
R I S E £
| | J
262
i 8o5. mufs. Ishiga ist der einzige Ort in Kamtschatka, wo die Anzahl
Oktober. j er w^iber die der Männer übertrift. Die Ursache davon soll
seyn, dafs die meisten Familien unter sich verwandt sind , und
nach den Gesetzen der Griechischen Religion, die weitläuftigsten
Verwandten sich nicht heirathen dürfen. Der General Kosche-
1 e ff giebt sich daher alle Mühe, seine Soldaten zu Wallfahrten
nach Ishiga zu ermuntern, die gemeiniglich auch durch Verheiratung
von gutem Erfolge sind. Die Weiber von Ishiga sind
überdem wegen ihrer Arbeitsamkeit und Liebe zur Ordnung berühmt,
und diese Tugenden sind die beste Aussteuer, die ein Soldat
in Kamtschatka bekommen kann. Wir haben auffallende
Beispiele, von dem Wohlleben einiger, und von dem ärmlichen
Zustande anderer gesehen, je nachdem sie fleifsig, arbeitsam, oder
das Gegentheil davon waren. Ich glaube, es würde keine grofsen
Kosten verursachen, und von beträchtlichem Nutzen seyn, wenn
die Regierung für diejenigen Soldaten und Kosaken, welche heirathen,
eine kleine Prämie bestimmte, die eben nicht in Gelde
zu bestehen braucht. Man sey ihnen zum Beyspiel behülflich,
dafs sie eine Stube für sich allein haben, damit nicht, wie es
der Fall jetzt mit vielen ist, mehrere Parthien in einer Stube
beysammen wohnen müfsen. Dieses Zusammen wohnen verdirbt
nicht nur die Sitten, sondern verhindert auch; dafs die oekono-
mischen Geschäfte dieser Familien mit Ordnung geführt werden
können. Die Gemeinschaft der Wohnung veranlafst aufserdem
sehr leicht Zank und Streit, und es mufs auf die Gesundheit einen
schädlichen Einflufs haben, wenn ein kleines ungelüftetes Zimmer
von vielen Menschen bewohnt wird. Man sey ihnen ferner
behülflich, sich einen kleinen Garten einzurichten, damit sie sich
einige Gartenfrüchte selbst ziehen können. Man versorge sie mit;
U M D I E W E L T a63
den notwendigsten Instrumenten und Gerätschaften, die in
einer kleinen Wirtschaft gebraucht werden , da diese G e rä tschaften
wegen des Mangels an Eisen sehr teu e r sind; man
gebe ihnen Kühe, damit sie für ihre Kinder Milch, und wenn
sie ihre Heerde nicht vergröfsern wollen, auch dann und wann
frisches Fleisch haben mögen. Oft ist es nur die grofse Armut dieser
Menschen, und die Unmöglichkeit, sich eine eigene Wohnung
zu verschaffen, was viele vom Heiraten abhält. Besonders sollte
man Leute, die sich durch eine ordentliche Aufführung auszeichnen,
belohnen, und diefs möchte das einzige Mittel seyn, den
Hang zu vielen Ausschweifungen ,, welchen beyde Geschlechter
mit einander gemein haben , auszurotten; denn durch Strenge
wird Besserung hierin schwerlich bewirkt werden können.
Da sich Kamtschatka in einem solchen Zustande der Kindheit
befindet, so würde ich meine Verbesserungs Wünsche vielleicht
zu weit treiben, besonders da die Volksmenge so sehr zusammen
geschmolzen is t , wenn ich auch der unbequemen oft
gefährlichen Art im Sommer zu reisen , abgeholfen zu sehen
wünschte. Der tätige K o s c h e le f f ist mehreremal in Gefahr
gewesen zu ertrinken; denn man macht den ganzen Weg von
Nishney nach Werchnoy auf dem Kamtschatka Flufse nur auf
kleinen Böten, welche mehr Trögen , als Böten ähnlich sind,
denn sie sind nur ausgehölte Baumstämme, (in der Landessprache
heifsen sie Bat).- Die Fahrt in so schwachen Fahrzeugen ist
sehr gefährlich, besonders im Anfänge des Sommers, wo der Flufs
sehr yeifsend ist, und diese kleinen Böte sowohl durch die Gewalt des
Stroms, als auch, wenn sie in derNacht gegen einen Baumstamm sto-
fsen, oft umgeworfen werden. Ich glaube aber doch, dafs man wenigstens
auf diesem Flufse, welcher der gröfste und seiner Lage wegen