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Wäre es je Rufsländs Absicht, im nördlichen Sachalin eine
s ’ Colonie anzulegen, so ist jene Bay der einzige Ort, an welchem
sich dieses bewerkstelligen liefse. Wenn sie- gleich sehr offen
ist, so scheint sie mir doch Vorzüge vor den Bayen von Tene-
riffe und Madeira zu haben, in welchen zu gewifsen Jahrszeiten
grofse Flotten mit voilkommner Sicherheit ankern. Die Tiefe,
welche, wie ich schon erwähnt habe, i I Meilen vom Lande g
Faden über einem Boden von feinem Sande beträgt, nimmt all-
mählig ab, und man hat selbst in' einer Entfernung von einem
halben Kabeltau noch 3 Faden auf einem vollkommen guten
Ankergrunde. Im Sommer, wo die Nordwinde nur selten j wehen,
mufs also diese Bay vollkommen sicher seyn. Dafs die
Nordwinde in den Sommer Monaten, sehr selten seyn müfsen,
schliefse ich daraus , dafs in der ganzen Bay, die von NO
NW ganz exponirt ist, nirgends die geringste Brandung wahrgenommen
werden konnte, und unser Boot mit einer Bequemlichkeit
landete, wie man sie nur in einem geschloisenen Hafen erwarten
kann. Auch hatten wir während der ganzen Zeit unserer
Untersuchung von Sachalin, fast bis zu unserer Rückkehr,
niemals einen anhaltenden nördlichen Wind, den zweyten August
allein ausgenommen. Die herrschenden Winde waren von SO
bis SW. Im Fall eines herannahenden starken Sturms aus NO
oder Nord ist es auch nicht schwer, da die Bay so sehr geräumig
ist, heraus zu laviren. Das Thal, in welchem das Dorf
gebaut war , wäre besonders zu einem Etablissement geeignet.
Die Gegend ist hier vorzüglich reizend. Ueberall sah man das
schönste Gras vom üppigsten Wuchs , und die herumhegenden
Anhöhen und Berge waren mit den schönsten Fichten Waldungen
besetzt. Ein grofser Landsee, in welchen sich mehrere
kleine Bäche ergiefsen, hegt ganz in der Nähe. Mit Holz und
Wasser kann man sich daher ohne die geringste Schwierigkeit
hier versehen. Die Entfernung von der kleinen Bay an der gegenüberliegenden
Küste von Sachalin beträgt zu Lande kaum 5
Meilen. Ein anderes kleineres; Dorf lag näher nach Cap M a r ia
zu. Wahrscheinlich wird auch dieses Dorf von.Tataren bewohnt,
die man indefs nur als Fremde ansehen mufs, welche die Ein-
gebornen oder die Ainos verdrängt; vielleicht auch gär ausgerottet
haben. Zwischen beyden Dörfern sahen wir mehrere Renn-
thiere am Ufer weiden. Auch leidet es wohl keinen Zweifel,
dafs der Ackerbau hier mit gutem Erfolg getrieben werden könne.
Diese Bay, welche ich die- N ord B a y nennen werde, wird
in Osten durch Cap E l i s a b e t h , und in Westen durch Cap M a r ia
gebildet. Sie liegen 18 Meilen in einer Richtung von NO und
SW 65° von einander. Das Thal, in welchem die gröfsere tatarische
Colonie etablirt ist, liegt im tiefsten Theile der Bay in
54-° i 5.' 45" N und 217-0 23.' oa" W, ungefähr 9 Meilen südlicher
als Cap E l i s a b e t h . In einiger Entfernung, ehe man die
Wohnungen gewahr wird , macht sich diese Gegend besonders
dadurch kenntlich, dafs sie ganz das Ansehen zweyer Inseln hat,
zwischen welchen wir einen sichern Hafen zu finden hofften.
Aus den Beobachtungen, die wir in der Nähe von Cap M a r ia
machten, .hat man hier hohes; Wasser im Voll und Neumonde
um 2 Uhr, und wie ich vermuthe, ist das Steigen des Wassers
unansehnlich.
Ich hätte unstreitig in dieser Bay Anker geworfen, um sie
genauer zu untersuchen, welches sie wohl zu verdienen schien;
um so mehr, da Licut. Löwenstern seinen Besuch hier so
sehr zu verkürzen gezwungen war. Nach langer Zeit hatten
180 5.
August.