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Ihre Nahrung kann nur aus Fischen bestehen, denn wir
konnten nirgends, die geringste Spur von Ackerbau gewahr werden,
obgleich mehrere gröfse Ebenen in der Nähe ihrer Dörfer
lagen, die der Cultur sehr fähig zu seyn schienen, aber nur mit
hohem Grase bewachsen waren. Wir bemerkten gleichfalls keine
einzige Einzäunung zur Cultur einiger Gartengewächse, von welchen
doch die Chinesen und selbst die Tataren so häufigen Gebrauch
bey ihren Speisen machen. Vegetabilische Nahrung fehlt
ihnen also ganz, und eben so auch fast alle animalische ; denn
aufser einigen Hunden sah ich kein einziges Hausthier, oder irgend
eine Gattung von Geflügel, dagegen standen neben jedem
Hause mehrere reichlich angefüllte Balagans zum Trocknen der
Fische, die besonders gut zubereitet waren. Im Reinigen und
Trocknen der Fische übertreffen sie gewifs die Kamtschadalen,
wenigstens die südlichem. Was ich aber in Kamtschatka .nie
gesehen habe, war eine ungeheure Menge kleiner Würmer in
der Nähe aller Balagans, mit welchen die Erde fast bis auf einen
Zoll dick bedeckt war. Diese verursachten einen höchst unangenehmen
Anblick. Hunde halten sie sich wahrscheinlich sowohl
zu ihrer Kleidung , als auch zu ihren Winterausfahrten! Die
grofse Menge derselben, und ihre Schlitten, von denen wir einen,
ganz den kamtschadalischen Narten gleich, nur etwas gröfser, sahen,
geben diefs zu erkennen. Ihre Häuser sind von ansehnlicher
Gröfse: alle waren, die am äufsersten Ende des Dorfs, von
welchen wir eines das leer stand , - besahen , ausgenommen , auf
Pfähle gebaut, die 4 bis 5 Fufs über der Erde hervorragten. Der
unter den Häusern zwischen den Pfählen befindliche Raum ward
von den Hunden eingenommen. Eine Treppe von 7 bis 8 Stufen
, führt zu einer ungefähr 10 Fufs breiten Gallerie. Diese
Gallerie ist nur in der Fronte des Hauses. Genau in der Mitte 1805.
desselben ist die Thüre zum Vorhause, welches die gröfste Hälfte August,
des Haufes einnimmt. In diesem Vorsaale war kein Geräthe zu r
sehen, und da es in der Wohnung des Chefs leer waT, so läfst
sich wohl daraus schliefsen , dafs das Ameublement der übrigen
nicht reichhaltiger seyn mag. Das Haus des Chefs war auch
das einzige, dessen* Thüre nicht verrammelt vyar'; diese offene
Thür wurde indefs durch zwey Personen bewacht, welche uns
freilich nicht verhindern konnten, einen Blick ins Vorhaus zu
werfen. Wir bemerkten darin nichts- als leere Wände, und eine
Thür dem Eingänge gerade gegenüber, welche wahrscheinlich
zu den Stuben ihrer- W ei her führt, die sie aufs sorgfältigste verbergen.
Auch bekamen wir keins von ihren Wbibern zu sehen.
Ein einziges kleines Kind, etwa drey bis vier Jahr alt, wurde
von einem der Männer vor unsern Augen herum getragen. Die
ängstliche Besorgnifs, wir möchten den Frauen zu nahe kommen,
war wohl hauptsächlich die Ursache ihres Widerwillens, einen nähern
Besuch anzunehmen, und blofs diefs konnte sie bewogen
haben, ihre Fenster, und Thüren zu verrammeln. Dafs dieses
Verrammeln das Werk einiger Minuten gewesen war , sah man
daraus, dafs man dazu einzelne in der Eile zusammen geraffte
Bretter genommen hatte, die nur durch Querstangen zusammen
hielten. Rund um die Häuser sind kleine Oefnungen zu Fenstern,
die man ebenfalls alle mit Brettern zugenagelt hatte.
Dieses Dorf, das aus 16 bis 18 Häusern bestand, mag vielleicht
60 bis 70 Personen enthalten; denn von erwachsenen -
Leuten sahen wir höchstens 20 bis 26 , und es läfst sich
leicht .denken , dais ein jeder herbey gekommen war ,
theils zur allgemeinen Verlheidigung des Eigenthums, theils