
det. haben. Sie zeigten zwar, nachdem der Capitain schon Can-
ton verlafsen hatte, dafs sie geahndet zu werden verdiente, aber
auf eine ihnen ganz eigenthümliche Art. Man versicherte mich,
dafs der Vice König, zur Sehadloshaltung für diese Verwegenheit
des englischen Capitains, dem Kohong*) eine grofse Geldstrafe
aufgelegt habe, obgleich die Mitglieder desselben mit der
ganzen Sache nichts zu thun hatten. Die Ergreifung solcher
Mafsregeln ist aber bey den chinesischen Regierungs Beamten,
wenigstens in Canton, üblich. Vielleicht werden diese gränzenlosen
Erpressungen bald eine traurige Catastrophe für die Regierung
herbeiführen; denn die Räuber, welche jetzt das südliche
China, und besonders Macao und Canton in Furcht und Schrecken
setzen, sind nichts anders, als Unterthanen der südlichen Provinzen
dieses Reichs, welche durch die Bedrückungen der despotischen
Mandarinen aufs äufserste gebracht, zu diesem einzigen Mittel
ihre Zuflucht genommen haben, um sich ihre Lage zu erleichtern.
Nachmittags um 3 Uhr kam H. v. Löwenstern vom Gouverneur
zurück. Er hatte ihn sehr gut aufgenommen, aber dabei
zu verstehen gegeben, dafs, da seine Verhältnifse mit'den
Chinesen nicht von der besten Art wären , unsere Ankunft ihn
in einige Verlegenheit setzte , und er daher sobald als möglich
mit mir selbst zu sprechen wünschte. Die Chinesen verlangten
nämlich zu wifsen, ob die N a d e sh d a ein Kriegs Schiff sey; denn
in diesem Falle nur allein könnte sie in der Typa bleiben. Wäre
sie ein Kauffarthey Schiff, und wir hätten nicht zur Absicht
Kobong oder Hong ist eine Gesellschaft von acht bis sehn Kaufleuten,
welche das Privilegium des europäischen Handels haben. Siehe mehr
hierüber im ixten Capitel.
nach Whampoa zu gehen, so würde uns der Aufenthalt in der
Typa nicht verstattet werden können , ’da nur' allein Portugiesischen
Kauffarthey Schiffen diese Erlaubnifs von den Chinesen
verstattet wird. Ich fuhr also den folgendeu Morgen zum Gouverneur,
und erklärte ihm, dafs die N ad e sh d a allerdings ein Russisches
Kriegs Schiff sey, dafs ich aber den Befehl habe , zum
Vortheile der amerikanischen Compagnie, einen Theil des Ertrags
der Ladung der N ew a , für welchen sie nicht Raum haben würde,
in meinem Schiffe zu verladen, und dafs ich sogleich nach Whampoa
gegangen seyn würde, wenn das Schiff dort angekommen
wäre, jetzt aber hier es abwarten müfste *). Die Ungewifsheit unserer
Bestimmung setzte sowohl den Gouverneur als mich in
keine geringe Verlegenheit , und ich mufste auf die Anfrage,
welche jetzt von Seiten der Chinesen an mich selbst über meine
Bestimmung geschah, antworten, dafs ich nicht nach Whämpoa
gehen, sondern in der Typa bleiben würde, um mich zu meiner
Reise nach Europa mit Wasser und Lebensmitteln zu versorgen.
*) Zwar scheint es nicht in der Regel zu seyn, ein Kriegs Schiff nach
Canton gehen zu lafsen , in der Absicht , eine Ladung von Kaufmanns
Gütern .einzunehmen ; es ist indefs in der That gar nicht ungewöhnlich.
Alle Nationen, welche nicht, wie die Engländer, un get ieure
Kauffarthey Flotten besitzen, gebrauchen nicht selten in Friedenszeiten
ihre Kriegs Schiffe dazu, aus Amerika , Ost und Westindien Waaren
nach Europa zu bringen ; oft sogar führen sie auch dabey die Kriegs
Flagge. Ein Hauptzweck unserer Reise war, den Produkten unserer
Colonien in Amerika, einen gewifsen Absatz für die Zukunft in Canton
zu sichern , und auch hierin den ersten Versuch selbs t zu machen.
Dieser Zweck wäre, verfehlt gewesen, wenn nicht die N a d esh d a selbst
nach Canton gegangen wäre. In den chinesischen Gewässern durften
wir uns also nur als ein Kauffarthey Schiff zeigen; ich führte daher
in Macao auch nicht die Kriegs Flagge , obgleich die Chinesen zu unwissend
sind, die Rufsische Kriegs Flagge von der Rufsischen Kauffarthey
Flagge zu unterscheiden, und nicht Scharfsinn genug haben, die
Ursachen einer solchen Distinction einzusehen; auch war diefshiie der
Gegenstand ihres Forschens.
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