
R E I S E UM D I E WE L T .
Z W E Y T E S C A P I T E L .
Aufenthalt an der Nordspitze von Jefso, und in der Bay Aniwa.
Später F rühling an der Nordspitze von Jefso — W i r finden liie r einen japanischen
Offizier und mehrere japanische Kaufleute ■;— Nachrichten die
Geographie dieser Gegenden betreffend — lie b e r die Namen Jefso,
Matsumay, Insu, Oku Jefso und, Sachalin — Beschreibung der Bay Romanzoff
— Pik de Langle — W i r segeln nach der Bay Aniwa — Ankern
in der Salm ,Bay — Japanische Factorey in der Bay Ani-wa — '
Vorschlag zu einem europäischen Etablissement in dieser Bay — V o r theile,
welche ein solches Etablissement für den Handel verspricht —
Die Besitznahme von Aniwa ist mit keiner Gefahr verbünden — V e r te
id ig u n g einer so gewaltsam scheinenden Mafsregel — Schilderung
der Ainos — Ihre physischen und moralischen Eigenschaften — Sit't-
samkeit der Frauenzimmer — Ihre Kleidung — Zierrathen —- W o h nungen
und Hausgeräthe — N ahrungsmittel — Regierungsform — Vo lks menge
— Widerlegung der Sage, dafs die Ainös behaart seien.
Noch ehe wir die lange Erdzunge, welche im vorigen Ca-
pitel erwähnt wurde, umschifft hatten, sahen wir ein Boot mit
vier Eingebornen auf uns zurudern. Sie blieben über eine viertel
Stunde längs dem Bord des Schiffs, konnten aber nicht überredet
werden, auf das Schiff zu kommeri, und führen zurück.
Kaum aber hatten wir den Anker ausgeworfen, so erhielten wir
von mehrern einen Besuch , die ohne die geringste Furcht zu
zeigen, sogleich an Bord stiegen. So wie sie aufs Verdeck kamen,
warfen sie sich auf die Knie, legten beyde Hände über
den Kopf zusammen, und führten sie längs dem Gesicht und
ihrem Körper herunter, indem sie sich dabey tief verbeugten.
Ich beschenkte sie mit einigen Kleinigkeiten, die ihnen viel Ver-
gnügen zu machen schienen, und liefs ihnen Zwieback und
Brandtwein geben, an welchem letztem sie keinen Geschmack
fanden. Wahrscheinlich sind sie mit dem Gebrauche starker Getränke
unbekannt. Einer von ihnen brachte ein Boot voll Heringe von
ganz vorzüglicher Güte, welches sowohl für die Mannschaft als auch
für die Offiziere zum Mittagsessen hinlänglich war. Um 2 Uhr
fuhr ich mit dem gröfsten Theil meiner Offiziere ans Land. Wir
waren nicht wenig erstaunt, in einem so südlichen Lande in
der Hälfte -des Mays so wenige Kennzeichen des Frühlings zu
finden. An mehrern Stellen, lag tiefer Schnee ; die Bäume waren
noch nicht belaubt, und etwas wilden Lauch und Sauerampfer
ausgenommen , sah man nichts Grünes. Bey unserer
Ankunft in Kamtschatka ungefähr drey Wochen später, war die
Jahrszeit- sehr viel mehr vorgerückt, und selbst zu dieser Zeit
würde man in Kamtschatka mehr finden; denn Capitain King
erzählt, dafs im halben May, Knoblauch und Nesseln für die
Mannschaft täglich in hinreichender Menge gesammelt ward;
und was vollends die westlichen Provinzen Rufslands betrifft, so
müfste man bis Archangel hinauf gehen, welches 18 Grad nördlicher
liegt, als dieser Theil von Jefso , um im April eine so
rauhe Natur zu finden, wie hier im. May. Unsere Hofnungen,
nach einer Gefangenschaft von 6 Monaten, während welcher es
uns unmöglich gemacht wurde , spatzieren zu gehen , hier eine
reichliche Schadloshaltung zu finden, sthlug ganz fehl; nur am
Ufer des Meers, auf Sand und Steinen war dieses möglich, denn
nur einige Schritte .weiter ins Land gerieth man entweder in