
Da nun das Pulver in mehrerer Rücksicht unentbehrlich, der
Landtransport hingegen beschwerlich, unzuverläfsig, kostbar und
sehr gefährlich ist, so sieht man leicht, wie nothwendig es wäre,
Kamtschatka aufser andern nothwendigen Artikeln auch mit Pulver
jährlich von Cronstadt aus zu versehen.
Ich habe bis jetzt nur von der umliegendeu Gegend von
St. Peter und Paul gesprochen. Tiefer im Lande findet man
einen grofsen Ueberflufs an Landesprodukten. In Werchnoy,
und an den Ufern des Kamtschatka Fliifses, wo man den Bau
von Roggen, Gerste, Haber und Buchwaizen mit Erfolg treibt,
gedeihen auch alle- mögliche Gattungen von Garten Gewächsen.
Wir erhielten von dort, durch die Güte des Gouverneurs, aufser
Kartoffeln und Rüben, auch Gurken, Kopfsalat, und den schönsten
Kohl. Man hat schon längst den Vorschlag gemacht, einige
Siberische Getreidearten hier einzuführen , die. geschwinde auf-
schiefsen, und sehr geschwinde reif werden, folglich ganz für dieses
Land, wo der Sommer sehr kurz ist, geeignet sind: als den
tatarischen Weizen (Triticum polonicum), den Sibirischen Buchweizen
(Poligonum Tataricum), so wie auch statt des europäischen
Hanfes, die Siberische Hanfnessel (Urtica canabina). Es wäre
zu wünschen, dafs man diese Vorschläge ausführte, da es fast
nicht fehlen kann , dafs -die Ausführung" nicht von glücklichem
Erfolge begleitet seyn sollte. Die Ursache aber, warum dort so
wenig gebaut wird,.wenn gleich der Boden so ergiebig ist, dafs
ohne einige Cultur Roggen achtfach, und Gerste zwölffach ge-
erndtet wird, ist nicht nur die geringe Volksmenge in Kamtschatka,
sondern auch der in Verhältnifs anderer Produkte geringe Werth
des Getreides. Die von den Ufern der Lena nach Kamtschatka
versetzten Ackersleute, bauen nur so viel Getreide, als zu ihrem
eigenen Unterhalte nöthig ist, um die übrige Zeit auf den Zobelfang,
und andere Geschäfte zu verwenden, bey welchen ein gröfse-
rer Gewinn sicher ist. Man müfste den Kombau durch ansehnliche
Prämien aufmuntern, und das von den Einwohnern gebaute
Korn auf alle Fälle ohne Rücksicht auf den Preis ihnen abkaufen,
kurz man müfste solche Mafsregeln treffen, dafs diese Leute
bey dem Ackerbau ihre Rechnung besser fänden, als bey andern
Beschäftigungen; denn man kann nicht verlangen, dafs Leute
ein weniger einträgliches Gewerbe treiben sollten, wenn sie Gelegenheit
haben, ihre Zeit durch andere Beschäftigungen mit ge-
wifserm und gröfserm Vortheil anzuwenden..
Aufser der geringen Zahl der übrig gebliebenen Rufsen und
Kamtschadalen, ist die Aussicht zur Vergröfserung der Volksmenge
von Kamtschatka dadurch sehr begrämzt, dafs- die Zahl der
Weiber daselbst in keinem Verhältnifse mit der Zahl der Männer
steht. In St. Peter und Paul, wo die Anzahl der Einwohner,
das Militair mit eingerechnet, auf i 5o bis 180 Personen sich
beläuft, giebt es nicht 26 vom weiblichen Geschlechte. Da es
sich nun oft ereignet, dafs Transport und Compagnie Schiffe den
Winter über hier zubriegen, so vermehrt sich die Zahl der Männer
bis auf 3oo , da hingegen, die Zahl der Weiber immer die
nämliche bleibt. Die Folgen eines so schädlichen Verhältnifses
sind, ein gänzlicher Verfall der Moralität und unfruchtbare Ehen.
Ich kann mich nicht erinnern, in St. Peter und Paul mehr als
6 oder 7 Kinder gesehen zu haben t und diese waren theils die
Kinder von Offizieren, oder auch von solchen Einwohnern, die
sich durch ihre musterhafte Aufführung auszeichneten. Alle Ehen,
3 oder 4 ausgenommen, waren gänzlich unfruchtbar. Diels ist
ein Uebel, das man auszurotten sich alle mögliche Mühe geben