
Wie nothwendig die Kamtschadalen in Kamtschatka sind,,
würde, schon allein daraus erhellen, dafs sie die allgemeinen Wegweiser
des Landes sind, und die Posten führen; das Führen der
Posten verrichten sie überdem noch unentgeldlich. Im Winter
müfsen sie die Reisenden und Estafetten von Ostrog zu Ostrog
transportiren, und sind verpflichtet, die Hunde derjenigen, welche
mit ihren eigenen reisen, mit Jukula zu versorgen, so wie sie
auch die Reisenden immer bewirthen. Doch zum letzteren werden
sie nicht gezwungen. Diese gastfreien Leute haben es sich
selbst zum Gesetze. gemacht , sowohl jeden Reisenden zu bewirthen,
als auch seine Hunde zu füttern, ohne Entschädigung zu
.fordern. In jedem Ostrog ist ein-eigener Vorrath von Fischen,
der blofs zu diesem Zwecke bestimmt ist. Gewöhnlich halten
sich jetzt der Gouverneur und alle Offiziere ihre eigenen Hunde,
so dafs sie den Kamtschadalen in diesen Stücken nicht beschwerlich
fallen, allein man erzählt noch jetzt von einem, vor einiger
Zeit hier gewesenen vornehmen Beamten, welcher nie anders, als in
einem grofsen Schlitten gereiset sey, der einem kleinenHause ähnlich
war, und welcher mit 100 Hunden bespannt werden mufste. Er
soll überdem mit diesem Schlitten so schnell gereiset seyn, dafs
auf jeder Station mehrere Hunde gefallen sind, die nicht ihm, sondern
den Kamtschadalen zugehörten, und die er ihnen nicht, bezahlte.
Auch des Sommers müfsen die Kamtschadalen immer mit
ihren Böten -bereit seyn, die Reisenden auf den Flüfsen bald hinauf
, bald herunter zu führen; ja es darf kein Soldat irgend
w-ohin geschickt werden, ohne einen Kamtschadalen zum Begleiter
zü haben. Es trift sich daher oft, dafs sie über 14 Tage von
ihren Oströgs entfernt sind, und während dieser Zeit oft die beste
Gelegenheit versäumen, sich mit Fischen auf den Winter zu versorgen,
da es nicht nur darauf ankommt, die Fische zu fangen, sondern
auch mehrere Tage heiteres Sommerwetter erfordert wird,
sie zu trocknen. Tritt während des Trocknens Regen ein, so
zeigen sich sogleich Würmer in den Fischen, und der Vorrath ist
verloren. Jetzt, bey der gröfsern Anzahl des Militairs, da aufser
den Kosaken noch ein Bataillon von 5oo Soldaten mit ungefähr
20 Offizieren in Kamtschatka einquartirt ist, und bey der geringem
Anzahl von Kamtschadalen, sieht man leicht, dafs diese oft
von ihren Arbeiten und zwar ganz ohne Entschädigung'abgezogen
werden; denn das Krons Postgeld, welches eine Kopeke für die
Werst ausmacht, ist bey dem geringen Werthe des Geldes lind
dem hohen Preise aller Bedürfnifse, doch nur eine unbedeutende,
ich möchte sagen spöttische Vergeltung der geleisteten Dienste.
Der jetzige Gouverneur zeigt sich auch hierin als ihren Wohlthäter*),
denn Cr hat einen Plan zur bessern Einrichtung der Posten gemacht,
nach, welchem die Kamtschadalen inskünftige eine hinlängliche
Entschädigung für alle Dienste, die sie der Krone leisten, bekommen
sollen. Indefs sind sie bey ihrer grofsen Armuth dennoch
ein Muster von Ehrlichkeit. Diese kann in der That nicht über-,
troffen werden, und es ist eben so selten,, einen Kamtschadalen
zu finden, der ein Betrüger, als einen der wohlhabend wäre. Reisende
übergeben, gewöhnlich bey ihrer Ankunft in einem Ostrog,
wo sie die Nacht zuzubringen gedenken, dem Tayon alles Geld,
Kostbarkeiten, Papiere, sogar ihre Provision an Brandtwein, Thee,
Zucker, Tobak etc., und nie hat man von einem Beispiele gehört,
dafs das Geringste wäre veruntreuet worden. Der Lieutenant
Koscheleff erzählte mir, dafs er einmal mit einer Summe von
*) Der General Koscheleff hat das Gouvernement von Kamtschatka im
Jahre 1808 abaesreben.