3 ürd>er über breite ©trecfen bes ©eeboberts, bie noch nie ein Sttenfcf) betreten
hatte, ©ie Kinber lafen STtufcheln auf, manch «in im Saufe ber 3eiten oerioren
gegangenes ©erät trat ba gutage, eine Sttenge Vaumftämme unb Sifte, bie mert-
würbigerweife nicht oerfault waren, fonbern nach 2ü t bes guten ©ichenholges
im SBaffer nach nnb nach Eiefeihart würben unb bertei ©inge mehr.
3 u O b e r m e i l e n fanb man mehr golg als anberswo; ja manch einer,
ber bie ©inge ber Statur mit fchärferem Sluge betrachtet als ber grofje ©urd>-
fchnitt, behauptete, bort fei etwas gang Vefonberes gutage getreten. Unter einer
bünnen ©chlammfchicht waren in 3wifchenräumen oon 3 unb 4 dm in ben ©ee-
boben tieffchwarge, harte Pfäf>le eingerammt, bie wohl oon fehr ftattlid>en Väu-
men herrühren mußten, ba fie auch in bem entrinbeten unb bearbeiteten 8 uftanb
noch 8 bis 12 Soll im ©urchmeffer mähen. ©s waren ihrer fo oiele, bah man
fchwet an 3 ufalt glauben tonnte, gatten oielleicht Sifcher oor langen 8 eiten
hier Sanbungsftellen für ihre S3oote gehabt? SBenn ja, fo mußten fie wohl
lange Seit hier gehäuft haben, benn gwifcljen ben Pfählen fanb fich eine fcfwarge
Schichte mit allerlei ©orifd)erben, fonberbaren ©teingeräten unb mertwürbigen
Knochen, auch oerfchiebene fcf)warg geworbene Sämereien, bie äugerft merE-
würbig anmuteten, ©ie ©ache fprach fich herum unb tarn enblich auch iu Ohren bes
berühmten Schweizer Slrd>äologen S e r b i n a n b Kel l er , bem es ficf) im erften
Slugenblict erfcf>lof5, welch bebeutfame ©ntbecEung hier bem 3 ufall gelungen war.
Stichts anberes lag ba oor, wie eine auf Pfählen errichtete SBofmftätte oorgefchicht-
ü<her SKenfchen, ein Pfafübauerborf, wie er bie fjunbftätte benannte, unb wie
fie nun balb, feitbem man barnach mit Berechnung fuchte, in ben meiften ©een
bes Stlpengebietes, auch an Sltooren unb auf feftem Sanbe felbft in grofcer Slngahl
aufgefunben würben. Sticf>t nur in ben Sllpen, auch in Italien , Slorbbeutfchlanb,
Ungarn unb im britifcf>en 9teid)e fanben fich biefe mertwürbigen Stieberlaffungen
eines untergegangenen Voltes, bie manchmal noch üt ihren fpärüchen Steften oon
fotcher Slusbehnung waren, bah man anehmen muhte, an ihrer ©teile hätten
einft gang anfehnliche ©täbte ber Pfahlbauer geftanben.
3m alpinen ©ebiet würben namentlich in ber Schweig bis jeigt über 200 ber-
artige P f a f > l b a u b ö r f e r aufgebectt. Sluch in ben Oftalpen finb fie feines-
wegs feiten, unb ein berühmter Pfahlbautenreft im S t a r n b e r g e r ©e e
erwectt noch immer bas 3ntereffe gebilbeter Steifenber, Vefonbers häufig finb
fie im grohen alpinen ©eegebiet Öfterreichs. Seber ber grohen ©een bes ©atg-
fammergutes war einft oon 'pfahlbauern befiebelt; fie fehlen nicht i m i r a u n -
f e e , im SHo n b f e e unb g a l l f t ä t t e r ©e e ; ber S i t t e r f e e entfprach
einft gleich einer gangen SKetropole jener untergegangenen SBelt, ba er nicht
weniger als fecf>s Pfalübaubörfer gählte. Vis weit nach Often reichten biefe
originellen Stieberlaffungen, fie finben fich Kärnten im K e u t f c h a « h e r
© e e unb im 2 a i b a cf) e r 321 o o r , ja fie fehlen auch nicht an ber Oftgrenge bes
Sllpengebietes, i m S l e u f i e b l e r S e e , wo man gerabe nur bie leigte Verg-
filhouette ber Sllpen als blaugegadte ©chattenlinie am weftlichen gimmelsireife
fieht (67).
©eit jener erften ©ntbecEung ift eine gange SBiffenfchaft ber Pfal;lbau-
tultur herangewachfen, unb wir wiffen heute, bah oon ben Seiten, ba ber Süenfch
9166. 290 33erlan6eter See in Ben Qllpen. QKotiB Bon Seefelb in S iro l
Original
erft ©teinwerfgeuge auf bas mühfamfte als erftes ©erät fich gurechtfcfjleifen
muhte, bis gu ben Sagen ber Stömerherrfchaft in ben Sllpen Pfahlbauten be-
ftanben, bah unfere Vorfahren alfo ficherlich etwa 20 000 3af>re tnnburd; in
folch merfwürbiger SBeife häuften. Stoch heute ift bie 8 eit ber Pfahlbauten
nicht gu ©nbe. ©as moberne Sropent>aus, bas gum Schuhe gegen fjieber unb
©ewürm, auch i>er befferen ©urchlüftung halber, fich auf in ben Voben gerammten
Pfählen erhebt, eröffnet eine neue Pfahlbauperiobe ber Kultur-
menfd>heit unb bie eigentümlichen Pfahlbauten ber Sluftralneger auf Steu-
guinea unb ber ©inwofmer oon 3ufulinbe, bie manchmal wie ein Vogelneft
fogar auf hohen Väumen errichtet finb, fehen bie naioe Kunftübung bes Ur-
menfchen bis in unfere Sage fort. Stur ift nicht angunehmen, bah bie alpinen
Pfahlbauer fich burch biefen Vauftil ein luftigeres unb gefünberes SBohnen
fichern wollten, ©effen beburfte es im „grünen Stegenwinter“ ber Sllpen, ber
unter bem Stamen Sommer bort oon jeher mit bem richtigen ©cfmeewinter
um bie Vorherrfchaft ftritt, wahrlich nicht, ©as hätten bie fonnigen Verghalben,
auf benen noch heute mit Vorliebe ©eljöfte unb ©örfer angelegt finb, oiel
bequemer unb prattifcf>er geboten, als ber feud;te, oon Stebeln unb fjieber-
bünften heimgefuchte ©ee- unb SJtoorgrunb. ©s bürfte oielmehr teine anbere
Xlrfache ben Pfahlbauer gu feiner abenteuerlichen Sebensweife gegwungen
haben, als bie grofge ünficherheit burch oier- unb gweifüfgige Staubtiere. Sicherlich
hat nach guter alter beutfcher Slrt auch <u ber Hrgeit ein Stamm ben anberen
ununterbrod>en befehbet unb gegen heimtücfifche unb räuberifche Überfälle
gab es tatfächlich teinen befferen Sufluchtsort, als biefe weit in bas SBaffer