
So hatte einer von unserer Gesellschaft ein seidenes Tuch für
einen strohenen Hut gegeben; der freilich keinen andern Werth
hatte, als eine Sachalinsche Seltenheit zu seyn. Dieses Tuch,
das wohl zwey Rubel werth seyn konnte, verhandelte der Sacha-
liner sogleich wieder für einige Blätter Tabak.
Da der Wind frisch zu werden anfing, so nöthigte er mich,
schon um halb eilf Uhr an Bord zurückzukehren. Unsere Neugierde
war zum Theil befriedigt, und unsere gänzliche Unkunde
der Sprache liefs von einer nähern Bekanntschaft nichts Interessantes
mehr erwarten, da besonders der Zutritt zu, ihren Häusern
uns ganz untersagt war.
Das nördliche Sachalin wird also nicht von den Eingebornen
des Landes bewohnt. Ihr guter sanftmütiger Charakter ist wahrscheinlich
die Ursache, dafs sie von ihren Nachbaren verdrängt
worden sind. Diese sind unstreitig Tataren, welche von den Gegenden
des Amurs, über die Landenge, die Sachalin mit der Ta-
tarey, vielleicht seit einer nicht sehr entfernten Periode vereinigt,
ihren Weg zu dem eigenthümlichen Lande der Ainos gefunden
haben. Eine ähnliche Revolution steht den südlichen Bewohnern
Sachalins vor, wo sich die Japaner angesiedelt haben, die schon
jetzt das Land als ihr Eigenthum, und die Bewohner desselben
als ihre Unterthanen betrachten. Die Colonien in der Aniwa Bay
stehen indefs unter dem Befehle dér japanischen Regierung, und
unter ihrer unmittelbaren Verwaltung, der Hof von Peking, weifs
aber wahrscheinlich nichts von der Emigration seiner Unterthanen
aus der Tatarey nach Sachalin. So erlischt also unvermerkt
ein Volk, welches vielleicht noch vor zwey Jahrhunderten die
grofsen Inseln Sachalin, Jefso, und den gröfsten Theil der Kuri-
lischen Inselkette bewohnt hat, nachdem es sein eigenthümliches
Land von kriegerischen und mächtigeren Nachbaren sich allmäh. 180 5.
lig entreifsen sah. Fast ganz und gar scheint es im nördlichen August.
Sachalin verschwunden zu seyn; denn in der Bay N a d e sh d a sah
ich nur einen einzigen, der mir ein Aino zu seyn schien.
Die Rafse der jetzigen Bewohner ist zu bekannt, als dafs
eine genaue Beschreibung von ihr nöthig schiene; da wir indefs
die ersten Europäer sind, die hier gelandet haben, und vielleicht
die Auswanderung dieses Volks nach Sachalin eine Aenderung
in seiner Lebensart hervorgebracht hat, so will ich das Wenige,
was wir bey diesem Besuche, der nicht viel über zwey Stunden
dauerte, bemerken konnten, hier anführen.
Die Kleidung dieser Menschen bestand aus einer Parka von
Hundsfellen, oder aus einem Kleide von Fischgedärmen, welche'
man auf Kadiak und den aleutischen Inseln K am le yk a nennt,
Ihre Stiefeln waren durchgängig von Seehundsfellen gemacht,
und sie trugen auf dem Kopfe einen flachen Strohhut, den Strohhüten
sehr ähnlich, welche das gemeine Volk in.China trägt.
Auch hatten sie ihr Haar lang geflochten, wie der gemeine Mann
in China es flicht, und es reichte ihnen bis unter die. Hüften.
Ihr Hemd war aus blauem baumwollenen Zeuche gemacht, und
mit zwey mefsingenen Knöpfen zugeknöpft. Ihre Beine bekleideten
sie mit langen weiten Hosen aus grober Leinwand. Der
Chef, nur sein seidenes Oberkleid abgerechnet, war eben so einfach
und unreinlich gekleidet, wie /lie übrigen ; er unterschied
sich weder durch feinere Wäsche noch durch befsere Kleidung. Auch
schien man ihm nur wenigen Respect zu bezeigen, sondern ziemlich
auf dem Fufse der Gleichheit mit ihm umzugehen. Er war indefs der
einzige, der einen Spitzbart trug, die übrigen hatten alle ihre Bärte
geschoren. Zierrathen von keiner Art sah1 ich bey irgend einem.