunberung. Silles 5ntereffe ton-
gentriert fid) auf gnnsbrud; §otelforgen unb bes Seibes Sl^ung rnerfen „ifne
©chatten ooraus“, toer mürbe fid) ba noch menige Btinuten nor gtmsbruds
Soren mit fo einem Beft mie § a 11 aufhalten? Slber juft I>ier fteigen mir aus,
benn gerabe §all in Sirol hat uns biesmal mehr ¿u ergäben, als alle Berge
unb ©täbte bes 3nntales jufammengenommen.
©ie Kenner nennen es bas „Botf>enburg Sirols“, monon id; jebod; be-
merfen muf;, baff befagte Kenner offenbar Bott>enburg nid;t tennen. ©ie
Bezeichnung foll mof)l nur fooiel befagen, baf; aud) in tjall eine grojje 3af)l
altertümlicher ©ebäube erhalten ift. ©ie laufdngften Söinfel unb bie mirtlicf)en
©e h ensm ürb igt e iteri ftetlen fiel; ba jmar nicht auf bie ©affe nor ben fjremben-
ftrom, fonbern nerbergen fid; in §öfen unb finb eingefperrt in bie hohen maffigen
nad> Siroler 2lrt burgenäbnlicf) anmutenben Käufer.
Slber aud) 5jall feffelt uns nicf>t ju lange; uns giept es jum „ijadl“, an ben
gujf ber eifengrau fjerabbtäuenben Bettetmurfmanb, an ber ein minjiger rotbrauner
^ u n tt: bie B e t t e l r o u r f h ü t t e unb bamit bie grojje Beliebtheit
biefes 2lusfid;tsberges erften Banges n e rrä t.. Stuf ber gut gehaltenen
©trafre ift non biefer Beliebtheit jebod) nichts gu merten; nur Sonntags ift bas
anbers. ©a zieht ber ehrfame Bürger mit Familie in ben „© n a b e n m a l b“,
unb im ©iltempo Jagen pidelbemehrte nerfd;mihte Souriften an ben harm-
lofen Spaziergängern norüber, bie ben Kopf fchütteln, ob folch finnlofer 2ln-
ftrengungen. ©ie grofje ©ile ift jebod) geboten, benn „elenb weit“ finb alle ©ntfern-
ungen im Bettelmurfgebiet unb menn man fd)on fünf ©tunben allein bis ju r^ ü tte
braucht, fo mirb mit ber Spiige unb bem Büdroeg leicht eine elfftünbige Sour aus
ber Bettelmurfbefteigung, unb ba ift bei ber rafenben Slrt, mie mir ben ©port
betreiben, größte ©ile oon oornherein geboten. 9Iian begnügt fid) eben mit bem
©enujj, auf ber ©pitje gemefen ju fein unb bezahlt ihn bamit, bafj man oor
lauter ijaft oon ber ganzen Schönheit bes SBeges taum etmas genoffen hat.
©o haben mof)l bie meiften jener, bie bas £j a 111 a l befuchen, gar nicht
bemerit, meid) munberbare Häufung oon Baturbilbern biefer uralte 2Beg ju
ben „ g e r r e n h ä u f e r n“ bietet, bem ich trot; hunkertfacf>er Sßanbe-
rungen im ganjen Sltpengebiet oom fjufj bes Biontblanc bis ju r „§oi)en
SBanb“ oorm nieberöfterreichifchen ©dmeeberg unbebentlicf) bie ©iegespalme
ber Schönheit jufpreche. @s gibt in biefem Sjialttal liebliche SOintel, mo ficf>
fmaragbenes Saub bes Buchenmalbes über mächtige fjatnmebel unb laufchige
SBalbmiefen breitet, fo ibnllifd;, als ob mir im Shiiringer 28alb unb nicht im
ijerjen ber §od;alpen mären, ©s birgt aber auch fchauerliche Schluchten, bie
ohne meiteres als ©etoration ber 2Bolfsfd>lud>t im ijreijchüt; bienen tönnen;
man geniefjt oon ihm munberbare j^ernblide in meites, oerträumtes fonniges
Sanb, mie als ob man auf einem Bergesgipfel ftänbe, man manbert an
raufchenben Berggemäffern im ©iifter oon Klammen, beren SEOänbe jeboch
ju 800 unb 1000 m ijöhe emporgetürmt finb; mitten im Sal ift man in bie
erhabene Szenerie ber £>od)gipfeI oerfe^t, troftlofe ©chuttreijjen ftrömen an
ben planten herab unb pralle glatte j^elsmänbe umftellen manchmal ben Bfab
fo labprinthifch, baf; man nicht mehr glaubt, einen Busmeg aus bem Keffel finben
Zu tönnen. ©o reiht fid) Bilb an Bilb, jebes anbers, jebes in feiner 2öeife fd)ön
unb alle jujammert gemähren fo oiele ©inbrüde, mie man fie oon mand;er grofjen
Beife nid)t heimbringt.