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i 8° 5. Halen, wirklich eingetroffen. Sie sind in den Jahren 1800 und
1801, durch eine epidemische Krankheit,fast ganz ausgestorben.
Ehe ich von den Kamtschadalen rede, halte ich es nicht für
überflüfsig, einen kurzen Abrifs von der- Art, wie die Rufsen in
Kamtschatka leben, vorauszuschicken. Dieser wird Aufschlufs
über die grofse Sterblichkeit geben, die daselbst herrscht. Es findet
dort kaum ein Unterschied zwischen der Lebensart des Offiziers
, der des Kaufmanns, des Geistlichen und des Soldaten
Statt. Der eine mag wohl reicher an Gelde seyn, als der andere,
da aber hier für Geld nichts zu haben ist, so hat diefs eine ziemliche
Gleichheit in den Ständen, wenigstens in ihrem Wohlleben
zur Folge. Doch schadet diefs der militairischen Disciplin nicht.
Am wenigsten fühlt den Mangel, der in Kamtschatka herrscht,
der Soldat; nicht nur, weil der Rufsische Soldat von Jugend auf
gewohnt ist, die Annehmlichkeiten des Lebens zu entbehren, und
er nur dann sein Schicksal hart findet, wenn er nicht mit der
Schonung, die selbst der Offizier dem Soldaten schuldig ist,- behandelt
wird, oder Ungerechtigkeiten im Dienst erduldet; sondern,
weil auch die dortigen Soldaten Gelegenheit sich zu bereichern
haben, die den Offizieren fehlt, und es jetzt sogar Soldaten
giebt, welche ziemlich wohlhabend sind, und einige Häuser besitzen.
Man hat ihnen nämlich erlaubt, des Winters, wenn sie
im Dienste nicht gebraucht werden, auf den Zobelfang zu gehen,
und nicht selten erwirbt sich ein Soldat in einem Winter 3oo
bis 5oo Rubel. Da aber die meisten unverheirathet sind, und
für ihr Geld nichts als Brandtwein kaufen können, so ist das erworbene
eben so schnell wieder verschwendet. Es leidet keinen
Zweifel, dafs wenigstens die Verheiratheten ihr Geld befser anwenden
würden, wenn sie dazu Gelegenheit hätten. In der Kleidung
der Einwohner von St. Peter und Paul, besonders der Frauenzimmer,
war bald nach der Ankunft der N ad e sh d a eine grofse
Veränderung sehr merklich. Wie leicht wäre es nicht, Kamtschatka
mit allem zu versorgen, wenn man jährlich ein Schiff aus
irgend einem Rufsisch-Europäischen Hafen direkt dahin schickte.
Die Preise von allen Artikeln würden nicht nur um mehrere
hundert Procente fallen, wie denn schon nach unserer Ankunft
die Preise des Brandtweins von 20 Rubel zu 6 das Stof, und des
Zuckers von 7 Rubel zu 1 §\ das Pfund herabsank ; sondern das
nordöstliche Sibérien sogar, würde zu einem wohlfeilem Preise mit
einigen Waaren, besonders ausländischen, sich von St. Peter und
Paul aus versehen können, als es vermittelst des Transports zu
Lande durch ganz Rufsland und Sibérien geschehen kann. Zum
Beweise des hier gesagten mag dienen, dafs mehrere Artikel, welche
die amerikanische Compagnie auf der .N a d e sh d a für Kamtschatka
verladen hatte, von dort aus zum Verkaufe nach Ochotzk
verschickt wurden. Der beschwerliche Transport aus den Europäischen
Provinzen Rufslands nach Ochotzk, und von dort nach
Kamtschatka ist bis jetzt die Ursache gewesen, dafs die Bewohner
dieser Provinz nicht.nur an allem Mangel leiden, was zur
Bequemlichkeit des Lebens dient, sondern sogar an dem, was die
Nothdurft erfordert. Brandtwein ist das einzige, woran die Kaufleute
dort nie Mangel leiden lafsen. Der Hang zu starken Getränken
ist hier gröfser als an andern Orten, aber auch verzeihlicher
, da er auf alle Weise von den Kaufleuten genährt wird,
und ein Rausch mit einigen Kameraden, (der nicht weniger als
5o Rubel kosten kann), das einzige Mittel ist, sich von ihrem mit
Mühe und Gefahr erworbenen Gelde, welches ihnen zur Last
fällt, loszumachen. Diefs ist 'der Fall bey allen Leuten ohne