
„D u aber , der gröfste Befehlshaber in diesem ganzen Lande,'
„nimmst nicht nur selbst nichts, obgleich wir von ganzem Her-
„zen wünschen, Du möchtest irgend etwas von uns annehmen,
„ sondern Du beschenkst uns noch mit sehr kostbaren Sachen.
„Das haben wir noch nie erlebt, noch nie hörten wir etwas
,, ähnliches. “ Darauf zog er einen Dolch mit einer abgebrochenen
Spitze heraus. „Siehe grofser General!“ fuhr er fort, „ich
„habe es meinem Oheim , dem ich als Befehlshaber über diese
, ,Nation gefolgt bin, versprochen, die Spitze diese’s Dolchs nie
. eesren die ** D O Rufsen zu schär. fen, und wiederhole hiemit■ feJyerlich
„mein Versprechen. Nie soll diese abgebrochene Spitze gegen Dei-
„ n e Landsleute geschärft werden. Melde diefs Deinem Kaiser.“
Während seines Aufenthalts in Kamennoi hatte der General
Koscheleff den Tschetschro Tuma zu einer Mahlzeit eingeladen.
Diese Einladung war nicht weniger ein Gegenstand der
Verwunderung. Ungeachtet des stolzen Selbstgefühls, welches
Tuma in seinen Reden geäufsert hatte , nahm er sie dennoch
nicht sogleich an. Er gab vor, diese Ehre sey für ihn zu grofs.
Nicht nur \Växe der General in Vergleich mit ihift ein zu grofser
Mann, sondern er sey auch kein Christ, und seine Nation würde
deswegen , weil sie kein Kreuz als Zeichen eines waliren
Christen trügen, von den ^Rufsen verachtet. Der General antwortete
ihm hierauf, dafs es ihm wahrhafte Freude mache, mit
dem Oberhaupte einer so braven Nation, wie die Tschuktschen
seyen, an einem Tische zu . essen, und in Betreff der Religion
wäre er der Meinung, dafs ein guter Nicht Christ • schätzbarer
sey, als ein schlechter Christ. Diese Aeufserung des Gouverneurs
machte ihm gränzenlose unbeschreibliche Freude. Er erzählte jedem
seiner Begleiter besonders, was er gehört hatte, und wiederholte es
allen. Alle hörten seine Erzählung mit den deutlichsten Merkmalen
von Freude und Erstaunen an. Alle baten darauf den
Gouverneur beym Abschiede, er möchte sie doch den nächsten
Winter wieder besuchen. Da er ihnen die' Unmöglichkeit, ihre
Bitte zu erfüllen^ vorstellte,'so baten sie ihn, ihnen seinen Bruder
statt Seiner zu schicken; denn dieser müfste gewifs eben so
gut wie er seyn. Die Tschuktschen hatten hierin • vollkommen
Recht. Dieser junge Mann, der wie ich schon früher erwähnt
habe, die Reise nach Japan mit uns machte , besitzt alle-die
vortreflichen Eigenschaften, welche seinen Bruder zum Gegenstand
allgemeiner Liebe und Achtung in der Provinz machen,
deren Verwaltung er vorsteht *).
Der Gouverneur war so gütig, in der wenigen Zeit, welche
uns vergönnt war, seine Gesellschaft zu geniefsen, sie uns ganz
zu schenken. Den Tag nach seiner Ankunft kam er des Morgens
zu uns, und blieb bis zum folgenden Tage Nachmittags am
Bord meines Schiffs. Wir fuhren dann mit ihm ans Land, um an
einem kleinen Balle, den man veranstaltet hatte, Theil zu nehmen.
Um r Uhr in der Nacht kehrten wir an Bord des Schiffs zurück. Wir
fanden, dafs der Wind eben nördlich geworden war. Ich liefs also, sobald
die Böte eingenommen waren, sogleich den Anker lichten, und
schon um 4 Uhr des Morgens am äten Juli waren wir aus der Bay.
*) Diese Reise zu den Tschuktschen hatte der junge Koscheleff auch den
folgenden Winter w irk lich unternommen. E r benachrichtigte mich
' davon nach meiner Rückkunft in einem Briefe aus Nishney Kamtschatsk,
datirt im Juni 1806. Sein Brief war von einer Sammlung Tschuktschi-
scher Seltenheiten, und einem Wörterbuche der Tschuktschen Sprache
begleitet. Ich habe dieses' seltene Sprachyerzeichnifs in den dritten
Band dieses W e rk s aufgenommen. Mit Schmerz mufs ich hier hinzufügen
, dafs dieser liebenswürdige junge Mann im Jahre" 1807 in Kamtschatka
gestorben ist. -
Z W E I T E R T H E I L . 17