
erinnert man sich bald, dafs schon vor 70 Jahren def berühmte
Behring von hier aus seine Entdeckungs Reise antrat. Allein sowohl
die Baidars als auch das Versinken des Schiffs selbst, sind
ein zu deutlicher Beweis, dafs die See und Schiffahrts Angelegenheiten
dieser Kolonie noch ganz im Stande der Kindheit sind.
Vergebens sieht man sich, wenn man ans Land getreten ist,
nur nach einem einzigen wohlgebauten Hause um. Umsonst
sucht das Auge einen gemachten Weg, oder auch nur einen sichern
Fufssteig, welcher ohne Gefahr zur Stadt führte. Kein
Garten, keine Wiese , keine Pflanzung oder Einzäunung irgend
einer Art, welche nur die geringste Cultur ahnden liefse, wird
man gewahr; man sieht nichts als elende meistentheils verfallene
Hütten, Balagans und Jurten; statt Brücken über einige kleine
Bäche, die von den nahe liegenden Bergen in das Thal iliefsen,
in welchem die'Stadt gebaut ist, sind nur einige Balken, über
diese Bäche gelegt, die man nicht anders als mit.Vorsicht betreten
kann. Diefs, nebst 5 bis 6 Kühen, die zwischen den Häusern
weiden, und wiederum Hunde neben ihren unzähligen Gruben,
die sie sich zu ihren Ruheplätzen und zum Schutze wider
die Mücken ausgescharrt haben, und die das Gehen im Dunkeln
wo nicht unmöglich, doch wenigstens sehr gefährlich machen,—
diefs sind die einzigen Gegenstände, die sich dem Auge in St. Peter
und Paul darbieten. Da die meisten Einwohner aus Sachalin
liefs man die Offiziere zu Lande zurückkommen; der gröfste Theil der
Equipage wurde zum Ochotzkiscken Hafen versetzt.- Die Slava Rofsii
versank bald, aus Mangel an Aufsicht, im Hafen St. Peter und Paul.
Sie war in dem besten Zustande., und hätte sehr gut die Reise nach
Cronstadt unternehmen können. Der Cutter, das kleine zu Billings
Expedition gehörige Fahrzeug, wurde noch zu unserer Zeit als Paquet-
boot zwischen Kamtschatka und Ochotzk gebraucht.
bestehen, die den Tag über abwesend sind, so kann man mehrere
Stunden hier verweilen, ohne nur einen Menschen zu sehen;
und in den bleichen abgezehrten Gestalten, die man endlich zu
Gesichte bekömmt, glaubt man nicht leicht, die Brüder der Helden
von Rimnik und von der Trebbia zu finden.
In diesem höchst traurigen Zustande befindet sich das berühmte
St. Peter und Paul, unstreitig der wichtigste Ort in ganz
Kamtschatka; und doch ist Russland schon über ioo Jahre im
Besitze dieser Provinz, die unendlich wichtig werden könnte,- wenn
man alle die Vortheile daraus ziehen wollte, die sie zu gewähren
im Stande ist, welche man aber bis jetzt verachtet hat. Es
ist nur die grofse Entfernung Kamtschatka^ von der Hauptstadt
des Reichs, so wie von jedem civilisirten Lande, und eine scheinbare
Armuth, welche Kamtschatka in so verächtlichen Ruf gebrächt
haben. Selbst den Namen des Landes spricht-man nicht
ohne eine Mischung von Furcht und Abscheu aus ; man stellt
es sich als ein Land vor, in welchem Hunger, Kälte, Armuth,
kurz Elend in allen Gestalten cöncentrirt> und welches verdammt
ist, auf immer alles dessen beraubt zu seyn, was einem menschlichen
Wesen, in moralischer und physischer Hinsicht erfreulich
seyn könnte. Die verschiedenen Beschreibungen von Kamtschatka
lafsen diefs' beinahe erwarten, und die mündlichen Erzählungen
derer, welche das Schicksal dahin geführt hat, die es mit Bitterkeit
betreten haben, und nach einigen kummervoll zugebrachten
Jahren, mit gleicher Bitterkeit auf dieses Land voll Jammers zurücksehend,
in ihr Vaterland zurückgekehrt sind, bekräftigen die
traurigen Vorstellungen, die man sich davon gemacht hat. Auch
ist dieses nicht Vorurtheil allein, -es ist keineswegs, ohne Ursache,
dafs man es für ein sehr hartes Loos hält> mehrere Jahre in Kam-
' Z W E I T E R T H E I L . 3o