
bey ihrer geringen Volksmenge keine andere., als eine patriarchalische
Verfassung denken. Während unsers Besuchs in einer
ihrer Wohnungen in der Bay Romanzoff bemerkten wir in der
Familie , die ungefähr io Personen stark war , die glücklichste
Harmonie, oder eine fast, vollkommene Gleichheit. Es war uns
fast immöglich, das Haupt dieser Familie, obgleich wir uns einige
Stunden dort aufhielten , zu erkennen , so wenig anmafsend
betrugen sich selbst die Aeltesten gegen die jungen Mitglieder
derselben. Als wir einige Geschenke unter sie austheilten, beobachtete
ich aus dieser Ursache eine vollkommene Gleichheit.
Diefs ward von ihnen sehr gut aufgenommen, und von keinem,
selbst dem Aeltesten bemerkt , dafs ich ihm in Verhältnifs zu
den andern zu wenig gegeben hatte. Im Gegentheil machte
man mich auf ein .kleines Mädchen von ungefähr 8 Jahren aufmerksam,
weichesich übersehen hatte, und das auch sogleich
seinen Antheil bekam. Diese Einigkeit und die Stille die bey ihnen
überall herrscht, erregen das günstigste Vorurtheil für sie.
Kein lautes Reden , kein immäfsiges Lachen , noch weniger ein
Streit konnten im geringsten bemerkt werden. Diese seltenen
Eigenschaften, so wie die Gutmüthigkeif mit der sie uns aufnah-
men • die Freude in allen ihren Gesichtern, wie sie ihre Matten
für uns um den Feuerheerd herum ausbreiteten; die Bereitwilligkeit,
als wir wegfuhren, unaufgefordert ihre Canots sogleich ins
Wasser zu ziehen, um uns von dem seichten Ufer nach unserer
Chaluppe zu führen, sobald sie sahen, dafs unsere Ruderknechte
sich auskleideten, um uns hinüber zu tragen; noch mehr
aber, als alles diefs , ihre Bescheidenheit nie etwas zu fordern,
und selbst das ihnen gegebene mit einigem Zweifel anzunehmen
, worin sie sich sehr von den westlichen Bewohnern von
Sachalin unterscheiden, deren Bescheidenheit La Perouse nicht i8o5.
rühmen konnte: alle diese wirklich seltenen Eigenschaften, die May.
sie keiner verfeinerten Cultur zu verdanken haben, sondern welche
nur das Gepräge ihres natürlichen Charakters sind, machen,
dafs ich die Ainos für das beste von .allen Völkern halte, die ich
bis jetzt kenne.
Ich habe schon der geringen Zahl der Ainos , besonders in
Jefso. erwähnt. Wir zählten an der Nordspitze von Jefso nur
acht Wohnhäuser. Nimmt man für jedes Wohngebäude i o Personen
an , ■ so gäbe diefs nur 80 Menschen für diesen District.
Tiefer im Lande haben sie wahrscheinlich keine Niederlassun-
"gen; denn da ihre ganze Nahrung in Fisch besteht , so halten
sie sich nur an den Ufern des Meeres auf. In Salm Bay, und
in Tamary Aniwa konnte zwar die . Menge der Ainos auf 3oo an- •
und da die Japaner vorzüglich von hier Fische holen , so sind
sie der Zubereitung eines, so grofsen Vorraths wegen , wohl gezwungen,
auch zu den Bewohnern der benachbarten Bays ihre
Zuflucht zu nehmen , die sich deshalb zur Zeit des Fischfanges
hier niederlässen. Nicht nur die auf kurze Zeit erbauten Hütten
der Ainos: in der Nähe der japanischen Factoreien sind ein
Beweis davon , sondern auch die Leere mehrerer mit Hausgerä-
then versehenen Häuser in der Bay Mordwinoff, wo der Lieutenant
Golowatscheff, der diese Bay Untersuchte, nur einige wenige
zurückgebliebene fand, die das, Geräthe nicht blofs zu bewachen,
sondern auch als ihr Eigenthüm zu betrachten schienen.
Zufolge den ältesten Nachrichten, die man von Jefso hat,
sollen die Bewohner dieser Insel behaart seyn. Schon die Chinesen,
(wahrscheinlich haben sie Jefso am frühesten kennen ge